Rahmede-Talbrücke in Lüdenscheid wird gesprengt Alle Infos zur Sprengung

Rahmede-Talbrücke wird in wenigen Wochen gesprengt: Letzte Vorbereitungen laufen
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An diesem Sonntag (7. Mai) soll die Rahmede-Talbrücke an der Autobahn 45 in Nordrhein-Westfalen gesprengt werden. Noch ragt sie in Lüdenscheid bis zu 70 Meter hoch auf über einer der aktuell wohl bekanntesten Baustellen Deutschlands. Wir übertragen die Sprengung am Sonntag ab ungefähr 11.45 Uhr in einem Livestream.

Die marode Brücke ist seit Ende 2021 voll gesperrt. Für die umliegende Region hat das seitdem drastische Folgen, denn die zentrale Nord-Süd-Achse zwischen Frankfurt und Dortmund ist nun seit gut 16 Monaten unterbrochen. Lüdenscheid und die wirtschaftlich bedeutende Region sind von Stauchaos, stockendem Lieferverkehr, Fachkräfte-Abwanderung und Umsatzeinbußen schwer getroffen.

Zu Tausenden donnern täglich Laster durch die Stadt, sorgen laut Bürgerinitiative A45 für permanente Lärm- und Abgasbelastung sowie massive Schlafstörungen bei Anwohnern an den Umleitungsstrecken.

Sprengung der Rahmedetalbrücke: Evakuierung und Sperrung

Das gewünschte Szenario für die spektakuläre Sprengung: 150 Kilogramm Sprengstoff bringen die Brückenpfeiler zum Einsturz, dann sinkt das 450 Meter lange Bauwerk in ein gewaltiges Fallbett - so schildert es Sprengmeister Michael Schneider im Vorfeld.

„Die Hangneigungen hier an der Talbrücke Rahmede sind schon eine besondere Herausforderung. Wir müssen vermeiden, dass die Brücke nach dem Aufprall ins Rutschen gerät.“ Das ist der Grund, für das besonders hohe Fallbett. Seit Wochen und Monaten wird hier gearbeitet.

Für den Tag der Sprengung ist eine größere Sperrung des Gebietes geplant. Die Altenaer Straße, die unter der Brücke herführt, ist bereits seit längerem gesperrt. Erst am 10. Juli soll sie wieder frei sein.

Rund um die Brücke werden die letzten Anwohner evakuiert. Ab 9 Uhr am Sonntag gilt dann ein Betretungsverbot in einem Radius von 100 Meter um jeden Pfeiler herum. Mit Spürhunden und Kameras wird der Bereich streng überwacht.

Spannung vor Rahmede-Sprengung steigt

Kurz vor der geplanten Sprengung der Rahmede-Talbrücke sind am Sonntagmorgen letzte Vorarbeiten und Sicherheitsmaßnahmen angelaufen. Der Sprengbereich ist nach Angaben der Autobahn GmbH in einem Radius von rund 300 Metern abgesperrt. Rund 110 Absperrposten wurden eingerichtet. Am Vormittag sollte ein Suchhundetrupp den Absperrbereich kontrollieren. Etwa 150 Kilogramm Sprengstoff waren an den Brückenpfeilern in 2035 Bohrlöchern angebracht worden.

Am Mittag um 12 Uhr soll das bis zu 70 Meter hohe, gut 450 Meter lange und 17.000 Tonnen schwere Bauwerk in ein gewaltiges Fallbett aus 100.000 Kubikmetern Erde stürzen. Vorher sollen ab 11.35 Uhr mehrmals Sprengsignale zur Warnung ertönen. Die Sprengladung wird den Planungen zufolge exakt um 12 Uhr gezündet. Gegen 12.20 Uhr wird die Aktion mit einem weiteren Sprengsignal beendet. Anschließend soll das Sprengergebnis überprüft werden.

Sprengung von A45-Brücke sollte bereits 2022 erfolgen

Für einen schnellen Neubau sei die anstehende Sprengung ein Meilenstein, betont Michael Puschel vom Bundesverkehrsministerium. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) habe das Projekt ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt. Wenn im Sommer entschieden sei, welches Unternehmen den Zuschlag für den Neubau erhalte, könne man auch einen belastbaren Zeitplan für alles Weitere nennen.

Wissing hatte zuerst eine Sprengung für 2022 zugesagt, dann wurde verschoben. Diese Verzögerung müsse die Ausnahme bleiben, um die Menschen schneller zu entlasten, sagt das von Grünen-Politiker Oliver Krischer geführte NRW-Verkehrsministerium

Die Vorbereitungen unter der Rahmede-Talbrücke sind seit Monaten im Gang. Schwere Baumaschinen schaffen tonnenweise Erdreich für ein Fallbett aus gut 100.000 Kubikmetern Erde heran. Die Brückenpfeiler müssen so mit Sprengstoff versehen werden, dass sie „haargenau“ gerade runterkommen, beschreibt es Sprengmeister Schneider von der Firma Liesegang. Er hat schon viele Sprengabbrüche geleitet - aber wegen der Bebauung direkt unterhalb der Brücke sei dieser Auftrag extrem herausfordernd, meint er.

Rahmede-Neubau eines der Top-Projekte bundesweit

Nicht nur die Rahmede-Brücke aus den 1960er Jahren muss dringend erneuert werden, auch die nächsten Problemfälle im Straßenbereich warten schon auf eine Sanierung. „Die A45 als Ganzes ist eines der wichtigsten Erhaltungs- und Sanierungsprojekte der deutschen Straßen-Infrastruktur“, berichtet das Verkehrsministerium in Düsseldorf.

Aber wenn der Bund nicht insgesamt mehr Personal und Geld in den Erhalt der Brückeninfrastruktur stecke, seien neue folgenschwere Sperrungen zu erwarten. „Allein in NRW sind etwa 873 Autobahn-Brücken sanierungsreif und müssten in den nächsten zehn Jahre erhalten werden.“

Bundesweit müssen sogar 4500 Brücken künftig saniert werden, berichtet Michael Puschel vom Bundesverkehrsministerium. Hohes Tempo über beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren seien wichtig. Der Rahmede-Neubau sei derzeit eines der Top-Projekte bundesweit, unterstreicht der Chef der Autobahn GmbH des Bundes, Stephan Krenz.

A45: 60 Talbrücken müssen erneuert werden

An der A45 als der „Königin der Autobahnen“ gelte es, 60 Talbrücken zu erneuern. Viel sei schon geschehen: 7 Brücken seien bereits neu fertiggestellt, 15 in der Bauphase, 24 habe man verstärkt. Und gut zwei Kilometer von Rahmede entfernt werde Ende Mai eine Sprengung an der Talbrücke Sterbecke erfolgen, kündigt Krenz an.

Drei Tage bevor in Lüdenscheid das Sprengsignal ertönt, wird im nordrhein-westfälischen Landtag ein Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Debakels rund um die verpasste rechtzeitige Sanierung der Brücke an den Start gehen. Die Opposition will auch die Rolle des früheren NRW-Verkehrsministers Hendrik Wüst (CDU) unter die Lupe nehmen, der von 2017 bis Oktober 2021 im Amt war, bevor er Ministerpräsident wurde.

Wüst hatte persönliche Versäumnisse aus seiner Amtszeit vor einigen Wochen verneint. Bei der Arbeit im U-Ausschuss sei auch zu klären, warum ein vor Jahren bereits beschlossener Neubau doch verschoben wurde und wer politisch verantwortlich sei, erläutert der Lüdenscheider SPD-Landtagsabgeordnete Gordan Dudas. „Denn wäre es bei der ursprünglichen Planung geblieben, gäbe es längst eine neue Brücke.“

In der aktuellen Katastrophe müsse die schwarz-grüne Landesregierung mehr Verantwortung übernehmen, der Region mehr helfen. Ein bisschen unsterblich darf die Rahmede-Brücke auch nach ihrem Abbruch bleiben: Von ihren gewaltigen Massen sollen 90 Prozent recycelt werden. Und ein kleiner Teil wird in Steinchen-Form als Souvenir verkauft, wie Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD) sagt. Der Erlös soll an einen „guten Zweck“ gehen.

dpa/rej

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