Eine Zugreisende steigt am Stuttgarter Hauptbahnhof in einen Regionalzug der Deutschen Bahn ein.

Das 9-Euro-Ticket kommt ab dem 1. Juni. Was Sie wissen müssen © dpa/Archiv

9-Euro-Ticket in NRW: Verkauf startet heute - Was Sie über das Ticket wissen müssen

rnÖffentlicher Nahverkehr

Für 9 Euro im Monat überall in der Republik in Bus und Bahn steigen können - das ist ab 1. Juni möglich. An diesem Montag (23. Mai) startet der Verkauf in NRW. Das Wichtigste im Überblick.

von Sascha Meyer, Burkhard Fraune und Matthias Arnold

Berlin

, 23.05.2022, 05:50 Uhr / Lesedauer: 4 min

So billig war Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) in ganz Deutschland wohl noch nie: Mit speziellen 9-Euro-Monatstickets können Millionen Menschen im Juni, Juli und August überall in der Republik in Bus und Bahn steigen können.

Durch die Sonderaktion will die Ampel-Koalition auch Nicht-Autofahrer von den hohen Energiekosten entlasten. Zugleich geht es um einen generellen Anreiz, stärker den Nahverkehr zu nutzen, wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte. Für die Verkehrsbetriebe wird es eine Großoperation, den erwarteten Andrang so zu bewältigen, dass die Charme-Offensive nicht zu Frust führt.

An diesem Montag (23. Mai) startet nun der breite Verkauf. Einzelne Nahverkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen wie die Kölner Verkehrs-Betriebe wiesen daraufhin, dass das Ticket noch nicht an Automaten zu bekommen sein wird sondern zunächst über die eigene App sowie in Kundencentern und Verkaufsstellen angeboten werde. Auch die Nahverkehrsverbünde hatten darauf verwiesen, dass die Automaten auf die Ausgabe der Tickets eingestellt werden müssten. Die Deutsche Bahn will ebenfalls an diesem Montag den Verkauf starten.

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Ab wann soll das 9-Euro-Ticket gelten?

Das Ticket sollen ab dem 1. Juni gelten - und dann jeweils im Juni, Juli und August für den Kalendermonat. Nicht möglich sind also gleitende Vier-Wochen-Zeiträume, etwa von Mitte Juli bis Mitte August. Der Preis von 9 Euro gilt pro Monat.

Fahren können die Inhaber damit bundesweit in allen Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs - egal ob von der Deutschen Bahn oder anderen Anbietern. Nicht genutzt werden kann der Fernverkehr mit ICE, Intercity und Eurocity, den grünen Flixzügen und Fernbussen. Außerdem gilt das Ticket nur für die 2. Klasse.

Wo gibt es das Ticket zu kaufen?

Die Bahn und viele Verkehrsverbünde haben den Verkaufsstart schon für diesen Montag (23. Mai) angekündigt. Zu haben sein soll das Ticket ganz normal an Automaten, Ticketschaltern oder online bei den Verkehrsunternehmen. Die Branche plant auch eine gemeinsame Internet-Verkaufsplattform.

Einzelne Nahverkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen weisen daraufhin, dass das Ticket noch nicht an Automaten zu bekommen sein wird sondern zunächst über die eigene App sowie in Kundencentern und Verkaufsstellen angeboten werde.

Nicht alle haben auf den Verkaufsstart gewartet. In Stuttgart und Freiburg kann man seit einigen Tagen schon 9-Euro-Tickets kaufen - Tausende Kunden haben bereits zugegriffen.

Wie sind die Konditionen?

Das Ticket kostet pauschal 9 Euro für beliebig viele Fahrten im Kalendermonat. Zu haben sein sollen auch Tickets für alle drei Monate auf einen Schlag, wie es bei der Deutschen Bahn heißt. Einen Bahncard-Rabatt auf die 9 Euro gibt es nicht.

Wer schon ein Monats- oder Jahresabo hat, soll in den drei Monaten nur mit 9 Euro belastet werden - Jobtickets, Sozialtickets im Abo, Schülertickets, Semestertickets und Azubitickets werden somit im Juni, Juli und August auch zum 9-Euro-Ticket. Das Ticketabo für die 2. Klasse in NRW koste im Juni, Juli und August 2022 dann auch nur neun Euro pro Monat. Die Abonnenten bekommen Nachricht von ihrem Anbieter oder dem Verkehrsverbund, wie die Verrechnung konkret aussieht: über eine Reduzierung des Bankeinzugs oder per Erstattung der Differenz.

Kann man sein Fahrrad kostenlos mitnehmen?

Wenn ein bestehendes Abo das so vorsieht: ja - allerdings nur im jeweiligen Abo-Geltungsbereich, wie das Bundesverkehrsministerium erläutert. Generell muss sonst ein Fahrradticket dazu gebucht werden. Die Bahn schickte schon vorsichtshalber als Warnung voraus, dass die Fahrrad-Mitnahme wegen absehbar voller Züge nicht garantiert sei. An Feiertagen sollte man lieber darauf verzichten.


Kann man Plätze reservieren?

Nein. Reservierungsmöglichkeiten gibt es in der Regel nur im Fernverkehr. Das 9-Euro-Ticket gilt aber im Nahverkehr.

Drohen überfüllte Busse und Bahnen?

Ein Nischenangebot ist der ÖPNV schon bisher nicht. Allein bei der bundeseigenen Bahn fuhren im vergangenen Jahr pro Tag mehr als drei Millionen Fahrgäste in knapp 22.000 Regionalzügen. Morgens und abends im Berufsverkehr herrscht in Ballungsräumen ziemliches Gedränge auf vielen Linien - an Sommerwochenenden sind Regionalbahnen ins Grüne generell gefüllt. Die Billigtickets fallen nun in die Ferienzeit, in der Schulkinder, Pendlerinnen und Pendler zeitweise gar nicht fahren. Manche könnten das Ticket aber für Ausflüge und Urlaubsreisen nutzen.

Wie groß wird der Andrang?

Genau weiß das niemand. Zu rechnen sei wohl mit ungefähr 30 Millionen Nutzern des 9-Euro-Tickets pro Monat, erläuterte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Dies sei aber nur eine Schätzung. Politik und die Branche setzen darauf, dass die spektakuläre Aktion jetzt viele dazu bringt, sich überhaupt einmal richtig damit zu befassen, wann und wie Busse und Bahnen im Umkreis eigentlich fahren.

Ungewiss ist auch, wie sich eine gleichzeitige finanzielle Entlastung an den Tankstellen auf die Umsteigelust unter Autofahrern auswirkt. Denn ebenfalls vom 1. Juni bis 31. August soll nach Plänen der Koalition die Energiesteuer auf das nach EU-Recht vorgegebene Mindestmaß heruntergesetzt werden. Der Steuersatz für Benzin soll so um fast 30 Cent sinken, für Diesel um 14 Cent.

Fahren denn ab 1. Juni auch mehr oder längere Züge?

Die Branche will alles auf Schiene und Straße bringen, was rollt. Auf einen Schlag und für begrenzte drei Monate in großem Stil Extra-Fahrzeuge zu ordern und Fahrpersonal dazu, geht aber nicht. Aktiviert werden sollen Reserven, „die aber nicht in einer nennenswerten Größenordnung“ vorhanden sind, erläuterte der Verband der Verkehrsunternehmen. Die Bahn macht nach Betriebsratsangaben wohl 40 bis 50 zusätzliche Doppelstockwagen betriebsbereit, viel mehr sei nicht drin. Mehr Aufwand dürfte zum Beispiel auch bei Reinigung und Service entstehen.

Warum ist das Ticket nicht gleich kostenlos?

Diesen Vorschlag hatte es aus den Ländern tatsächlich gegeben. Einfach auf Tickets zu verzichten - und damit auch auf Kontrollen - hätte den Aufwand deutlich gesenkt, lautete eine Argumentation. Ein Grund, dass nun ein kleiner Geldbetrag verlangt wird, ist aber auch der Blick über das Ende der Aktion hinaus. Bei zahlenden Kunden lässt sich die Nutzung besser analysieren. Geplant sind Befragungen. Wer nutzt auf welchen Strecken Busse und Bahnen, wenn es deutlich günstiger ist? Das ist für die Verkehrsbetriebe und die Politik eine spannende Frage - auch wenn es im Falle einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets kaum bei 9 Euro pro Monat bleiben dürfte.

dpa

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" Reisende gehen mit ihren Wanderrucksäcken durch einen Hauptbahnhof.

Bald startet das große Experiment in Bussen und Bahnen. Über das 9-Euro-Ticket entscheidet nun das Parlament, in wenigen Tagen soll der Verkauf beginnen. Doch für wen lohnt es sich eigentlich?