Beim Jubiläums-Grimme-Preis dominieren starke Frauen. Das beginnt mit Siham El-Maimouni, die frisch, herzlich, präsent und gut vorbereitet die Geburtstags-Gala moderiert. Das geht weiter mit den „drei !!!“, die Frauenpower in eine Detektivserie für Kinder bringen. Und es setzt sich fort beim Wettbewerb Unterhaltung, in dem diesmal kein einziger Mann ausgezeichnet wird.
Zum ersten Mal werden mehr Frauen als Männer mit Grimme-Preisen belohnt. Die harten Stoffe aber sind geblieben. Alle großen Themen unserer Zeit spiegeln sich in den preisgekrönten Sendungen: Hass, Krieg, Rassismus, sexualisierte Gewalt und die Me-Too-Debatte.

Bei „Sam, ein Sachse“ war sich die Jury sofort einig: Diese erste deutsche Serie, die konsequent aus der Perspektive eines Afrodeutschen erzählt, verdient den Grimme-Preis. Sie ist die verfilmte Autobiografie des ehemaligen Polizeibeamten Samuel Meffire, der als erster afrodeutscher Polizist Ostdeutschlands gilt und mit dem Ensemble ins Marler Theater kommt. Zustande gebracht hat diesen Serienerfolg nicht etwa ein Fernsehsender sondern die Video-Streaming-Plattform von Disney.
Julian Vogel hat in der Trilogie „Einzeltäter“ (ZDF) die Hinterbliebenen der rechtsextremistisch motivierten Anschläge in Hanau, München und Halle begleitet. Bei den Dreharbeiten konnte der Autor und Regisseur seine Tränen nicht zurückhalten. Gedreht hat er nicht nach Plan, vielmehr hat er sich den Menschen geöffnet. Da blieb auch mal die Kamera aus. Vogels bitteres Fazit: „Jetzt halten Politiker schöne Reden an Jahrestagen, aber konkrete Konsequenzen hat niemand getragen.“
ARD-Korrespondentin Katharina Willinger gibt den iranischen Frauen, den Kritikerinnen des islamischen Regimes eine Stimme. Cem Kaya erinnert in
„Songs of Gastarbeiter“ (WDR/rbb/ARTE) an türkischstämmige Künstlerinnen und Künstler, die in der deutschen Mehrheitsgesellschaft nicht gesehen und nicht zur Hitparade eingeladen wurden.
Auch Siham El-Maimouni ist Tochter eines Gastarbeiters, der vor genau 60 Jahren nach Deutschland kam. Lange habe sie es sich nicht träumen lassen, dass sie einmal den renommiertesten deutschen Fernsehpreis moderieren darf. Mehr noch: Sie bekommt ihn sogar. Denn in der „Sendung mit der Maus“ (WDR) hat sie Themen ihrer Heimat Marokko kindgerecht, hautnah und überraschend aufbereitet.
Überreicht wird ihr die Trophäe von Unterhaltungs-Preisträgerin Sarah Bosetti, die in ihrer satirischen „Bosetti Late Night“ die Diskriminierung von Milliardären anregte und ihr Publikum ermächtigt, den Bullshit-Button zu drücken, wenn zu viel gelabert wird: „Ich kann keine Talkshows gucken, weil ich das nicht aushalte, wie viel Bullshit da erzählt wird.“ Beim Grimme-Preis enthüllt Bosetti ihren wahren Antrieb: „Wenn ich ehrlich bin, geht es mir darum, dass Friedrich Merz stolz auf mich ist.“ Und sie dankt der Jury für alle Produktionen, die den Grimme-Preis bekommen. Was diese Sendungen an gesellschaftlichen Problemen sichtbar machen, sei schon krass.
Zu seinem 60. Geburtstag steht der Grimme-Preis groß im Zentrum auf der Marler Bühne. „Hoffen wir, dass das nicht der letzte Grimme-Preis war“, sagt Siham El-Maimouni. Das greift Volkshochschulpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer auf: Der Deutsche Volkshochschulverband habe gerade beschlossen, das in Geldnot steckende Grimme-Institut finanziell zu unterstützen, erklärt sie auf der Marler Bühne. Auch Medienminister Nathanael Liminski lobt dort die Bedeutung des Grimme-Preises (die könne man gar nicht überschätzen) und gibt ein Versprechen: „Ich persönlich werde alles dafür tun, dass wir auch in 120, 180 und 360 Jahren feiern.“