
Ist es wirklich schon so lange her? Vor fünf Jahren gibt es den ersten Corona-Fall in Deutschland. An jenem 27. Januar 2020 weiß niemand, dass das Virus Sars-CoV-2 unser Land in eine fürchterliche Krise treiben wird. Niemand ahnt auch nur, dass allein bei uns mehr als 186.000 Menschen an oder mit Corona sterben werden.
Unserem Gesundheitssystem droht der Kollaps. Überfüllte Kliniken. Zu wenig Intensiv- und Beatmungsplätze. Es fehlt an allem; an Personal, Masken, Schutzkleidung, Medikamenten und Wissen über diese Krankheit. Die Lage spitzt sich rasch zu. Das Wort Triage machte die Runde. Wir können nicht alle behandeln. Wer darf leben, wer muss sterben?
Hilflos klammert man sich an die einzige Gewissheit: Covid wird von Mensch zu Mensch übertragen. Also müssen Kontakte unterbunden, zumindest extrem reduziert werden. Masken helfen. Aber die sind rar.
Lockdowns folgen: Geschlossene Läden, Restaurants, Friseure, Kirchen und anderes, was unser Leben reich macht. Kitas und Schulen dicht. Verzweifelte Eltern, wochenlang mit ihren Kindern eingesperrt. Kinder werden von Spielplätzen verjagt. Teenies dürfen keine Freunde treffen. Menschen in Hospizen sterben einsam, weil niemand sie besuchen, schon gar nicht umarmen darf.
Als Ende 2020 die Impfung kommt, hoffen viele auf ein schnelles Corona-Ende. Doch Normalität kehrt nur langsam zurück, in Etappen und nicht für alle. Die Schranken heißen 2G und 3G. Geimpft, genesen, getestet, mit oder ohne FFP2-Maske, ist jetzt der Preis für Alltägliches.
Ein Riss klafft in der Gesellschaft. Die Verbote sind vielen zu viel. Sie empfinden die Ausgrenzung nicht Geimpfter als Diskriminierung. Verschwörungsmythen wuchern. Die Impfpflicht-Diskussion verhärtet die Fronten.
Knapp 80 Prozent lassen sich impfen. Skeptiker beklagen schwere Nebenwirkungen. Bis Ende März 2023 registriert das Paul-Ehrlich-Institut 127 Todesfälle durch Corona-Impfungen. Auf der anderen Seite ergibt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO, dass Impfungen in den 54 Staaten des europäischen Raumes 1,4 Millionen Menschen das Leben gerettet haben.
Erst am 8. April 2023 fallen letzte Schutzmaßnahmen. Die Pandemie ist vorbei, Corona bleibt. Wie die Grippe, wie Röteln und Windpocken. Damit müssen wir leben. Das gilt auch für Long-Covid mit mehr als 100.000 Betroffenen.
Langzeitfolgen hat Corona auch in anderen Bereichen:
Covid weckte die niedersten Instinkte in den Menschen
Zwischenmenschlich: Corona hat niederste Instinkte geweckt. Menschen hamstern Hefe, Mehl und Klopapier. Sie kämpfen mit Ellbogen um einen Beatmungsplatz. Bürgermeister drängeln sich bei Impfungen vor. In Blockwart-Mentalität schreien von Angst getriebene Menschen andere an, nur weil deren Maske leicht verrutscht ist.
Gesellschaftlich: Im Kampf gegen Corona ist alles einem einzigen Ziel untergeordnet: die Virus-Ausbreitung zu stoppen. Anderes zählt nicht: Welch seelische Qual muten wir Menschen zu, die einsam leiden und sterben? Was bürden wir Kindern auf, die wir wochenlang einsperren? Ist der Preis akzeptabel, wenn wir Kitas und Schulen schließen, gnadenlose Kontaktsperren verhängen?
Politisch: In mehreren Bundesländern gibt es Kommissionen und Untersuchungsausschüsse zu Corona. Das Problem: Der Blick geht fast nur zurück. Wer hat wann was falsch gemacht? Das ist fatal. Ja, es gibt Verbrecher, die mit Corona uns alle abgezockt haben. Sie gehören verfolgt und bestraft. Dafür haben wir die Justiz. Sicher würde heute vieles anders entschieden. Aber mit dem Wissen von heute den Stab über die Entscheider von gestern zu brechen, ist unfair.
Lieber sollten wir uns gegen die nächste Pandemie wappnen. Es gäbe jede Menge zu tun. Nur drei Punkte:
Was jetzt unbedingt geschehen müsste
1. Wir müssen endlich klären: Wie gehen wir beim nächsten Mal mit Kitas, Schulen, Heimen und all den anderen Orten um, an denen sich Menschen begegnen? Deutschland hat keinen Pandemie-Plan. Die Welt auch nicht. Warum nicht? Die WHO wollte längst ein Internationales Abkommen zur weltweiten Prävention und Vorbereitung für den Fall der Fälle verabschieden. Das ist bis heute nicht geschehen.
2. Corona offenbarte einen eklatanten Mangel an medizinischen Verbrauchsgütern wie Masken und Schutzkleidung. Daher beschloss die Bundesregierung 2020 den Aufbau einer „Nationalen Reserve Gesundheitsschutz“. Es gibt sie bis heute nicht.
3. Das erbärmliche Zuständigkeitsgerangel zwischen Bund, Ländern und Kommunen darf sich nie wiederholen. Es hat nicht nur den Kampf gegen Covid behindert, sondern auch das Vertrauen in unsere Demokratie beschädigt.
Ich sehe bis heute nicht den Hauch eines Versuches, das besser zu regeln.
Unterm Strich bleibt nach fünf Jahren nur ein Appell an alle Verantwortlichen: Hört auf mit der Suche nach Schuldigen. Dafür haben wir keine Zeit. Dass eine nächste Pandemie kommt, steht fest. Die Frage ist nur noch, wann. Vielleicht schon morgen?