Der angeklagte Täter neben seinem Verteidiger beim Prozessauftakt.

© Jörn Hartwich

21-Jähriger ersticht schlafende Nachbarin – 4-Jähriger sieht Todeskampf seiner Mutter

rnLandgericht Essen

In einem Online-Computerspiel wird ein 21-Jähriger zum Mord an seiner Nachbarin aufgefordert. Der Sohn des Opfers sieht die Tat live. Danach wird er selbst vom Täter angegriffen.

Marl/Essen

, 05.05.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als eine Mutter aus Brassert im November 2020 von einem Nachbarn erstochen wurde, war ihr vierjähriger Sohn live dabei. Das ist am Mittwoch am Essener Landgericht bekannt geworden. „Der Junge ist wach geworden, weil er die Rufe seiner Mutter gehört hat“, berichtete eine Polizistin, die den Vierjährigen nach der Tat im Krankenhaus besucht hatte.

Auch er war vom Angeklagten mit einem Messer lebensgefährlich verletzt worden. „Meine Mama wohnt jetzt im Himmel“, hatte der Junge der Beamtin damals erzählt. Und dass er nicht mehr nach Hause wolle, sondern zum Papa gehe.

Sohn (4) sah den Todeskampf der Mutter

Der Vierjährige war damals aus seinem Bett geklettert und ins hell erleuchtete Wohnzimmer gelaufen. Dort habe er seine Mutter und einen Mann gesehen. „Er hat mir erzählt, dass diese Person die Mama am Hals verletzt hat – und dann auch ihn“, so die Polizistin im Zeugenstand. Und dass er Blut gesehen habe. Er sei dann zurück in sein Bett gegangen.

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Irgendwann sei ein Krankenwagen gekommen. Die Szene hat den Jungen offenbar tagelang verfolgt. „Er hat mir gesagt, dass er einen schlimmen Traum hatte“, so die Polizistin. „Dass sein ganzes Bett voller Blut gewesen sei.“ Er habe ihr auch die Narben auf seinem Bauch gezeigt. Der Hals sei bandagiert gewesen, so dass er den Kopf gar nicht habe richtig drehen können. „Mir ist aufgefallen, dass seine Hände richtig gezittert haben.“

Mord-Befehle wurden in einem Online-Computerspiel erteilt

Der Angeklagte hat gestanden, in der Nacht auf den 10. November 2020 in die Wohnung seiner Nachbarin eingestiegen und die bereits schlafende 27-Jährige erstochen zu haben. Anschließend hatte er auch auf ihren Sohn eingestochen. Angeblich sei ihm von einer Computerfigur mit schwarz-goldenen Flügeln der Befehl erteilt worden, etwas „Böses“ zu tun.

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Das Online-Computerspiel soll den 21-Jährigen nach Angaben seines Verteidigers Hans Reinhardt damals völlig im Griff gehabt haben. Mitspielern, mit denen er sich per Chat angefreundet hatte, soll er regelrecht Befehle erteilt haben, wie sie sich in dem Spiel zu verhalten hätten. Vor allem eine Frau ist nach Angaben der Polizistin psychisch massiv unter Druck gesetzt worden. „Manchmal ist das auch eskaliert – bis hin zum Kontrollverlust“, so die Beamtin. „Der Angeklagte war dann wirklich außer sich.“

Computerfigur zu Sex-Treffen geschickt

Wie tief er in die virtuelle Welt eingetaucht gewesen sein könnte, zeigt auch diese Beobachtung der Polizei: Der 21-Jährige soll die von ihm geschaffene Computerfigur in besondere Räume geschickt haben - zu Sex-Treffen mit anderen Figuren. Hintergrund der Tat soll eine schwere psychische Erkrankung sein. Die Anklage lautet auf Mord und Mordversuch. Der Prozess wird fortgesetzt.

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