1660 stürzte der ganze Turm, 200 Jahre später schmolzen die Glocken

1660 stürzte der ganze Turm, 200 Jahre später schmolzen die Glocken

rnStadtkirche Unna

Die Sturmschäden an der Stadtkirche schockieren die Menschen. Doch im historischen Vergleich ist der Sturz der Turmfiale eher ein größerer Kratzer. Stadtführer und Kirchenfachmann Wolfgang Frenser erinnerte jetzt an Glocken, die ein Blitzeinschlag schmolz, an den Sturz des Kirchturms und die große Katastrophe des Krieges.

Unna

, 15.07.2018, 15:00 Uhr / Lesedauer: 1 min

Für viele Unnaer war die Beschädigung der Stadtkirche ein Schock. Der Verlust der Fiale allein wirkt auf sie wie ein ausgeschlagener Zahn, ganz zu Schweigen von den weniger offensichtlichen aber erheblichen Schäden am Gemäuer. Dass es aber verglichen mit anderen Ereignissen ihrer Geschichte eher eine kleine Beschädigung ist, machte Stadtführer und Presbyter Wolfgang Frenser bei einer Baustellenführung deutlich.

1322 wurde das ungewöhnliche Gotteshaus als einziges dieser Größe ganz aus Pläner-Kalke errichtet. Als höchstes Gebäude der Gegend war es natürlich prädestiniert, vom Blitz getroffen zu werden. Dies passierte vor der Erfindung des Blitzableiters 1559, 1598 und 1605, wobei ein Turmwächter getötet wurde. Jeder dieser Einschläge sorgte für eine Veränderung am Turm, doch den vielleicht verheerendsten Schaden bewirkte eine Windhose, die 1660 den Turm aus der Fassung drehte und auf das Gewölbe schlagen ließ. Dabei kam es zu sieben Toten, zwei starben später an den Folgen ihrer Verletzungen. Auch die Kirchenbänke wurden zerschmettert. Erst drei Jahre später war das Gotteshaus wieder nutzbar. Eine Inschrift im Gewölbe erinnert an das schreckliche Ereignis.

1723 fiel die Kirche Unnas großem Stadtbrand zum Opfer. Sie wurde zwar bald wieder genutzt, doch es sollte über 20 Jahre dauern, bis auch der Kirchturm wieder aufgebaut wurde. Vor Gewitter war die Stadtkirche aber immer noch nicht sicher. 1861 setzte ein Blitzschlag den Turm in Flammen und ließ die Glocken schmelzen. Insgesamt entstand ein Schaden von 10.000 Talern. Wieder nutzbar war der Turm erst 1867.

Starke Schäden erlitt die Stadtkirche auch im Zweiten Weltkrieg. Bei ihrem Sturm 1945 zielte die amerikanische Artillerie von Hemmerde und der Wilhelmshöhe aus auf die Kirche als zentralem Punkt in der Stadt. Dabei wurde unter anderem das Dach zerstört. Erst 1949 konnten hier wieder Gottesdienste stattfinden.