Das mittlere der drei Banner über einer Fußgängerzone in der Innenstadt von Venlo fordert die Fußgänger auf, sich zur Eindämmung der Corona-Pandemie jeweils nur in einer Richtung zu bewegen.

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150 Corona-Tote in der letzten Woche in den Niederlanden -Teil-Lockdown

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Der niederländische Premierminister Mark Rutte hat einen Teil-Lockdown für die Niederlande angeordnet. Grund sind die steigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus. Eine Zusammenfassung.

Winterswijk/Enschede

, 14.10.2020, 10:52 Uhr / Lesedauer: 3 min

Im Nachbarland geht die Zahl der Menschen, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben weiter hoch. Am heutigen Donnerstag wurden 7.287 neue Infektionen mit dem Virus gemeldet. Insgesamt verzeichnet das Nachbarland 196.163 Infektionen. 32 Menschen sind in den letzten 24 Stunden an dem Virus gestorben.

Wie das Ministerium für Gesundheit meldet, haben sich in der letzten Woche 43.903 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. 150 starben an den Folgen ihrer Virusinfektion. In der ersten Oktoberwoche waren es 27.485 Personen und 89 Tote.

7,4 Millionen Zuschauer bei Pressekonferenz

Fast 7,4 Millionen Menschen haben am Dienstagabend die Pressekonferenz von Premierminister Mark Rutte und Corona-Minister Hugo de Jonge im TV verfolgt. Die beiden Politiker haben dort eine Teilsperrung für weite Bereiche des öffentlichen Lebens in den Niederlanden bekanntgegeben.

Mit den Maßnahmen soll der Aufwärtstrend bei den Corona-Infektionsfällen verringert werden. „Wir erwarten, dass die Maßnahmen für mindestens vier Wochen erforderlich sind“, sagte Premierminister Mark Rutte.

Der Teil-Lockdown trifft jeden Niederländer in seinem Alltag mehr oder weniger hart. Hier ein Auszug aus den neuen Einschränkungen:

  • Kneipen, Cafés und Restaurants müssen schließen

  • Speisen und Getränke dürfen sie nur noch zum Mitnehmen anbieten

  • Der Verkauf von Alkohol ist ab 20 Uhr verboten

  • Es dürfen nur noch maximal drei Gäste pro Tag in privaten Wohnungen empfangen werden

  • die Niederländer sollen Bus und Bahn nur noch in dringenden Fällen nutzen

  • Außerdem gibt es eine Maskenpflicht, die für für alle öffentlichen Räume wie Geschäfte, Museen oder Bibliotheken gilt.

Veranstaltungen wurden mit Ausnahmen verboten. Beispielsweise dürfen aber Kinos oder Theater mit Sitzplätzen für 30 Personen öffnen. Viele Theater haben aber schon angekündigt, dass sie ganz schließen werden, weil sich eine Öffnung für 30 Personen nicht lohnt. Besuche in Museen oder Bibliotheken sind nur noch mit Anmeldung und für den reservierten Zeitraum erlaubt.

Dramatisch gestiegene Infektionszahlen

Mit den neuen Maßnahmen reagiert die niederländische Regierung auf die dramatisch gestiegenen Infektionszahlen. Die lag in den vergangenen sieben Tagen bei 252 Infektionen pro 100.000 Einwohner. Damit weisen die Niederlande derzeit nach Tschechien und Belgien den dritthöchsten Wert in Europa auf.

Am Donnerstagmorgen (14. Oktober) wurden für die Niederlande 7.378 Infektionen gemeldet. 111 Corona-Patienten lagen in den Krankenhäusern und es gab 35 Todesfälle in den letzten 24 Stunden. Insgesamt sind bisher 6.631 Menschen im Nachbarland an dem Virus gestorben.

Einen Überblick über die konkreten Maßnahmen finden Sie hier.

Sandra Massen vom Restaurant Het Kronenhuis in Winterswijk fragt sich heute (14.10.) in der Tageszeitung des Gelderlander: „Warum wir wieder?“. Sie versteht zwar, dass Maßnahmen notwendig sind, hält aber den 1,50 Meter-Abstand im Restaurant und das Betreten mit Maskenpflicht als gute Maßnahme gegen das Virus.

Schließung macht es für Restaurants schwierig

Die Sommermonate seien gut gewesen, meint die Restaurantbesitzerin. Es habe sogar gereicht für ein paar finanzielle Reserven. Es sei aber schwer, je länger die jetzige Schließung dauere, all ihren zwölf Mitarbeitern den Job zu erhalten.

Regisseurin Ineke van Empel vom Theater De Storm in Winterswijk muss jetzt geplante Vorstellungen absagen und verschieben. Gerade lief der Betrieb mit 150 Theaterbesuchern, sie war sehr zufrieden damit. Jetzt aber, mit nur noch 30 Zuschauern im Theater, sei der Weiterbetrieb unmöglich. Strom und Heizung würden bereits mehr kosten, als sie mit der geringen Besucherzahl einnehmen könnte, schildert Ineke van Empel gegenüber der Tageszeitung de Gelderlander.

Viel Resignation bei Betroffenen

„Unternehmen und Sportvereine in Twente und Achterhoek reagieren resigniert auf die vom Kabinett am Dienstagabend angekündigte ,teilweise Sperrung‘“, schreibt die Tageszeitung Tubantia aus Enschede am Mittwoch (13.10.). Es war ein schlimmer Moment für Gea Meppelink, Inhaberin des Restaurants De Oliemölle in Borculo, als der Premierminister die neuen Corona-Regeln und damit die erneute Schließung der Restaurants verkündete, sagt sie.

Finanzieller Puffer schwindet schnell

Im Sommer sei es ihr möglich gewesen, einen finanziellen Puffer aufzubauen, in Vorbereitung auf schlimmere Zeiten. Die scheinen für sie schon jetzt gekommen zu sein.

Als Marie-Louise Engbers, Regionalleiterin des Pflegeheims Het Borsthuis in Hengelo, von den neuen Maßnahmen in der Pressekonferenz des Premierministers erfährt, ist sie froh, froh, dass die Pflegeheime nicht wieder für Besucher geschlossen werden. So war es nach dem Ausbruch der Pandemie im Frühjahr.

„Das Besuchsverbot hat so viel Schmerz und Trauer verursacht, dass wir nie wieder darauf zurückkommen sollten“, sagt sie gegenüber der Tageszeitung Tubantia. Klar ist ihr aber auch im Interesse ihrer Hausbewohner, dass alle Besuche auf das Notwendige zu beschränken sind.

Schließung kostet Enscheder Sportverein monatlich 10.000 Euro

„Das kostet uns monatlich 10.000 Euro Umsatz“, sagt Theo Busch, Vorsitzender des RKSV Vogido-Fußballclubs in Enschede, in der leeren Kantine des Vereins. Der Verein hat mehr als 1.000 Mitglieder und ist derzeit der größte Fußballverein in Enschede.

Der 62-jährige Vorsitzende hat Verständnis für die Maßnahmen und räumt auch ein, dass eineinhalb Meter Abstand in der Kantine des Vereins kaum einzuhalten sind: „Ich sehe die Zahlen und verstehe, dass etwas getan werden muss“, sagte Busch zur Tubantia. Und: der erste Corona-Lockdown habe dem Verein bereits 45.000 Euro gekostet.