Missbrauchsfall Bocholter Pfarrei macht Vorwürfe gegen früheren Kaplan öffentlich

Von Carola Korff
Missbrauchsfall: Bocholter Pfarrei macht Vorwürfe gegen früheren Kaplan öffentlich
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Anton Ingenhaag war von 1951 bis 1954 in der damaligen Pfarrei Ss. Ewaldi tätig. Sein Fall werde im Missbrauchsgutachten von Professor Thomas Großbölting erwähnt, berichtet Pfarrer Andreas Hagemann den Besuchern der Sonntagsgottesdienste der Bocholter Pfarrei St. Josef am Sonntag.

Ein Gemeindemitglied, das selber nicht vom Missbrauch betroffen war, habe die Pfarrei darüber informiert. Seelsorgeteam, Pfarreirat und Kirchenvorstand hätten beschlossen, „für die größtmögliche Transparenz“ zu sorgen. Daher wurde nun am Wochenende in allen Gottesdiensten eine Bekanntmachung verlesen.

Bekanntmachung verlesen

Im Gutachten wird demnach berichtet, dass die Staatsanwaltschaft 1954 gegen Ingenhaag ermittelt hatte. Damals hatte es Vorwürfe wegen „Unzucht mit Jungen“ gegeben. Die Vorfälle lagen nach Aussage des Bistums vor Ingenhaags Bocholter Zeit. Der Kaplan habe sich damals den Ermittlungen durch eine Flucht in die Niederlande entzogen. Später sei er nach Rom und dann nach Salzburg umgezogen, wo er schließlich auch wieder als Priester arbeitete. Im November 1972 starb Ingenhaag.

Die in den vergangenen Jahren tätigen Gutachter stellten nun auch die Frage, in welcher Weise Kirche und Staatsanwaltschaft gemeinsam an einer Verdunklung mitgearbeitet und die „Versetzung“ in ein anderes Bistum ermöglicht hätten, berichtet Hagemann. Im Zuge der Aufarbeitung des Missbrauchs habe das Bistum Münster den Vorgang 2019 von der Staatsanwaltschaft noch einmal prüfen lassen.

Priester hat sich Ermittlungen entzogen

Der Interventionsbeauftragte Peter Frings habe ergänzend mitgeteilt, dass das Bistum 2011 für ein Opfer Ingenhaags eine „Anerkennungsleistung“ gezahlt habe. Die Herkunft des Betroffenen, der mittlerweile verstorben sein soll, sei nicht bekannt. Weitere Meldungen von Betroffenen lägen dem Bistum nicht vor. Auch nach Erscheinen des Gutachtens vor einem Jahr habe es keine weiteren Meldungen zu dem Täter gegeben, so Hagemann.

Falls es jedoch weitere Betroffene in Bocholt geben sollte, könnten die sich unmittelbar an die Ansprechpersonen des Bistums wenden – beispielsweise an Hildegard Frieling-Heipel (0173-1643969) oder Bardo Schaffner (0151-43816695).

Die Ergebnisse des Gutachtens zeigten, dass „Missbrauch kein Thema sei, das weit weg liegt, sondern vor Ort relevant ist“, heißt es in der Bekanntmachung der Pfarrei. Es führe „das schreckliche Ausmaß des sexuellen Machtmissbrauchs und dessen Vertuschung vor Augen“. Das Gutachten ist auf der Internetseite des Bistums Münster zu finden.