24. Februar 1945: Bei einem Luftangriff sterben in Lünen 50 Menschen, Männer, Frauen und Kinder. 926 Sprengbomben fallen an diesem Tag auf die Stadt. Der Krieg ist da schon lange verloren. Zu Ende ist damit das Grauen aber noch nicht.
„Im Keller des Textilhauses Sander kamen mehrere Menschen ums Leben, darunter eine Mutter, die in dem Keller einige Tage vorher entbunden hatte. Sie wurde inmitten ihrer Kinder durch die Bombe erschlagen, wogegen alle Kinder mit dem Schrecken davonkamen.“
So ist es in der Stadtchronik nachzulesen. Die verzeichnet insgesamt 255 Tote durch die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg in der Stadt - 214 allein von 1944 bis März 1945. In der Stadt gibt es damals insgesamt 4395 Häuser - 60 Prozent davon existieren bei Kriegsende nicht mehr. Die Bilder, die es aus dieser Zeit gibt, erinnern an jene, die man heute aus den zerbombten Städten Syriens kennt. Das Textilhaus Sander stand übrigens an der Lange Straße 36 - die damals „Straße der SA“ hieß.
Deutsche sprengen Brücken
Den letzten großen Angriff fliegen die Alliierten am 8. März 1945: An diesem Tag werden das Café Schwarze an der Münsterstraße und die Häuser um den neuen Markt schwer getroffen.
Wenige Wochen später, am Ostermorgen 1945, stürzen die Brücken der Stadt zusammen: Gesprengt von deutschen Soldaten, um den Vormarsch der alliierten Truppen zu stoppen. Den Vormarsch des Gegners kann das nicht verhindern. Es macht nur das Leben der Menschen noch schwerer, als es ohnehin schon ist: Lünen wird durch die Sprengung der Brücken quasi zur geteilten Stadt.
„Große Aufregung hatten wir am Ostertage... Es waren nur wenige in der Kirche. Herr Pastor sagte am nächsten Tag, wegen der großen Gefahr wären alle entschuldigt. Am Ostertage wurden alle Brücken über die Lippe und den Kanal von der Deutschen Wehrmacht gesprengt. Das gab Erschütterungen! Viertel nach sieben morgens wurde die Lippebrücke gesprengt. Ein Krach, eine Erschütterung, Klirren von herausfallenden Fensterscheiben. Finsternis, das elektrische Licht ging aus.“ (Bernhardine Maashänser an ihre Schwestern, aus der Chronik „Lünen 1918-1966)

Die Lünerin berichtet in dem Brief an ihre Schwestern von einer Erschütterung nach der anderen über Ostern. Nach und nach sprengen die deutschen Soldaten die Brücken über die Lippe und über den Kanal, damit die Amerikaner mit ihren Truppen nicht vorankommen. Es ist ein unsinniges Vorhaben, das den Einwohnern der Stadt vermutlich mindestens ebenso viele Schwierigkeiten bereitet. Auch verursachen die Sprengungen massive Schäden an Häusern in der Nachbarschaft.
Wenige Tage später, am 11. April, haben die Amerikaner die Stadt komplett besetzt. Bernhardine Maashänser schreibt weiter in ihrem Brief vom 29. April 1945 an die Schwestern
„Auch bei uns wurde kein Widerstand geleistet. Bürgermeister, Polizei und Partei hatten früh genug die Stadt verlassen... Zehn Tage waren wir zwischen Kanal und Lippe Niemandsland. Die deutschen Soldaten lagen erst in Lünen-Süd am Kanal und dann auf der Reichsautobahn. Die Amerikaner hatten an der Lippe ihre Stellung. Der Turm der Altstadtkirche diente als Beobachtungsposten. In den zehn Tagen schoss die Artillerie hin und her. Mehrere Male am Tag kam eine deutsche Streife, und gleich ging die Schießerei los. Manche Leute sind dadurch verletzt und tödlich getroffen worden. Agnes wollte gerade ihr Schäfchen festmachen, es war Sonnabend, den 7. gegen 10 Uhr morgens, da wurde ihr durch ein Geschoss die rechte Hand abgerissen...“
„Beglückende Ruhe“
Am Samstag, 14. April, findet sich in den Aufzeichnungen von Zeitzeugen dann dieser Satz: „Es herrscht eine beglückende Ruhe - die Menschen besinnen sich langsam auf sich selbst“ - 255 Männer, Frauen und Kinder können das nicht mehr, sie haben die Luftangriffe in Lünen nicht überlebt.