Zwangsversteigerungen in Lünen, Selm und Werne Die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick

Was Interessenten über Zwangsversteigerungen wissen sollten
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Immer wieder kommen am Amtsgericht Lünen am Spormeckerplatz Immobilien aus Lünen, Werne und Selm „unter den Hammer“. Doch auch wenn man bei Zwangsversteigerungen ein Schnäppchen machen kann, verläuft nicht jedes Verfahren so wie erhofft. Wir erklären, was es rund um das Thema zu beachten gibt.

Wann und warum kommt es überhaupt zu Zwangsversteigerungen?

Eine Zwangsversteigerung sei meist der letzte Ausweg, eine Immobilie zu verkaufen, erklärte Dr. Niklas Nowatius, Direktor des Amtsgerichts Lünen, zuletzt im Gespräch mit der Redaktion. Gute Objekte fänden in der Regel auf dem freien Immobilienmarkt einen Abnehmer. Klappt dies aus unterschiedlichsten Gründen nicht - zum Beispiel, wenn sich Erben das Vermögen der Eltern teilen müssen, aber nicht einigen können -, kommt das Amtsgericht am Ende als neutrale Veräußerungsstelle ins Spiel.

Ein komplettes Zwangsversteigerungsverfahren - quasi von der ersten Beantragung bis zum Erwerb - dauert in der Regel mindestens eineinhalb Jahre. Hinzu kommt: Anträge auf Zwangsversteigerungen werden nicht selten kurzfristig zurückgezogen. Teils geschieht dies sogar erst beim anberaumten Termin. Ein Grund kann sein, dass sich kurzfristig noch eine andere Möglichkeit der Finanzierung für den Schuldner ergeben hat. Am Amtsgericht Lünen gingen im vergangenen Jahr 26 Anträge auf Zwangsversteigerungen ein. Im Jahr zuvor waren es 19. Lediglich sechs Immobilien wurden 2023 aber tatsächlich auch versteigert.

Wo gibt es Informationen zu Versteigerungsterminen und Gutachten?

Das funktioniert recht einfach über die Homepage des Amtsgerichts Lünen oder die Seite www.zvg-portal.de. Hier sind unter anderem Termine, der sogenannte Verkehrswert der Immobilien und eine Beschreibung des Objekts, das zur Versteigerung steht, aufgeführt. Außerdem können Interessenten hier bereits im Vorfeld der Versteigerung das jeweilige Gutachten lesen.

Was muss man zur Versteigerung mitbringen?

Bieter beziehungsweise Bevollmächtigte/Vertreter müssen sich mit einem gültigen nationalen Identitätspapier ausweisen und ihre Steuer-Identifikationsnummer mitbringen. „Wenn Sie für andere bieten wollen - dies gilt auch für den Ehepartner -, müssen Sie im Termin zusätzlich eine spezielle notarielle Bietvollmacht oder eine notarielle Generalvollmacht vorlegen“, heißt es in einem Merkblatt des Amtsgerichts. Und weiter: „Für Gebote, die Sie als Eltern für ihr minderjähriges Kindes abgeben wollen, benötigen Sie eine Genehmigung des Familiengerichts.“ Als Vertreter einer Handelsgesellschaft benötigt man hingegen einen amtlichen Handelsregisterausdruck.

Montage: Amtsgerichtsdirektor Dr. Niklas Nowatius steht vor dem Amtsgericht in Lünen.
Nach den Erfahrungen von Amtsgerichtsdirektor Dr. Niklas Nowatius nehmen Zwangsversteigerungen lange und meist emotionale Verläufe. © Dittmann/Mönning

Was muss man beim Bieten beachten?

Beim Versteigerungstermin wird stets ein Mindestgebot vorgegeben. Das Meist- beziehungsweise Höchstgebot der Versteigerungsteilnehmer muss demnach mindestens 50 Prozent des Verkehrswerts der Immobilie betragen. Ist das nicht der Fall, bekommt der Bieter auch nicht den Zuschlag. Sollte das Meistgebot unter 70 Prozent des Verkehrswerts liegen, muss das Gericht den Zuschlag versagen, sofern ein entsprechender Gläubigerantrag gestellt wird.

Zusätzlich zum Gebotspreis müssen Bieter ggf. Kosten einplanen, die sich auf im Grundbuch eingetragene Rechte beziehen, etwa die Zahlung von Zinsen an Gläubiger. Ob das der Fall ist, wird aber vor der Eröffnung des Bieterverfahrens bekanntgegeben. Außerdem wichtig: Bieter müssen damit rechnen, dass sie bei Abgabe ihres Gebots Sicherheitsleistungen in Höhe von 10 Prozent des Verkehrswertes der Immobilie erbringen müssen - zum Beispiel in Form eines von einem Kreditinstitut frisch ausgestellten Verrechnungsschecks oder einer unbefristeten Bürgerschaft.

Was passiert, wenn man den Zuschlag erhalten hat?

Dann wird ein „Verteilungstermin“ bestimmt, der etwa acht bis zwölf Wochen nach der Versteigerung stattfindet. Vor diesem Termin muss der Versteigerungserlös (plus 4 Prozent Zinsen für die Zeit vom Zuschlag bis zum Verteilungstermin und abzüglich zuvor gezahlter Sicherheit) überwiesen werden. Die Erwerbsnebenkosten betragen abgesehen von der Grunderwerbssteuer rund 0,7 Prozent des Meistgebots. Das sind die Gebühren für den Zuschlag und die Berichtigung des Grundbuchs.

Welche Auswirkungen hat es, wenn die Immobilie noch bewohnt ist?

Die Verkündung des Zuschlagsbeschlusses bedeutet, dass das Eigentum an die Person übergeht, die es ersteigert hat. „Gegen den bisherigen Eigentümer (mit Familie) ist der Zuschlagsbeschluss ein Räumungstitel“, schreibt das Gericht. Zieht der bisherige Eigentümer nicht freiwillig aus, kann ein Gerichtsvollzieher mit der Räumungsvollstreckung beauftragt werden. Für den Fall, dass die Immobilie zum Zeitpunkt der Versteigerung vermietet ist, tritt der neue Eigentümer in das Mietverhältnis ein. Hat dieser einen Kündigungsgrund (z.B. Eigenbedarf), kann der Mietvertrag unter Umständen mit einer nur dreimonatigen Frist gekündigt werden.

Was passiert, wenn die Immobilie nicht versteigert wird?

Dass Immobilien nicht gleich beim ersten Termin versteigert werden, ist keine Seltenheit. Bestimmte Objekte können daher durchaus mehrfach auf dem Zwangsversteigerungsportal auftauchen. Entspricht das Höchstgebot beispielsweise nicht den benötigten 50 bis 70 Prozent des Verkehrswerts, dann wird ein neuer Termin angesetzt, bei dem beide Mindestgrenzen nicht mehr gelten.

Welche Termine stehen als nächstes beim Amtsgericht Lünen an?

Am 16. September soll ein Dreifamilienhaus samt Nebengebäude in Selm versteigert werden. Der Gesamtverkehrswert beträgt 387.000 Euro. Es folgen Termine für ein Wohn- und Geschäftshaus an der Lange Straße in Lünen am 7. Oktober (547.000 Euro) sowie für ein Einfamilienhaus in Werne am 4. November (447.000 Euro). Am 25. November soll eine Doppelhaushälfte in Selm versteigert werden (254.000 Euro) und am 9. Dezember ein Mehrfamilienhaus in Lünen (269.000 Euro).