
© Klinikum Lünen
Zuschauen beim Kaiserschnitt: So empfanden die Eltern von Elias die Geburt ihres Sohnes
Geburtshilfe Lünen
Erst ein Füßchen, dann das Baby: Die Eltern von Elias konnten den Kaiserschnitt durchs Sichtfenster erleben. Wie fühlt es sich an, dabei zuzusehen, wie die Ärzte operieren?
Durch ein Plexiglasfenster können Eltern erstmals auf Wunsch in der Frauenklinik des Katholischen Klinikums Lünen/Werne bei einem Kaiserschnitt im Operationssaal verfolgen, wie ihr Baby auf die Welt kommt. „Wir wollen damit die Verbindung zwischen Eltern und Kind intensivieren“, erläutert Chefarzt Dr. Donat Romann die so genannte „First Look Sectio“.
In früheren Zeiten wachte die Mutter nach einem Kaiserschnitt aus der Narkose auf. Was passiert war, wusste sie nicht. Längst gibt es die Spinalanästhesie, die bei 98 Prozent der Kaiserschnittgeburten im Klinikum angewandt wird. Die Mutter bleibt zwar bei Bewusstsein, doch ein OP-Tuch verdeckt das Geschehen.
Wenn Eltern möchten, können sie jetzt zuschauen. „Hygiene steht an erster Stelle“, betont Romann. Man habe ein OP-Tuch wie mit einem Plexiglasfenster gefunden, das die Mutter in Absprache mit dem Anästhesisten schließen oder öffnen lassen kann.
„Ein berührendes Gefühl“
Abgeguckt haben sich die Lüner das von einer Klinik in den Niederlanden. Oberärztin Dr. Sabrina Lince knüpfte den Kontakt. Lena (28) und Peter (35) Panschischin haben die Kaiserschnittgeburt ihres Sohnes Elias verfolgt.
„Es war berührend, ein schönes Gefühl“, sagt der Vater. Beide konnten sehen, wie ihr 3290 Gramm schwerer und 52 Zentimeter kleiner Sohn am Freitag (20.9.) um 8.36 Uhr aus dem Bauch geholt wurde. „Erst kam ein Füßchen, dann der Popo und dann das Baby“, beschreibt Lena Panschischin.

Hygiene ist oberstes Gebot: Die bietet das besondere OP-Tuch. Durch den Kaiserschnitt zum Zuschauen soll die Bindung von Eltern und Baby gefördert werden. © Klinikum Lünen
Die eigentliche Operation werde durch den Bauch verdeckt. „Man sah kein Blut“, berichtet der Vater. Elias habe sofort geschrien. Nach der ärztlichen Untersuchung seien sie mit dem Baby zusammengewesen, bis der Vater mit ihm hochgegangen ist. „Er hat sofort an der Hand genuckelt“, erinnert sich Peter Panschischin. Beide sind beeindruckt.
Mutter kann aktiv mithelfen
Elias wurde 13 Tage vor dem errechneten Termin geholt. Er konnte nicht auf natürlichem Weg geboren werden, weil er falsch herum im Becken lag. Seine drei Jahre ältere Schwester Mila ist per Kaiserschnitt in Datteln geboren worden. „Damals wusste ich gar nicht, was hinter dem Tuch passiert“, sagt Lena Panschischin. „Jetzt konnte sie ich mithelfen.“
Während sonst der Arzt durch Druck auf den Oberbauch die Geburt auslöse, könne sich die Patientin nun nach Anleitung mit dem Oberkörper hochdrücken und mitpressen, erläutert Donat Romann. „Das war angenehm“, so Lena Panschischin.

Ein berührendes Erlebnis fanden Lena (28) und Peter (35) Panschischin den Moment, als sie die Geburt von Elias durch das Sichtfenster während des Kaiserschnitts sehen konnten. Chefarzt Dr. Donat Romann gratulierte dem Paar der ersten „First Look Sectio“ mit einem Blumenstrauß. © Quiring-Lategahn
Schon am Montag (23.9.) hat die Familie das Krankenhaus verlassen und ist nach Hause gegangen. Das Paar lebt in Olfen. Lena Panschischin, Krankenschwester im Klinikum, nimmt erst mal Elternzeit. Vater Peter, Leiter des Patiententransportdienstes des Krankenhauses, wird sich einen Monat lang der Familie widmen.
585 Geburten in diesem Jahr
Elias ist das 585. Baby, das in diesem Jahr im Klinikum Lünen zur Welt kam. „Die Zahlen liegen auf dem Niveau des Vorjahres“, so Donat Romann. Die Kaiserschnittrate in Lünen betrage zwischen 30 und 32 Prozent.
In Nordrhein-Westfalen wurden im vergangenen Jahr etwas mehr Babys per Kaiserschnitt geboren als im Jahr zuvor. Demnach erblickten laut Versichertendaten der KKH Kaufmännische Krankenkasse 33,1 Prozent der Neugeborenen per Sectio das Licht der Welt. Damit sind die Kaiserschnittgeburten gegenüber 2018 (32 Prozent) leicht gestiegen.
Im bundesweiten Vergleich liege Nordrhein-Westfalen leicht über dem Durchschnitt. Deutschlandweit betrug die Kaiserschnittquote im vergangenen Jahr laut KKH-Daten 31,6 Prozent.
Auf die Möglichkeit einer „First Look Sectio“ sei der Chefarzt von Eltern immer wieder angesprochen worden. „Vom Ablauf ist das für die Ärzte keine Umstellung“, so Romann.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
