Steigt eigentlich nur der Kreditzins? Sparkasse Unna Kamen: „Im Prinzip ja, aber ...“

Höhere Zinsen aufs Ersparte: „Gefragt ist jetzt eine ruhige Hand“
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Der Geldhaufen auf der hohen Kante schmilzt in Zeiten der Inflation wie Butter in der Sonne dahin. Und ein Kredit verteuert bei wieder steigenden Zinsen den Traum vom eigenen Häuschen – oder lässt ihn gar platzen. Wie reagiert daher die Sparkasse UnnaKamen auf die Aktivitäten der Europäischen Zentralbank (EZB)?

Die EZB hatte den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können, Mitte Juni ein weiteres Mal auf jetzt vier Prozent erhöht. Der sogenannte Einlagesatz, zu dem Banken Geld bei der EZB verwahren lassen, stieg zugleich von 3,25 auf 3,5 Prozent.

Ist nur der Kreditzins gestiegen?

Bei Sparern und Häuslebauern kommt seither gefühlt nur der höhere Kreditzins, nicht aber der höhere Sparzins an. Klaus Moßmeier ist zu lange im Geschäft, um mit dieser Frage nicht gerechnet zu haben.

„Die EZB setzt Impulse. Danach ist die Frage immer: Wie reagiert der Markt darauf?“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse UnnaKamen. Moßmeier macht mit einer einzigen Aussage gleich zu Beginn des Gesprächs deutlich, wie fragil die in einem Geldinstitut ausgearbeiteten Sparpläne und Kreditkonzepte sind. Moßmeier: „Unser Hauptrisiko sind Zinsänderungen!“

Wer sich zum Beispiel auf dem Vergleichsportal Verivox tummelt, mag angesichts dieser Aussage zunächst mit der Stirn runzeln: Wer am Mittwoch (19. Juli) nach den höchsten Zinsen für Festgeld in Höhe von 25.000 Euro (nur Angebote mit direktem Online-Antrag) suchte, fand als Spitzenreiter die Crédit Agricole aus Frankreich mit 4,05 Prozent. 1012,50 Euro hätte man bei diesem Angebot nach einem Jahr verdient. Dass das Kleingedruckte zu prüfen ist, versteht sich.

Santander bot einen Sparbrief für 3,5 Prozent und – für alle, die regionale Geldinstitute bevorzugen, womöglich am interessantesten – die Volksbank Rhein-Ruhr aus Duisburg bot 3,4 Prozent, die immerhin noch 850 Euro nach zwölf Monaten einbringen.

Nicht die Zinspolitik der Sparkasse

„Das ist gesund unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs – das bedeutet für uns: Hier kann sich keiner zurücklehnen“, räumt Klaus Moßmeier mit Blick auf die derzeitigen Ausreißer nach oben ein. Die Zinspolitik der Sparkasse sei dies nicht.

Für Einlagen bei der Bundesbank hatten Geldinstitute die landläufig Strafzinsen genannten 0,5 Prozent bezahlen müssen. Moßmeier: „Das hat zu Verwahrentgelten in Höhe sechsstelliger Beträge und darüber geführt. Das erklärt vielleicht das Verhalten vieler Banken“, vermutet der Sparkassendirektor mit Blick auf die nach der Zinserholung weiter recht niedrigen Sätze für kurzfristige Anlagen.

Sparkassendirektor Frank Röhr sieht bei Online-Verträgen mit Geldinstituten das größte Manko in der fehlenden Beratung.
Sparkassendirektor Frank Röhr sieht bei Online-Verträgen mit Geldinstituten das größte Manko in der fehlenden Beratung. © Udo Hennes

Moßmeiers Vorstandskollege Frank Röhr pflichtet bei und ergänzt: Warum möchte ein Kunde unbedingt Tagesgeld oder eine Summe bloß für ein Jahr anlegen? Die Frage, die er als Berater dann zuerst stelle: Was haben Sie denn insgesamt vor? „Beratung ist alles – ich muss Sie verstehen wie ein Hausarzt“, sagt Röhr.

Das bedeute im übertragenen Sinn: Ergründen, woher die Schmerzen kommen – und dann die richtigen Arzneien empfehlen. Angesichts einer Teuerungsrate von zuletzt 6,4 Prozent fehle bei Kunden häufig ein wichtiger Umsetzungsschritt, nämlich Geldentwertung und Zinsertrag bei kurzfristigen Geldanlagen gegenzurechnen. „Mit Blick auf die Inflation lindert das vielleicht den Schmerz. Aber wenn Sie 20 Euro auf ein Jahr gerechnet herausbekommen – ist es das wirklich?“, bildet Röhr ein beliebiges Rechenbeispiel.

Kurzfristiger Zinseffekt oder Erhöhung der Rente?

Nur allzu menschlich ist es sicherlich, wenn man einen fixen Gewinnbetrag nach kurzer Zeit greifbar auf dem Konto haben will. Das räumt auch Frank Röhr ein. „Eine ruhige Hand“ zu behalten rentiere sich aber.

Wer langfristiger anlege, müsse sich zwar gedulden und habe nicht sofort einen Ertrag in den Händen: „Natürlich spüren Sie das dann so direkt nicht“, so Röhr – zumindest nicht nach zwölf Monaten, dafür aber – und in diese Richtung argumentieren die beiden Bänker der Sparkasse – auf lange Sicht.

Frank Röhr lässt keinen Zweifel daran, dass die Sparkasse niemals auf den kurzfristigen Zinseffekt setzen werde: „Ich verstehe den Zinshype nicht. Mein Tipp sind langfristige Anlagen: Machen Sie das als Privatmensch, liegen Sie richtig damit.“

Der Sparkassendirektor bildet ein Beispiel mit den Arbeitnehmern bestens bekannten Vermögenswirksamen Leistungen. Wer den Höchstbetrag von 40 Euro monatlich vom Beginn seines Berufslebens an in einem Aktienfonds anlege, könne seine gesetzliche Rente durch den Ertrag um 350 bis 400 Euro aufstocken.

Festzins will langfristig kalkuliert sein

Das Prinzip gelte für jeden Sparplan, selbst wenn nur 25 Euro eingezahlt werden. Röhr: „Das hat eine große Chance, die Inflation zu schlagen.“ Spiegelbildlich müsse man die Kreditzinsen betrachten. Auch hier gelte die langfristige Bindung. „Der Festzins in Deutschland ist in dieser Form wohl weltweit einmalig“, sagt Klaus Moßmeier.

Die Vorstände der Sparkasse UnnaKamen, Klaus Moßmeier (l.) und Frank Röhr, beraten gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 80.000 Kunden.
Die Vorstände der Sparkasse UnnaKamen, Klaus Moßmeier (l.) und Frank Röhr, beraten gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 80.000 Kunden. © Udo Hennes

„Wenn wir heute den Marktzins von 4 Prozent nicht nähmen, hätten wir auch 1,5 Prozent vor einigen Jahren nicht langfristig vergeben können.“ Frank Röhr betont – sicherlich auch mit Blick auf jene Familien, denen es derzeit wieder schwerfällt, die teureren Baukredite zu bedienen – dass man als seriöser Berater auf alle Unwägbarkeiten hinweisen müsse. „Du läufst ins Risiko, wenn du dir nach dem Auslaufen des Festzinsvertrages 5 Prozent nicht leisten kannst“, warnt Röhr dann. Es müssten also Sicherheitspuffer wie eine hohe Tilgung in die Finanzierung eingebaut werden: 5 Prozent bedeuten dann 1,5 Prozent Kreditzins und 3,5 rozent Tilgung – wobei diese Zeiten für Neuverträge natürlich vorbei sind.

Die Sparkasse UnnaKamen hat rund 80.000 Kundinnen und Kunden und dabei ein höheres Kredit- als Einlagevolumen. Wenn der Anwurf kommt, dass Banken und Sparkassen doch gerade mächtig Geld dank des erhöhten Einlagezinses der EZB erwirtschafteten, pariert Klaus Moßmeier mit einem Hinweis auf die regionale Verwurzelung seines Hauses, das sich als Finanzier vor Ort begreife: „Unsere Kredite sind in der gewerblichen Wirtschaft und im Wohnungsbau – nicht bei der EZB.“