Zeugenaussagen im Missbrauchsprozess um Daniel Wolski Wieder fallen zwei Namen aus der Politik

Zeugenaussagen im Missbrauchsprozess Daniel Wolski: Mit Bürgermeisteramt und tollen Urlauben geprahlt
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Vorsitzender Richter Nils Feldhaus kommt am Mittwoch (10. April), dem vierten Verhandlungstag im Missbrauchs-Prozess Daniel Wolski (41) vor dem Landgericht Bochum, gleich zur Sache: Ob Nina Kotissek (31) die angebliche Verlobte von Wolski ist, will Feldhaus von dem Angeklagten und seinen Verteidigern wissen. Das Trio macht wie schon beim zweiten Prozesstag dazu keine Angaben - um die Privatsphäre der Verlobten zu schützen. Damit gibt Feldhaus sich nicht zufrieden.

Vielmehr stellt der als Hardliner bekannte Richter unmissverständlich klar, dass er kein Verständnis für dieses Aussageverhalten hat. Grund dafür ist, dass die Lüner SPD-Ratsfrau und ehemalige Vorsitzende der Lüner Jungsozialistinnen und -sozialisten (Jusos) am Freitag (12. April) als Zeugin vor Gericht aussagen soll. Denn der Staatsanwaltschaft liegen nach Informationen dieser Redaktion gesicherte Chat-Verläufe vor, wonach Wolskis mutmaßliche Sucht, auf Kontaktplattformen nach jüngeren Partnern zu suchen, schon während einer zurückliegenden Partnerschaft mit Kotissek zum Streit zwischen den beiden geführt hat. Die Staatsanwaltschaft sieht darin Anhaltspunkte für eine verfestigte sexuelle Neigung Wolskis zu Kindern und Jugendlichen.

Verlobt oder nicht?

Sollten Kotissek und Wolski indes verlobt sein, dann könnte die 31-Jährige von dem im Paragraphen 52 der Strafprozessordnung (StPO) verankerten Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Was Kotissek laut Feldhaus aber wohl nicht beabsichtigt: „Der Anwalt von Frau Kotissek hat mir am Telefon erklärt, dass sie aussagen will.“ Daraufhin zieht sich Wolskis Verteidigung, Dr. Arabella Pooth und Edgar Fiebig, zur zehnminütigen Beratung außerhalb des Gerichtssaals zurück. Danach erklären sie, dass der Strafkammer unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Name der Verlobten genannt werden soll. Außerdem bestätigen die Strafverteidiger gegenüber dem Vorsitzenden Richter, dass Kotissek am Freitag aussagen werde. Feldhaus scheint zufrieden und setzt den Prozess mit den angekündigten Zeugenaussagen von vier Polizeibeamtinnen fort.

Jede dieser Polizistinnen hatte eines der minderjährigen Wolski-Opfer im Auftrag des Bochumer Chefermittlers vernommen. Die Beamtinnen schildern an diesem Mittwochvormittag, was ihre damaligen Vernehmungen ergaben. Dabei zeigen sich immer wieder Parallelen, was die Art und Weise der Kontaktaufnahme, der Treffen und der durchgeführten sexuellen Handlungen gegen Geld oder Geschenke angeht. Die Kammer versucht offenbar zu ergründen, ob Wolski die schwierigen sozialen Umstände der Minderjährigen zu Befriedigung seiner sexuellen Interessen ausgenutzt hat. Laut einer Zeugin habe er auch damit geprahlt, stellvertretender Bürgermeister und erfolgreicher Politiker zu sein, der sich tolle Urlaube und Hightech-Geräte leisten kann.

Raffinierter Wolski?

Dazu passen Aussagen des Chefermittlers vom dritten Prozesstag (9. April), wonach Lünens früherer stellvertretender Bürgermeister und ehemaliger SPD-Ratsherr und Juso-Vorsitzender einer Frau aus Afrika ein Visum für Nacktbilder ihres Kindes versprochen hat. Einer anderen soll er vorgemacht haben, beim Geheimbund der Illuminaten (die Erleuchteten, Anm. d. Red.) zu sein. Fazit des Ermittlers: „Er war sehr manipulativ. Er hatte ein unglaublich gutes Gespür dafür, welche Knöpfe er bei wem drücken musste.“ Von dieser Raffinesse habe er (der Ermittler, Anm.d.Red.) in seiner jahrelangen Auswerte-Tätigkeit nichts Vergleichbares gesehen.

Wieder Kleine-Frauns

Wie schon am Dienstag fällt auch in der Verhandlung am Mittwoch wieder der Name von Lünens amtierenden Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (57, parteilos), gegen den die Staatsanwaltschaft Dortmund immer noch wegen des Verdachts der Weitergabe von Dienstgeheimnissen sowie versuchter Strafvereitelung im Zusammenhang mit dem Missbrauchs-Fall Daniel Wolski ermittelt. Wie berichtet, hatte Kleine-Frauns am 18. Januar 2023 Hinweise auf Fehlverhalten seines Stellvertreters per Mail erhalten und eine Fotografie davon an Wolski weitergeleitet. Den Wortlaut dieser Mail verliest Feldhaus am Mittwoch, weil es sich bei der vom Richter namentlich genannten Absenderin um die Mutter eines der minderjährigen Wolski-Opfer handelt. Demnach ist in der Mail die Rede davon, dass Wolski Sex mit Minderjährigen hat und entsprechende Kontakte suche, wofür es auch Zeugen gebe. Zudem wird klar, dass der Mail-Adresse kein „falscher Name“, wie von Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns in seinem Pressestatement vom 12. Dezember 2023 behauptet, zugrunde liegt. Vielmehr handelt es sich um den Geburtsnamen der Mutter. Die Frage unserer Redaktion, wie er zu der Einschätzung kommt, dass die Mail unter falschem Namen versandt wurde, beantwortete Kleine-Frauns im Januar dieses Jahres nicht.

Der Prozess wird Freitag (12. April) um neun Uhr fortgesetzt.

Das Bild zeigt die Verteidigung von Daniel Wolski, Dr. Arabella Pooth und Edgar Fiebig, während einer von ihnen erbetenen Beratungspause auf einem Flur des Landgerichts Bochum.
Das Bild zeigt die Verteidigung von Daniel Wolski, Dr. Arabella Pooth und Edgar Fiebig, während einer von ihnen erbetenen Beratungspause auf einem Flur des Landgerichts Bochum. © Storks