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Zahl der Obdachlosen in Lünen steigt in vier Jahren um 40 Prozent
Wohungslosenhilfe der Diakonie
Die Zahl der Wohnungslosen in Lünen ist in vier Jahren um 40 Prozent gestiegen. Wohnraum ist hart umkämpft. Die Diakonie warnt: Erst nach Verlust der Wohnung zu reagieren, ist gefährlich.
Aus der Obdachlosigkeit zurück in geregelte Wohnverhältnisse zu kommen, ist schwer. Und es wird immer schwerer. Denn der Wohnraum in Städten ist knapp und hart umkämpft.
Das trifft Menschen in finanzieller oder sozialer Not besonders hart. Wenn sie sich dann an die Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werks Dortmund und Lünen gGmbH wenden, stehen sie häufig schon auf der Straße, erklärt Leiterin Janine Birk.
Erstkontakt nach der Zwangsräumung
„Ich wurde gestern zwangsgeräumt“, sei laut Birk ein Satz, mit dem viele Erstgespräche bei der Wohnungslosenhilfe beginnen. Dann werde es schwierig.
Wären Betroffene schon vor der Zwangsräumung gekommen, hätten die Sozialarbeiter vielleicht besser helfen können. Zum Beispiel das Gespräch mit dem Vermieter suchen, um die drohende Obdachlosigkeit abzuwenden.

Janine Birk ist seit August 2019 Leiterin der Wohnungslosenhilfe der Diakonie in Lünen. Der knappe Wohnraum treffe wohnungslose Menschen besonders hart, sagt sie. © Matthias Stachelhaus
Aufgebaute Mietschulden machen die Suche nach einer neuen Wohnung noch schwieriger. „Bei Wohnungsbauunternehmen ist das in der Regel ein K.O.-Kriterium. Auch private Vermieter lassen sich mittlerweile die Schufa-Auskunft zeigen“, so Birk.
Zusätzlich stehen die Sozialarbeiter unter Zeitdruck. Finden sie nicht innerhalb von drei Monaten eine Bleibe für einen Wohnungslosen, werden weitere Hilfen nicht bewilligt.
40 Prozent mehr Wohnungslose
Ende 2014 gab es in Lünen 277 Menschen ohne Wohnung, Ende 2018 waren es laut Zahlen der Diakonie 392. Ein Anstieg von über 40 Prozent in vier Jahren.
Eine Ad-Hoc-Hilfe beim Diakonischen Werk sei dann die Einrichtung der Postadresse. Das ist auch deshalb wichtig, weil es ohne Anschrift kein Geld von Jobcenter, Arbeitsagentur oder Grundsicherungsamt gibt. Zweimal die Woche müssen die Gemeldeten dann am St.-Georg-Kirchplatz ihre Post abholen kommen. Sonst werden sie wieder abgemeldet.
Die Wohnungslosenhilfe der Diakonie Lünen
- Geöffnet ist die Wohnungslosenhilfe, St. Georg-Kirchplatz 4a, am Montag, Dienstag und Freitag von 8.30 bis 14 Uhr, Mittwoch von 8.30 bis 11 Uhr und Donnerstag 8.30 bis 16 Uhr. Termine am Nachmittag nach Vereinbarung.
- Tel. 02306 20 35 017
- Weitere Infos gibt es auf der Homepage unter www.diakoniedortmund.de.
Ansonsten gibt es Beratung und Unterstützung bei Amtsgängen. Oder auch ganz praktisch beim ambulant betreuten Wohnen. Zwei Trainings-WGs (je zwei Plätze) und drei Probewohnungen stehen der Wohnungslosenhilfe dafür zur Verfügung. Hier sollen die Bewohner lernen, wieder selbstständig zu Leben. Inklusive Mietzahlungen. Finanziell unterstützt wird das Projekt zusätzlich vom Kreis Unna. 4500 Euro pro Wohnung gibt es im Jahr.
Lange Suche nach neuer Wohnung
Eigentlich soll es für die Bewohner nach sechs Monaten in eine eigene Wohnung gehen. Durchschnittlich leben sie aber zwölf Monate in den Räumen der Diakonie, so Birk. Die Wohnraumprobleme zeigen sich auch hier.
Bereits 2018 monierte Ulrich Klink, 1. Vorsitzender des Vereins „Dach über dem Kopf“: „Der soziale Wohnungsbau vor allem für kleine Wohnungen ist völlig hinten rübergekippt.“ Ein Statement, das er jetzt erneut bekräftigt. Die Gäste in der Männerübernachtungsstelle bleiben länger als früher. „Der Anstieg ist deutlich erkennbar“, so Klink.
16 Personen können in Gahmen in Einzelzimmern untergebracht werden. Bis zu 22 Plätze gibt es maximal. Im Schnitt sind 11 Plätze pro Nacht belegt.
Klink spricht aber auch von einer qualitativen Veränderung. „Wohnungslose sind nicht nur wohnungslos. Oft gibt es Kombinationen mit Sucht, Kriminalitäts- oder Sozialproblemen.“ Und: Sie werden tendenziell immer jünger. Das verschärfe die soziale Problematik mittelfristig noch weiter, wenn die Rückkehr in geregelte Strukturen nicht gelinge.
Wohnungslose Flüchtlinge sind laut Klink in Lünen kein großes Thema mehr. Ende 2017, Anfang 2018 war das mal anders. „Die Situation hat sich aber wieder normalisiert.“
Früh melden, Zwangsräumung verhindern
Von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen hilft das natürlich auch nicht weiter. Sich möglichst früh bei der Diakonie melden und über Probleme sprechen hingegen schon.
„Wir haben auch schon Räumungen verhindern können“, sagt Janine Birk. Davon hat gegebenenfalls auch der Vermieter etwas, wenn er nicht auf offenen Mieten sitzen bleibt.
Beruflicher Quereinsteiger und Liebhaber von tief schwarzem Humor. Manchmal mit sehr eigenem Blick auf das Geschehen. Großer Hang zu Zahlen, Statistiken und Datenbanken, wenn sie denn aussagekräftig sind. Ein Überbleibsel aus meinem Leben als Laborant und Techniker. Immer für ein gutes und/oder kritisches Gespräch zu haben.
