Probleme gibt bei Ramona Staeubert wahrscheinlich mehr als Geld. Trotz einer Reihe von Schicksalsschlägen und akuter Geldknappheit kommt es für die 35-Jährige nicht in Frage, ihre Kinder zu Weihnachten nicht zu beschenken. Damit das klappen kann, spart sie schon seit Monaten: Regelmäßig packt die Alleinerziehende ihr Kleingeld aus dem Portemonnaie in Tüten, um davon ihren Kindern in wenigen Wochen ein schönes Fest bereiten zu können.
Mitten in der Pandemie hatte die alleinerziehende Mutter von drei Mädchen im Alter von 10, 13 und 16 Jahren ihren Job verloren. Der Grund war Überlastung. Die Lünerin war 19, als sie ihr erstes Kind bekam. Gearbeitet hat sie immer. Seit einigen Jahren kümmert sie sich außerdem um ihren Vater, der mit im Haus lebt. Dann die Pandemie mit ihren Homescooling-Phasen, die sie als Alleinerziehende extrem forderte, irgendwann machte ihr Körper einfach nicht mehr mit. Wegen Rheuma-Schüben musste sie sich mehrfach krankschreiben. Als sie dann Urlaub einreichte, um in der Homescooling-Zeit für ihre Mädchen da zu sein, reichte es dem Arbeitgeber.
Doch dem nicht genug: „Es war am Nikolaus-Tag letztes Jahr, als sie mir bei einer Routine-Untersuchung eine Diagnose stellten“, erinnert sich Ramona Staeubert. Gebährmutterhalskrebs. Im Frühjahr folgte die Operation. Im Moment gilt sie als geheilt. Wäre das noch nicht längst genug, gab es noch eine weitere Diagnose: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei ihr und ihren drei Mädchen. „Deshalb herrscht bei uns immer Chaos.“
Aufgrund ihrer Erkrankungen ist sie immer noch arbeitslos, „aber auf dem aufsteigenden Ast“, wie sie sagt. Eine Familienhilfe des Jugendamtes unterstützt sie mit den Kindern und sie bekommt psychologische Hilfe, die sie festigt. „Es ist schwer“, sagt Staeubert, „besonders herausfordernd ist das ständige Chaos. Aber wir versuchen, das Beste daraus zu machen.“ Manchmal weiß sie aber nicht, wie sie der Familie ein schönes Weihnachten bereiten soll. „Tolles Essen und einen Baum und Geschenke, all das gehört für mich zu Weihnachten einfach dazu.“
HartIV und teures Medikament
Die Kartons mit dem Weihnachtsschmuck stehen schon im Wohnzimmer schon bereit. Ramona und ihre Kinder können es kaum erwarten, sie gemeinsam auszupacken. Trotz all der Herausforderungen, oder vielleicht gerade deswegen, halten die vier zusammen und verbringen viel Zeit miteinander. „Wir sind eng beieinander“, erzählt die Mutter, „wir reden viel, machen Spieleabende, backen, kochen, gucken Filme. Bei uns ist es immer turbulent und nie langweilig.“ Aber: Es fehlt an Geld. Weil Ramona Staeubert ein Medikament nimmt, das ihr zwar verschrieben wird, sie aber mit mehreren Hundert Euro im Monat aus eigener Tasche und von ihrem Hartz IV-Satz zahlen muss, sind die Finanzen in diesem Jahr besonders knapp. Dazu kommen die neuen Herausforderungen: Inflation und Energiekrise.
Und Wünsche haben die Mädchen natürlich trotzdem, alle drei haben ihre Wunschzettel schon geschrieben: iPads, Barbies, ein Hover Board und Pullis wünscht sich die zehnjährige Jamila, bei der 13-Jährigen Elisa sind es „nur“ Klamotten und Moisha, die 16-Jährige, sagt: „Eigentlich wünsche ich mir nichts, ich hab doch alles. Dass ich an Weihnachten mit meiner Familie zusammen bin, macht mich glücklich. Spielen, essen, Geschenke auspacken. Einfach Familienzeit, das ist für mich Weihnachten.“

Ihre Wünsche möchte Ramona Staeubert ihren Kindern unbedingt erfüllen. Damit das geht, hat sie schon früh angefangen zu sparen: Alle Münzen hat sie nach Wert sortiert in Tüten und dann in einer Schüssel unter ihrem Bett gesammelt. „Besondere Münzen für besondere Tage“, nennt Staeubert sie. 558 Euro sind dabei zusammen gekommen, die sie nun für Weihnachten - Geschenke und alles, was dazu gehört - ausgeben kann. Für jedes Kind soll es ein großes Geschenk im Wert von etwa 50 Euro geben und außerdem Kleinigkeiten. Maximal 300 Euro dürfen es sein, hat sie gerechnet, „Wir wissen, dass es in diesem Jahr etwas weniger wird“, sagt Staeubert, „aber Weihnachten ohne Geschenke, ist kein Weihnachten. Das geht gar nicht.“ „Mama wird uns schon eine gute Zeit machen“, kommentiert Jamila, die Jüngste.
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