Es ist ruhig geworden um das Gebäudeenergiegesetz. Jenes Gesetz, das in den vergangenen Monaten zentraler Bestandteil sämtlicher politischer Diskussionen war. Das Bundesverfassungsgericht gab einem Eilantrag eines CDU-Abgeordneten statt, sodass das GEG somit nicht wie geplant vor der Sommerpause des Parlamentes verabschiedet wurde.
Kaputte Heizungen sollen laut dem GEG durch eine Heizung ersetzt werden, die auf Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Weiterhin ist es möglich, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt.
Neben den Eigenheimbesitzern stehen also auch die Wohnungsbaugesellschaften vor der Herausforderung, den CO2-Fußabdruck ihres Bestandes zu verringern.
Jan Hische (37) ist seit dem 1. Februar Vorstandschef der Wohnungsbaugenossenschaft Lünen (WBG) und somit verantwortlich für circa 4700 Wohneinheiten im Kreis Unna, mehr als die Hälfte davon in Lünen. Er sagt: „Wir wollen die Klimaziele erreichen. Es muss aber für alle finanziell tragbar sein, für den Mieter und die WBG. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns befinden.“ Zum aktuellen Zeitpunkt würden 70 Prozent des Bestandes mit Gas, 27 Prozent mit Fernwärme und drei Prozent mit Wärmepumpen beheizt. Letzteres mit steigender Tendenz.
Energiewende hat Priorität
Im öffentlichen Raum wurde das Heiz-Thema zwar erst in den vergangenen Monaten so richtig diskutiert, hinter den Kulissen ist die Umrüstung auf erneuerbare Energien bei der WBG aber schon länger im Fokus. In der Wohnungsbaubranche werde von einem „Klima-Pfad“ gesprochen, sagt Hische.
„Meine Vorgänger haben die energetische Sanierung des Bestandes schon vorangetrieben. Die Gebäudeeffizienz wurde verbessert, nun muss die zugeführte Energie klimaneutral werden.“ Jedes Gebäude müsse dabei individuell auf die bestmögliche Lösung geprüft werden, das mache die Umrüstung schwieriger.
Neubauten der WBG seien in den vergangenen fünf, sechs Jahren hauptsächlich mit Wärmepumpen ausgestattet worden, zuletzt auch kombiniert mit Photovoltaikanlagen und Stromspeichern, sagt der Vorstandschef. Im Innenstadtbereich seien Bestandsgebäude auch an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Lünen angeschlossen worden. „Jetzt müssen wir auswerten, wie das funktioniert. Die ganze Branche ist dabei, Erfahrungswerte zu sammeln.“
Damit ist auch der Bauverein zu Lünen beschäftigt der einen Bestand von über 5.500 Wohnungen im Portfolie hat. Im vergangenen Jahr investierte der Bauverein 18,7 Millionen Euro in Neubauten und energetische Sanierungen des Bestandes. Exemplarisch dafür stehen die 54 Wohnungen am Espelweg in Lünen-Brambauer, die im Januar 2021 saniert und mit Wärmepumpen ausgestattet wurden.
Der Vorstandsvorsitzende Andreas Zaremba sagt: „Mit solchen Sanierungen wie am Espelweg haben wir einen riesigen Mehrwert geliefert. Das kommt auch bei den Mietern gut an und wird uns zurück gespiegelt.“ Dem Ziel der Bundesregierung, bis 2045 klimaneutral zu werden, hat sich auch der Bauverein verschrieben.
Dafür wurde ein Plan entwickelt, der es vorsieht, jährlich den CO2-Ausstoß der Genossenschaft zu verringern. Bis 2031 soll der bisherige CO2-Ausstoß von 14.424 Tonnen um 40 Prozent auf 8.654 Tonnen reduziert werden. Dafür sind kontinuierliche Investitionen nötig. Bis 2045 will der Bauverein insgesamt 420 Millionen Euro in den klimafreundlichen Ausbau investieren.
Vorstandsmitglied Carsten Unterberg sagt, der finanzielle Aspekt sei bei der Energiewende mit die größte Herausforderung. Deshalb gehöre es auch zur Strategie, Teile des Gewerbebestandes (182 Einheiten) zu veräußern, um die Erträge in den klimafreundlichen Ausbau zu investieren.

Er betont, dass die Mieter bei dieser Herausforderung mitgenommen werden müssten. Denn: „Während diesen Sanierungen ist die Wohnqualität schon stark eingeschränkt.“ Um die Fenster zu wechseln und die Räume zu sanieren, brauche es insgesamt über einen Monat. Damit die Mieter immer einen Ansprechpartner haben, beschäftigt der Bauverein eigene Bauleiter, die mit den Objekten vertraut sind. „Es ist schwierig, aber es lohnt sich. In den nächsten 50 Jahren muss dann außer der Instandhaltung nichts mehr getan werden.“
Zum aktuellen Zeitpunkt wird 18 Prozent (circa 995 Wohneinheiten) des Wohnungsbestandes mit Fernwärme der Stadtwerke Lünen versorgt und circa 6 Prozent (geschätzt 350 Einheiten) sind dank Wärmepumpe und Grünstrom bereits klimaneutral. Ausgeklammert ist der Wohnungsstrom, darüber haben die Mieter freie Wahl.
Für die Allgemeinversorgung der Immobilien entschied sich der Bauverein hingegen bereits vor drei Jahren für Grünstrom, erklärt Zaremba. Eine Ölheizung gebe es nur noch in einem Haus mit zwei Wohnungen auf der Kreuzstraße in Lünen, der Rest des Bestandes wird noch mit Gas beheizt.
Grundsätzlich sind beim Bauverein in Neubauten die Luft-Wärmepumpen als Heizsystem gesetzt. Der Vorstandsvorsitzende erklärt dies an einem Beispiel eines Wohnquartiers in Dortmund-Bövinghausen, das abgerissen wurde und sich im Neuaufbau befindet.
Autarkie ist nicht umsetzbar
Mit PV-Anlagen kann emissionsfreier Strom selbst produziert und genutzt werden, unter Umständen sogar für eine Wärmepumpe. So sähe gemäß dem GEG ein optimaler Kreislauf aus. Ob das aber im ganzen Jahr für alle funktionieren kann, bezweifelt WBG-Chef Jan Hische. Er sagt: „100 Prozent Autarkie wird man auch damit nicht hinbekommen.“ An einem Gebäude in der Preußenstraße in Horstmar habe die WBG bereits Solarflächen an den Balkonbrüstungen befestigt. Dies sei gemacht worden, „um festzustellen, wie der Ertrag im Winter ist, weil dann die Sonne tiefer steht“.
Bislang basieren die Entscheidungen zur Nachhaltigkeit auf unternehmerischer Eigeninitiative. Der endgültige Gesetzestext liegt noch nicht vor. Fördermittel, Übergangsfristen, Ausnahmen - viele Informationen sind noch immer nicht spruchreif. Es könnte gesetzliche Einschränkungen geben, die nahezu unmöglich zu erreichen sind, befürchtet Jan Hische. Andererseits gebe es aber auch keine Zeit mehr, noch lange mit der Energiewende zu warten.
Wärmeplanung abwarten
Bis 2028 möchte und muss die Stadt Lünen einen kommunalen Wärmeplan vorlegen, der aufzeigt, wie in der Lippestadt der Übergang von der fossilen zur klimaneutralen Wärmeversorgung aussieht. Für die WBG spielt dieser Wärmeplan eine tragende Rolle. Hische sagt: „Man braucht eine gewisse Zeit, um die Objekte vorzubereiten. Es ist deshalb schon sinnvoll, sich an die kommunale Wärmeplanung zu halten. Wir stehen auch mit den Stadtwerken im Austausch und gucken, in welche Richtung es dort mit dem Fernwärmenetz geht.“
Warmmiete soll gleich bleiben
Der WBG-Chef kommt immer wieder auf das Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Klimaneutralität zu sprechen, in dem sich auch seine Mieter befinden. Acht Prozent der Sanierungskosten dürfen Vermieter laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch auf die Jahresmiete umwälzen.
Das will Hische nicht ausreizen: „Den gesetzlich möglichen Prozentsatz an Mieterhöhungen bei Modernisierungen nutzen wir regelmäßig nicht komplett aus. Im besten Fall bleibt die Warmmiete gleich. Das heißt: Durch die Sanierung wird die Kaltmiete höher, es sinken aber die Energiekosten für den Mieter.“
Carsten Unterberg peilt mit dem Bauverein das gleiche Ziel an. Er sagt: „Es ist fürchterlich, welche Kettenreaktion es mit dem Krieg und den Strom- und Gaspreisen in der Vergangenheit gab.“ Deshalb soll die „zweite Miete“ durch Sanierung und bessere Dämmung der Gebäude sinken.
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