Lüner Wandkunst gefährdet Werk von Hermann Nüdling droht mit Gebäudeabriss zu verschwinden

Werk von Hermann Nüdling droht mit Gebäudeabriss zu verschwinden
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Die Osterfeldschule braucht mehr Platz. Es ist zu eng, obwohl die Grundschule schon auf zwei Standorte verteilt ist. Der Umzug in einen Neubau im Sommer 2023 an die Virchowstraße wird die Schule wieder in einem Gebäude vereinen. Es ist eine Lösung, auf die seit Jahren hingearbeitet wird. Für den alten Bau der ehemaligen Nikolaus-Groß-Schule, den heutigen Teilstandort Virchowstraße der Osterfeldschule, rollen dann die Abrissbagger an.

Und genau hier liegt das Problem. ln der Pausenhalle gibt es eine künstlerische Kostbarkeit. Sie ist typisch für die 50er Jahre, reliefartig und das Werk eines Lüner Künstlers. Der ehemalige Stadtgrafiker und Kulturpreisträger Hermann Nüdling hat 1959 mit einer Konditorspritze das Wandgemälde auf den Putz aufgetragen. Wird das Gebäude abgerissen, würde auch das Werk verschwinden.

Acht mal zwei Meter groß ist das Wandbild, das Generationen von Schülerinnen und Schülern kennen. Es hängt im Eingangsbereich, dort, wo jegliche Art von Schulfeiern stattfinden. Das in roter und gelber Farbe gehaltene Werk sei immer da gewesen, berichtet Schulleiterin Iris Lüken. Es gehöre einfach dazu. Auch sie habe anfangs gar nicht gewusst, dass es etwas Besonderes ist.

Das wissen allerdings der Lüner Filmemacher Knut Thamm und Museumsleiterin Dr. Katja Stromberg. Thamm hat unlängst auf das Werk aufmerksam gemacht, damit es nicht in Schutt und Asche fällt. Er kennt den inzwischen gestorbenen Hermann Nüdling aus vergangenen Zeiten, als er in der von Nüdling gegründeten Kindermalschule mit Grundschülern arbeitete.

Katja Stromberg sieht in dem Werk etwas Typisches für die 50er Jahre und für den Künstler Hermann Nüdling. „Mich sprach es an, weil man es auch museumspädagogisch nutzen kann, etwa als Motiv für Ton- oder Gipsarbeiten“, sagt sie. Sie hält es für erhaltenswert - auch, weil es ein Stück Stadtgeschichte sei.

In der Pausenhalle der Osterfeldschule am Teilstandort Virchowstraße hängt das Nüdling-Kunstwerk. Das Gebäude soll abgerissen werden.
In der Pausenhalle der Osterfeldschule am Teilstandort Virchowstraße hängt das Nüdling-Kunstwerk. Das Gebäude soll abgerissen werden. © Goldstein (A)

Werk als Kulisse gedacht

Hermann Nüdling selbst habe sein Werk als Kulisse bei Theaterspielen oder Schülerkonzerten wissen wollen, erklärt Knut Thamm. Das Gemälde zeigt einen Musiker mit zwei Flöten, umgeben von Tieren und Pflanzen.

Nüdling selbst hat dazu gesagt: „Dargestellt ist der nach Wissen und Reife strebende junge Mensch zwischen den Kraftfeldern des klaren, lichtfrohen Daseins des Tages und dem rätselvollen, dunklen Treiben der Nacht, wodurch gleichsam die Mächte des Guten und des Bösen symbolisiert sind. Ein solches Motiv für eine Volksschule klug und folgerichtig darzustellen, bringt besondere Schwierigkeiten mit sich, da die Schüler sehr behutsam mit der Eigengesetzlichkeit moderner Darstellungsweise vertraut werden müssen. So habe ich bewusst auf alle irritierenden und problematischen Abstraktionsversuche verzichtet, um ein unmittelbares Einwirken auf die Sechs- bis Vierzehnjährigen zu ermöglichen. Die Fabulierfreudigkeit der Schüler soll nicht durch Missverständnisse getrübt werden.“

Einlagerung ist möglich

Doch es gibt Hoffnung für das Wandgemälde. Katja Stromberg hat einen Restaurator, der auch schon in puncto Villa Urbahn für Lünen arbeitet, hinzugezogen. Es sei möglich, das Werk von vorne zu schützen, es abzunehmen und mit einer Holzverschalung zu versehen. So könne es für zehn Jahre eingelagert werden. Das könnte im Museumdepot geschehen. Es sei auch möglich, Motive herauszutrennen.

Welche Kosten mit der Konservierung verbunden sind und was nun mit dem Kunstwerk geschieht, darüber entscheidet letztlich die Politik. Knut Thamm wünscht sich, dass es nicht so läuft wie beim Stadtbad. Dort gab es ein Mosaik an der Wand hinter dem Sprungturm, das mit dem Abriss verschwunden ist.

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