.Der emeritierte Domkapitular Walter Böcker ist in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Alter von 88 Jahren in Münster gestorben.

.Der emeritierte Domkapitular Walter Böcker ist in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Alter von 88 Jahren in Münster gestorben. © Bistum Münster

Walter Böcker tot: Vom Arbeiterkind aus Lünen zum Domkapitular in Münster

rnBistum Münster

Selbst mit 88 war er fast täglich im Internet unterwegs, auch beruflich. Walter Böcker, Arbeiterkind aus Lünen, war Seelsorger: emeritierter Domkapitular. In der Nacht zu Sonntag ist er gestorben.

Lünen/Münster

, 28.08.2022, 15:13 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sein letzter öffentlicher Facebook-Eintrag ist gut drei Wochen her: ein Foto von seinem kleinen, weißen Spitz Leo. Weiter unten finden sich auch Aufnahmen von seinen sprechenden Graupapageien und dazwischen Motive aus Münster, seiner Wahlheimat. Walter Böcker hat mit der Internet-Gemeinde geteilt, was ihm wichtig war: die Haustiere, Spendenaufrufe und Appelle, sich gegen Corona impfen zu lassen, aber auch kritische Berichte über die Krise der katholischen Kirche und die zu seinem Bedauern ins Stocken geratenen Reformbemühungen.

Bischof Genn: „Böcker war ein wirklicher Menschenfreund“

Eine so große Online-Präsenz ist eher ungewöhnlich für einen 88-Jährigen. Aus seiner Generation kenne er da keinen anderen, hatte er einmal in einem Interview gesagt. Walter Böcker sah darin eine Facette seiner priesterlichen Arbeit, die er seit 60 Jahren ausübte. Damit ist jetzt Schluss. Der gebürtige Lüner starb in der Nacht zu Sonntag (28. 8.).

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Münsters Bischof Dr. Felix Genn würdigte den Verstorbenen in einer ersten Stellungnahme so: „Walter Böcker war ein wirklicher Menschenfreund. Er suchte den Kontakt zu den Menschen, wollte als Priester und Seelsorger für sie da sein. Er war stets offen für Neues und war ein sehr kommunikativer Mensch.“ Genn beschrieb den Lüner als „einen freundlichen, oft lächelnden, an anderen interessierten, humorvollen, am Puls der Zeit stehenden Menschen“. Die katholische Kirche im Bistum Münster habe Walter Böcker viel zu verdanken.

Neunköpfiger Familie fehlte das Schulgeld bis zum Abitur

Dass er so einen Lebensweg einschlagen würde, hatte dem Arbeiterkind Böcker niemand an der Wiege gesungen. Er kam 1934 als Sohn eines Eisenformers zur Welt. Dessen kleiner Lohn musste für den Unterhalt einer neunköpfigen Familie reichen. Die Oma als Taufpatin hatte sich zwar schon früh gewünscht, dass der kleine Walter einmal Priester werde. Aber in einer Zeit , als der Besuch der höheren Schule noch Schulgeld kostete, wäre das ein frommer Wunsch geblieben, wenn der Junge nicht selbst in allen Ferien mitgearbeitet hätte: auf der Eisenhütte, in der Gärtnerei, unter Tage. Nach wenigen Jahren reichte das aber nicht mehr. Walter Böcker verließ das Gymnasium nach der mittleren Reife und begann eine kaufmännische Ausbildung. Seine Oma erlebte nicht mehr, dass sich ihr Wunsch doch noch erfüllte.

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In einem Interview erzählte Böcker, wie der damalige Kaplan ihn überzeugte, Priester zu werden. Und wie er für ihn Sponsoren suchte, damit er auf ein Internat wechseln könnte. Die Ferienjobs waren aber trotzdem weiter nötig. Nach Abitur und Studium machte Böcker in der Kirche schnell Karriere. Nach Stationen in Duisburg, Münster, Düsseldorf und Xanten wurde er 1984 Dompfarrer in Münster und von 1987 bis 2009 Domkapitular: eine Art Gegenüber des Bischofs, das leitende Aufgaben wahrnimmt, aber auch eine kritische Instanz ist.

Totenmesse als Livestream am 2. September

Missbrauch, Reformstau und Austrittswellen ließen ihn nicht kalt. Er ärgere sich darüber, dass der innerkirchliche Erneuerungsprozesse ins Stocken geraten sei und es „manche Rückschläge in der Ökumene, unnötige Kontroversen und Blockbildungen“ gebe, sagte er schon im Juli 2018. .

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Die Totenmesse zu seinem Gedächtnis findet am Freitag, (2. 9.) im Paulus-Dom zu Münster statt. Dass diese Feier live im Internet zu sehen sein wird auf der Homepage des Bistums sowie auf dem YouTube- und Facebook-Kanal des Bistums Münster hätte den Social-Media-Freund Walter Böcker gefreut.

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