Vom Huhn zum bunten Ei Ein Blick hinter die Kulissen des Eierproduzenten Hof Freisendorf in Lünen

Vom Huhn zum Ei: Ein Blick hinter die Kulissen des Hof Freisendorf
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249 Eier verspeiste ein Deutscher 2024 im Schnitt und damit zehn mehr, als noch im Jahr zuvor und 17 mehr als noch 2021. Vielleicht treibt auch alljährlich die Osterzeit die Verzehrzahlen in die Höhe. Denn was ist schon ein Nestchen, ein Osterbrunch oder eine Fensterbrettdeko ohne buntgefärbtes Ei? Anlass, in dieser Hochzeit des Eierkonsums einmal hinter die Kulissen eines lokalen Eierproduzenten zu schauen: Dem Hof Freisendorf in Lünen-Niederahden, für den die Eier- und Suppenhuhnproduktion ein wichtiges Standbein ist.

Im Hofladen an der Dorfstraße 29 stapeln sich am Donnerstag vor Ostern die Eierkartons voll gefärbter Eiern. Vor Wochen schon begann die Familie, Eier zu sammeln und zur Seite zu legen. Kunden konnten vorbestellen. Vor ein paar Tagen dann wurden 5000 der hofeigenen Eier zu einem Bauern in Iserlohn gebracht, der (laut eigenen Angaben), die größte Eierfärbemaschine Südwestfalens besitzt. Dort wurden die Freisendorf-Eier gekocht und gefärbt, um anschließend von Hofladen-Kunden gekauft zu werden. „Die Eier zu färben, bedeutet für uns Mehrarbeit“, erklärt Julius Freisendorf, „aber es ist eine Veredelung unserer Produkte und hat Tradition. Unsere Kunden erwarten das einfach zu Ostern.“ Vier bis fünf Wochen sind Eier haltbar, sodass die Haltbarkeit auch trotz des Ansammelns und Aufbewahrens gewährleistet ist.

Gefärbte Eier in Kartons auf der Theke
Die Eier der eigenen Hennen werden gesammelt und einige Tage vor Ostern nach Iserlohn gebracht, wo ein Bauer sie färbt. Die Nachfrage bei dem Niederahdener Landwirt nach gefärbten Eiern ist vor Ostern riesig. © Kristina Gerstenmaier

1200 Legehennen

Denn auch Freisendorf Hühner werden nicht plötzlich produktiver, nur weil Ostern vor der Tür steht. Durchschnittlich 0,8 Eier legen sie. Und Julian Freisendorf tut viel, um eine hohe Legehäufigkeit zu bekommen. Denn klar ist: Zufriedene Hühner legen viele und schmackhafte Eier. Wenn sie ihre Arbeit des Tages erledigt, ihr morgendliches Ei gelegt haben, dürfen die Hennen zum Beispiel in den „Wintergarten“, sich dort tummeln, scharren und picken. Mittags wird automatisch ein Rollladen heraufgelassen, um den Hühnern den Zugang zum Tageslicht zu verschaffen. Hier scheint nicht nur die Sonne herein, hier riecht es auch deutlich angenehmer, als drinnen im Stall. Dort wiederum ist es eng - 1200 Legehennen tummeln sich in zwei Ställen.

Im oberen Bereich des Stalls gibt es die Nester. Daneben kommt der Kotbereich und schließlich, auf dem Boden, der Scharrbereich. Außerdem gibt es Picksteine und Luzerne, die das natürliche Scharren und Picken der Hühner anregen und so Federpicken und Kannibalismus vorbeugen sollen. Julian Friesendorf, der zu Beginn des Jahres den Betrieb offiziell von seinem Vater übernommen hat, betreibt Bodenhaltung und damit Haltungsstufe 2. Der Wintergarten, zu dem etwa die Hälfte seiner Hühner Zugang hat, ist schon ein erster Schritt Richtung Freilandhaltung. Das an den „Wintergarten“ angrenzende Gelände ist dafür bereits vorbereitet und soll für 400 Hühner noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden.

„Haltungsform ist Kompromiss“

„Natürlich soll es den Hühnern gut gehen“, betont der Landwirt. Die größte Herausforderung besteht für ihn jedoch in der Gradlinie zwischen dem Tierwohl und dem, was die Kunden bereit sind zu zahlen. Momentan kostet ein Freisendorf-Ei je nach Gewicht zwischen 23 und 35 Cent. Nach Ostern wird er aber die Preise um zwei bis drei Cent pro Ei anheben müssen. „Die Allgemeinkosten sind einfach gestiegen“, erklärt der 35-Jährige. „Aber wir wollten das nicht ausgerechnet vor Ostern tun“, fügt er hinzu. Während Corona hätten sich viele Kunden plötzlich mit der Thematik der Tierhaltungsformen auseinandergesetzt. „Dauerhaft war der Konsument aber nicht bereit, hohe Preise zu zahlen“, weiß Freisendorf. Es gebe Kunden, denen sei der Preis „völlig egal“. Aber schon die Familien mit Kindern, die eine gewisse Menge benötigen, müssten auf die Preise achten.

„Bodenhaltung ist für uns ein Kompromiss zwischen Tierwohl und Produktivität“, sagt er und erklärt: „Aus Sicht der Quantität ist die Käfighaltung am produktivsten. Die Industrie braucht auch nach wie vor billige Eier. Der allgemeine Kauf-Trend geht aber in Richtung Freilandhaltung. Wir sind einfach komplett dem Preisdruck ausgeliefert.“

Ein Mann steht vor einem Fließband und sortiert die Eier.
Auf einem Fließband werden die Eier aus dem Stall transportiert, wo sie Mitarbeiter Manuel Raczkowski abbürstet, wiegt und dann nach Größe sortiert. © Kristina Gerstenmaier

Allgemein und auch im Hofladen sei die Nachfrage aktuell so, dass er keine Überproduktion an Eiern habe. „Bei uns bleiben keine Eier übrig. Früher war das schon manchmal anders. Da mussten wir welche als Notlösung an Eieraufschlagsbetriebe verkaufen. Aktuell haben wir knappe Eier.“ Eieraufschlagsbetriebe werden solche genannt, die dann Fabriken beliefern.

„Die Legehennenhaltung ist entstanden, als wir unsere Schweine aufgegeben haben“, erzählt Julian Freisendorf. Die Käufer nähmen immer mehr Abstand vom Schweinefleischkonsum. Rindfleisch sei teuer. „Der Trend geht Richtung Geflügel“, so Freisendorf, der den Hof gemeinsam mit seiner Frau Nicole in inzwischen dritter Generation betreibt. 14 bis 15 Monate leisteten die Tiere gute Dienste als Legehennen. Dann werden sie geschlachtet und als Suppenhühner im Hofladen verkauft. Die Aufzucht von Hühnern, deren Filet verkauft werden kann, hat Freisendorf hingegen ebenfalls aufgegeben. „Der Kunde wollte jede Woche frische Ware“, erklärt er. „Dem konnten wir nicht nachkommen.“ Neben der Freilandhaltung möchte er in diesem Jahr die Imkerei ausbauen und Heidelbeeren neu in das Sortiment der Ackerprodukte aufnehmen.

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Schon gewusst? Drei Fakten über Hühnereier

  • Ob ein Huhn weiße oder braune Eier legt, hängt nicht von der Ferderfarbe des Huhns ab, sondern von der Rasse. Außer zu Ostern, wofür weiße Eier leichter zu färben sind, bevorzugt der NRWler braune Eier. Und auch Freisendorf hält nur braunlegende Hühner.
  • Eierschale ist halbdurchlässig. Das bedeutet, dass Eier von den Betrieben nicht gewaschen werden dürfen, da Wasser durch die Schale dringen könnte.
  • Käfighaltung wird mit Haltungsform 3 gekennzeichnet, Bodenhaltung, bei der die Hühner frei laufen können und einen eigenen Kotraum haben, mit 2, Freilandhaltung (4 Quadratmeter Freifläche pro Huhn) mit 1 und Bio mit 0.