Für Dagobert Ullrich ist es drei Tage vor Jahresende fast nicht möglich, ein kurzes Gespräch abseits seines Tagesgeschäfts zu führen. Seine Bären-Apotheke an der Münsterstraße sei „rappelvoll“. Die Arztpraxis von Dr. Arne Krüger über der Apotheke im Haus hat Dienst und vertritt andere Hausärzte, die zwischen den Jahren geschlossen haben.
Von dort suchen viele Patienten direkt den Weg zu Ullrich. „Wir haben absolut regen Zulauf heute“, erzählt der Pharmazeut am späten Donnerstagnachmittag (28. Dezember). „Die Leute kommen mit allem: Atemwegsinfekte, Grippe, Nebenhöhlenentzündungen, Magen-Darm, Mandelentzündung, Scharlach und auch Corona.“ Alle Arten von Medikamenten seien dieser Tage nachgefragt, vor allem aber Antibiotika und Fiebersäfte.
Ist das immer so zwischen Weihnachten und Silvester? Keine leichte Frage, findet Ullrich. Denn der Vergleich zum Apothekengeschäft aus früheren Jahren ließe sich schwer ziehen. Generell sei es in dieser Zeit immer etwas ruhiger gewesen. Wegen der diensthabenden Arztpraxen im Haus sei das diesmal aber schwierig.
Besonders schlimm war die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. Gemeinsam mit seiner Tochter stemmte er den Feiertags-Notdienst. „So etwas habe ich in all den Jahren noch nie erlebt“, erzählt er. „In einer solchen Nacht beißt man nicht in sein Butterbrot, da trinkt man keinen Kaffee, da geht man nicht einmal auf Toilette.“ 286 Menschen zählte er allein in dieser Nacht. „Und wir haben allen helfen können“, sagt Dagobert Ullrich nicht ohne Stolz. Dafür habe er sich lange vorbereitet und die Vorräte rechtzeitig aufgestockt. Denn noch immer seien sehr viele Medikamente - von Antibiotika, über Fiebersäfte bis Blutdruckmittel - nicht lückenlos lieferbar.
Vor allem kranke Kinder
Der Schwerpunkt habe auf erkrankten Kindern gelegen. „Es kamen viele, die erst in der Kinderklinik in Datteln waren. Einer hat erzählt, dass er mit seinem Kind 60 andere vor ihm abwarten musste“, so Ullrich. „Einer hat mich sogar um 5.30 Uhr morgens noch geweckt, weil er Corona-Tests wollte“, erinnert sich der Pharmazeut. Weit in die Münsterstraße hinein habe sich die Schlange der Wartenden gezogen. Ullrich selbst trägt hinter dem Verkaufstresen auch wieder Maske. Es ist ihm wichtig zu betonen, für wie sinnvoll er die Maßnahme hält, um sich vor Ansteckungen aller Art zu schützen. „Da muss ich wirklich an die Vernunft der Menschen appellieren“, sagt er. Dr. Arne Krüger, Sprecher der Lüner Ärzte, war am Donnerstag - wohl wegen der Flut an Patienten - nicht mehr zu sprechen.