Sanftes Wellenrauschen und Wasserplätschern an Felsen: Eduard Perisic lag auf dem OP-Tisch und war doch in einer anderen Welt. Während Dr. Martin Schröder, Chefarzt der Gefäßchirurgie am St. Marien Hospital Lünen, um das Leben des Patienten kämpfte und eine geplatzte Bauchaorta bei einer plötzlich aufgetretene Aussackung (Aneurysma) operierte, schaute sich Eduard Perisic Naturfilme an. Der 85-Jährige gehört zu den Patienten, die während einer Operation im St. Marien Hospital Videobrille samt Kopfhörer tragen. Die so genannte HappyMed-Brille ist seit Juni im Einsatz und hat viele Fans. Wie auch Eduard Perisic: „Ich war abgelenkt und habe nichts mitbekommen“, erzählt er fünf Tage später und lächelt.
Dem Patienten geht es gut. Er hat eine hochkomplexe Operation überstanden. Ohne sie würde er nicht mehr leben. Die Videobrille war sein Begleiter für anderthalb Stunden während des minimalinvasiven Eingriffs, bei dem Privatdozentin Dr. Christine Meyer-Frießem, Chefärztin für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin, auf eine belastendere Vollnarkose verzichten konnte. Nur bei Regional- oder Lokalanästhesie kommt die Videobrille zum Einsatz. Aus 50 Filmen, von Hollywoodstreifen über Opern bis hin zu Dokumentationen, können Patienten wählen, um während eines Eingriffs auf andere Gedanken zu kommen. Das St. Marien Hospital hat die Technik gemietet, deren Filme immer wieder aktualisiert werden. Vor allem Angstpatienten empfinden die Videobrille als hilfreich, weiß Meyer-Frießem. HappyMed ist jede Woche im Einsatz, auf Wunsch können auch entsprechende Dioptrien für Brillenträger eingestellt werden.
Eingriff durch die Leiste

Mit Rückenschmerzen war Eduard Perisic seinerzeit ins Krankenhaus gekommen. Es habe sich wie ein Stich mit dem Messer angefühlt. Die Ärzte sahen im CT, dass sich die Bauchschlagader an einer Stelle um mehr als das Doppelte auf 5,5 Zentimeter vergrößert hat. Eine Zufallsdiagnose. Wenige Tage vorher hatte die Aorta noch eine normale Größe von 2,5 Zentimetern. Dann ging alles ganz schnell. Denn an der Bauchschlagader, dem größten Gefäß des Köpers, war nicht nur die Aussackung, sondern auch ein Riss zu sehen, der noch durch Gewebe abgedichtet war. Solch ein geplatztes Aneurysma der Bauchschlagader ist lebensbedrohlich. 80 Prozent der Menschen sterben daran. Drei Stunden nach dem Befund lag Eduard Perisic samt Videobrille im OP.
Während ein Bauchaorten-Aneurysma vielfach per Bauchschnitt in einem drei- bis vierstündigen Eingriff operiert wird, wählt Chefarzt Martin Schröder in diesem Fall die schonendere und schnellere Methode durch Hautpunktionen in der Leiste. Durch kleine Zugänge schieben die Gefäßchirurgen unter Röntgenkontrolle von innen über zwei Drähte eine Stentprothese vor, die so groß ist wie ein Kugelschreiber. An Ort und Stelle entfaltet sich die Prothese und dichtet die betroffene Stelle ab. Ein Verfahren, das Schröder als Chefarzt im Lüner Klinikum eingeführt hat.

Bald wieder mobil
Eduard Perisic kam nach der OP zur Kontrolle auf die Intensivstation. Mit einem Druckverband wurde die Einstichstelle in der Leiste geschützt, die vorher mit spezieller Technik verschlossen worden war. Schon einen Tag später konnte er aufstehen. Inzwischen freut sich der Lüner darauf, bald wieder nach Hause zu kommen. Er ist schon mehrfach operiert worden. Doch das mit der Videobrille, das hat ihm gut gefallen.
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