Den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit einer lokalen Steuer auf Takeaway-Einwegverpackungen von Speisen und Getränken im Januar nimmt die Stadtverwaltung in Lünen positiv zur Kenntnis. „Grundsätzlich stärkt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die kommunale Selbstverwaltungsgarantie gemäß Artikel 28 des Grundgesetzes und ist daher zu begrüßen“, teilt Stadtsprecher Daniel Claeßen mit.
Aber: „Seit der Bestätigung der Rechtmäßigkeit einer solchen örtlichen Verbrauchssteuer durch das Bundesverfassungsgericht wurde das Thema durch die Verwaltung noch nicht erneut geprüft.“ Politisch diskutiert wurde das Thema zuletzt im September 2023. Damals folgte die Politik der Argumentation der Stadtverwaltung, vor einer Prüfung zur Umsetzung den nun gefallenen Gerichtsbeschluss abzuwarten.
Einen Bürgerantrag, in dem die Einführung einer Verpackungssteuer erneut gefordert wurde, hat der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) nun in den Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität (UKM) zur weiteren Beratung verwiesen. Die Meinungen zu dieser Forderung sind verschieden.
CDU-Fraktionschef Christoph Tölle setzt sich für Müllreduzierung „und die damit einhergehende Disziplinierung eigenverantwortlichen Handelns jedes Einzelnen“ ein, und zieht diese Verboten und Vorgaben vor. „Die Bürgerinnen und Bürger sind schon heute mit höheren Abgaben durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, dem Heizungshammer, dem Ausstieg aus fossilen Energien, hohe Inflation in den letzten Jahren verbunden mit deutlichen Preissteigerungen im Einzelhandel, belastet.“
Anreize statt Bestrafung
Die CDU halte es für geboten, eher mit Empfehlungen und Anreizen, statt mit finanzieller Bestrafung durch die Einführung einer Verpackungssteuer zu handeln. Zudem müssen die möglichen Rahmenbedingungen für solch eine Einführung geprüft werden, so Tölle. Der Städte- und Gemeindebund empfiehlt, zunächst die weitere Entwicklung auf der Gesetzgebungsebene des Bundes im Jahr 2025 zu verfolgen.
Karsten Niehues befürchtet, „dass sämtliche Produkte, in denen Verpackungsmüll anfällt, teurer werden würden, nicht nur die, die Einwegverpackungen wie Geschirr oder Besteck nutzen“. Der Fraktionsvorsitzende der FDP merkt an: Auch wenn man eine verstärkte Geschäftsaufgabe in Tübingen – wo es die Steuer bereits seit 2022 gibt – nicht feststelle, spiele Lünen in einer anderen Liga, was die Konsumenten angeht.
„Hier droht eine Einbuße an gastronomischer Vielfalt, jedenfalls aber eine merkbare Verteuerung der Produkte, da die Geschäfte diese Steuer nachvollziehbarerweise an die Verbraucher weitergeben würden.“
Müllreduzierung nicht belegt
Der Erfolg dieser Lenkungssteuer in Form von Müllreduzierung sei nicht nachgewiesen, nur die wirtschaftliche Belastung der Allgemeinheit. Daher stellt Karsten Niehues fest: „Mithin lehnt die FDP nach Erörterung in der Fraktion auch weiterhin die Einführung dieser Steuer ab.“
Die Grünen begrüßen ausdrücklich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Fraktionsgeschäftsführerin Silke Lenkeit teilt mit: „Dass die Verpackungssteuer gut funktioniert und einen positiven Einfluss auf die Stadt und deren Sauberkeit hat, zeigt Tübingen bereits seit 2022. Die Menge an Einwegverpackungen ist seit der Einführung deutlich gesunken und die Nutzung von Mehrweg habe sich seitdem um etwa das Zehnfache erhöht, sagt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.“

Mit dem aktuellen Urteil könne auch in Lünen die Planung der Umsetzung einer solchen Steuer neu diskutiert werden. Sie diene als Lenkungssteuer mit dem Ziel, Einwegverpackungen zugunsten von Mehrwegalternativen deutlich zu reduzieren. Lenkeit zeigt sich überzeugt: „Das Müllaufkommen im öffentlichen Raum, was auch bei uns ein Problem ist, wird durch diese Steuer reduziert und Umwelt und Ressourcen werden geschont.“
Kommune nicht zuständig
Die GFL-Fraktion und Geschäftsführer Alexander Ebert begrüßen, wenn Verpackungen reduziert oder recycelt werden. Hierzu gebe es aber einige Vorschriften. „Zudem ist aus Sicht der GFL-Ratsfraktion die kommunale Ebene nicht die sinnvolle föderale Ebene, um Verpackungssteuern zu beschließen“, so Ebert. „Dies sollte gegebenenfalls der Bundes- oder EU-Ebene vorbehalten sein, um eine einheitliche Regelung für alle Hersteller, Händler und Verbraucher zu erreichen“ – und somit keinen gesetzgeberischen Flickenteppich zu schaffen.
Deshalb unterstütze die GFL auch keinen möglichen Vorstoß einer anderen Fraktion oder der Stadt zur Einführung einer Verpackungssteuer in der Zukunft.
Die SPD hatte sich dafür ausgesprochen, den kürzlich eingereichten Bürgerantrag im zuständigen Fachausschuss vertiefend zu beraten. „Grundsätzlich kann diese Steuer einen Beitrag zur Reduzierung der Umweltbelastung durch Verpackungsmüll wie Einweggeschirr leisten, allerdings sind auch weitere Rahmenbedingungen bei einer Einführung abzuwägen“, merkt Fraktionsvorsitzender Rüdiger Billeb an.
Beratung im Arbeitskreis
Vor einer finalen Positionierung der SPD müsse das zunächst im zuständigen Fraktionsarbeitskreis beraten und anschließend in der Fraktion entschieden werden. Auch hier würden die Empfehlungen und Hinweise des Städte- und Gemeindebundes sowie Kosten und Nutzen berücksichtigt.
Die ablehnende Haltung der Sozialdemokraten zu einer Verpackungssteuer im Jahr 2023 resultierte aus dem damals erfolgten Hinweis der Verwaltung auf eine bevorstehende EU-Verordnung, so Billeb.
Auch die Fraktionen von Linke, Nachhaltigkeit und Wohlstand für Lünen (NWL) sowie AfD hat die Redaktion zu dem Thema angefragt. Bis Redaktionsschluss des Artikels am Freitagabend (14.3.) blieb eine Antwort allerdings aus.