Der Fall Kleine-Frauns kann noch nicht zu den Akten gelegt werden: Nach der Entscheidung des Amtsgerichts Lünen, kein Verfahren in der Sache zu eröffnen, hat die Staatsanwaltschaft Dortmund nun per Fax Beschwerde eingelegt: „Wir sehen weiter einen hinreichenden Tatverdacht“, erklärte ein Sprecher der Behörde am Dienstag (29.4.) gegenüber der Redaktion.
Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft dem Lüner Bürgermeister eine Verletzung des Dienstgeheimnisses vor. Kleine-Frauns hatte im Frühjahr 2023 eine Mail erhalten, in der er auf das Verhalten seines damaligen ehrenamtlichen Stellvertreters Daniel Wolski hingewiesen wurde. „Verführung Minderjähriger ist strafbar“, heißt es darin unter anderem. Wolski hat mittlerweile eingeräumt, Minderjährige für Geschlechtsverkehr bezahlt zu haben, war zu dem Zeitpunkt aber noch auf freiem Fuß. Kleine-Frauns verschob die Mail in den Papierkorb und leitete den Inhalt an Wolski weiter.
Anders als die Staatsanwaltschaft bezweifelt eine Richterin des Amtsgerichts Lünen, dass dieser Vorgang als Verletzung des Dienstgeheimnisses zu werten ist. Der Inhalt der E-Mail sei nicht konkret genug gewesen, er habe auch als Meinungsäußerung bewertet werden können. Dass ein Gericht die Verfahrenseröffnung nach Anklageerhebung ablehnt, ist ungewöhnlich, aber vom Prozedere so vorgesehen.
Weil die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt hat, muss die nächsthöhere Instanz, in diesem Fall das Landgericht Dortmund, jetzt entscheiden, ob möglicherweise doch eine Hauptverhandlung eröffnet werden muss. Eine Strafkammer wird diese Entscheidung schriftlich mitteilen, die Staatsanwaltschaft Dortmund rechnet damit, dass das einige Wochen dauern könnte. Zunächst habe die Staatsanwaltschaft auch noch Zeit, dem Gericht ihre Beschwerde zu begründen.
Bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts, hätte sich die Angelegenheit endgültig erledigt, Kleine-Frauns könnte ohne öffentliches Strafverfahren gegen ihn in den Wahlkampf starten. Muss doch ein Verfahren eröffnet werden, könnte dieselbe Richterin am Amtsgericht zuständig sein, die eigentlich schon das Hauptverfahren abgelehnt hatte.
Währenddessen wartet auch Daniel Wolski noch auf die Terminierung weiterer Prozesstage. Zwar stellte der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass Wolski ein Sexualstraftäter sei. Weil sich die Rechtslage in Bezug auf den Besitz von Kinderpornografie nach Prozessende jedoch zugunsten Wolskis geändert hatte, hat der BGH das Urteil teilweise aufgehoben – eine andere Kammer am Landgericht Bochum muss also ein neues Urteil fällen. Wolski war zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Gut möglich, dass diese Strafe in der Folge abgemildert wird.
