Usermeinung zur Kleiderordnung an Lüner Schule Über guten Geschmack kann man nicht streiten

Usermeinung zur Kleiderordnung an Lüner Schule: Über guten Geschmack kann man nicht streiten
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Bei der Verfolgung der Argumente für die neue Kleiderordnung an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass man hier etwas festschreiben will, was einem steten Wandel unterworfen ist: die jeweils herrschende Mode und unsere persönlichen Kleidungsvorlieben. Und dass man über etwas streitet, über das man eigentlich nicht streiten sollte, worüber sich aber vortrefflich streiten lässt: über den guten Geschmack.

Ich erinnere mich noch gut an meine eigene Schulzeit in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und an Begebenheiten, die sich bei mir eingeprägt haben. Meinem Klassenkameraden Bernd hatten seine Eltern einen Bekleidungswunsch erfüllt und eine Jeans (zu der wir damals noch Texashose sagten) mit der dazu gehörigen Jacke gekauft. Natürlich präsentierte er die neuen Kleidungsstücke stolz in der Schule. Doch schon in einer der Pausen rief der aufsichtführende Lehrer ihn zu sich: „Wie siehst du denn aus? Bist du jetzt amerikanisiert?“

Was in dem Kopf meines Klassenkameraden danach vorging, wage ich mir bis heute noch nicht auszumalen. Vorher oder nachher an der gleichen Schule: Unser Klassenlehrer hielt uns einen Standpauke, weil wir nachmittags einen zu engen Kontakt zu den Schülerinnen der parallelen Mädchenklasse pflegten. „Einige von euch wurden beim Spaziergang und Gespräch mit ihnen gesehen.“ Dabei ließ er sich auch über die Kleidung der Mädchen aus: „Ich habe ja nichts dagegen, wenn Mädchen an kalten Tagen Hosen anziehen, aber der Hintern darf dabei nicht abgebildet sein.“ Zur Erinnerung: Zur damaligen Zeit gab es spezielle Damenhosen, die den Reißverschluss an der Seite hatten. Die heute üblichen mit der Öffnung vorn verstieß gegen den guten Geschmack.

Wandel des Modegeschmacks

In den 60er-Jahren kam der Minirock auf, dessen unterer Saum weit oberhalb des Knies nahe der Schrittgrenze endete. Er wurde bei der Damenwelt begeistert aufgenommen und war das angesagte Kleidungsstück nicht nur bei den ganz jungen Mädchen. Sie alle wären wohl nach der Kleiderordnung der KKG ermahnt beziehungsweise nach Hause geschickt worden.

Das waren nur wenige Beispiele für den Wandel des Modegeschmacks. Ich gehe davon aus, dass die augenblicklich diskutierte Kleiderordnung von der Mehrheit der Schulkonferenz beschlossen und damit von der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft mitgetragen wird.

Eine Urabstimmung sieht die Allgemeine Schulordnung NRW ja nicht vor, vielleicht ergäbe die ein anderes Bild. Im Übrigen meine ich, dass eine Schule sich um wichtigere Dinge als um Schlabberhosen und zu viel Muskelsicht bei Jungen oder einen zu tiefen Ausschnitt bei Mädchen kümmern sollte. Sicher hat eine Schule neben dem Bildungs- auch einen Erziehungsauftrag, aber der sollte eher in Richtung Hinterfragen als bedingungsloser Anerkennung bestehender Normen gehen.

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