Alles begann Anfang des 20. Jahrhunderts. Spätestens im Jahr 1910, so heißt es in den Unterlagen des Lüner Stadtmuseums, startete Ernst Goormann seine Ausbildung am Orientalischen Seminar in Berlin, wo er zunächst Kolonialwissenschaften und später die Swahili-Sprache (Kisuaheli) studierte.
Nach bestandenen Prüfungen wurde er als Hilfsarbeiter an das Reichskolonialamt berufen. Anfang 1914 stieg Goormann zum Bezirksrichter in Moshi im Norden von Tansania am Kilimandscharo auf. Der Lüner Ernst Goormann (1883-1964) arbeitete als Kolonialbeamter in der deutschen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ (heute Tansania, Burundi und Ruanda) und ist nun Teil einer besonderen Ausstellung.
Suche nach der Herkunft
Eine digitale Ausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) nimmt die Herkunftsgeschichte von außereuropäischen Objekten in vier Museen der Region unter die Lupe. Unter dem Titel „‘Aus fremden Erdteilen. Geschenkt von Söhnen der Heimat‘ - Objektwege nach Westfalen-Lippe“ werden Verbindungen zur deutschen Kolonialgeschichte untersucht, wie der Landschaftsverband mitteilte.
Für die Ausstellung wurden die Sammlungen der Stadtmuseen in Iserlohn, Lünen und Menden sowie das volkskundliche Museum Hexenbürgermeisterhaus im lippischen Lemgo ausgewählt. Kooperationspartner ist die Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen. Provenienz bezeichnet die Herkunft einer Person oder Sache - und genau darauf liegt der Fokus der Ausstellung.
Nilpferdfuß für Visitenkarten
Ernst Goormann brachte von seinen Reisen einige Gegenstände mit in die Heimat. „Goormann sammelte unsystematisch kulturelle und alltägliche Gegenstände aus den Gegenden, in denen er sich während seiner Dienstzeit (1913-1918) aufhielt“, heißt es in der Ausstellung.
Größtenteils erwarb er Kunsthandwerk, welches ihn ästhetisch ansprach und den stereotypen Vorstellungen über afrikanische Kunst und Kultur entsprach. Dazu zählt unter anderem ein Elefantenkopf aus Mahagoniholz.

Zum Bestand gehört außerdem ein präparierter Nilpferdfuß. Dieser stammt von einem Nilpferd, welches Goormann auf einer Großwildjagd schoss, die unter den Kolonialbeamten und Plantagenarbeitern als Zeitvertreib sehr beliebt waren.
Über eine Nilpferdjagd berichtete Ernst Goormann in seinem Brief vom 17. Dezember 1913 aus Mwanza. Darin erwähnt er auch die Teile des Tieres, die er behalten wollte: den Kopf, die Zähne und die Füße. Der Lüner ließ einen Fuß als Visitenkartenhalter präparieren, die anderen wurden zu Blumentöpfen und Weinkühlern umfunktioniert. „Diese Objekte zeigten einen aus heutiger Sicht wenig respektvollen Umgang mit der Natur und dem Lebensraum der kolonisierten Länder“, teilte das LWL im Zuge der Ausstellung mit.
Nach seiner Tätigkeit in „Deutsch-Ostafrika“ erhielt Goormann einen Kolonialorden, den sogenannten „Löwenorden“. Er war eine inoffizielle Auszeichnung vom 1922 gegründeten Deutschen Kolonialkrieger-Bund in der Zeit der Weimarer Republik, welche von 1922 bis 1935 verliehen wurde.
Thema von großer Aktualität
Die Diskussion über die Herkunft von Sammlungsgut aus ehemals kolonialisierten Ländern wie den Benin-Bronzen oder der Büste der Nofretete und der Umgang der Museen damit sei weltweit von großer Aktualität, teilte der LWL mit. „Im Moment stehen vor allem die ethnologischen Sammlungen in den Metropolregionen im Fokus der Debatte“, sagt Kuratorin Isabelle Christiani vom LWL-Museumsamt.
Die neue digitale Ausstellung solle zeigen, dass auch kleinere Museen relevante Bestände außereuropäischer Objekte besitzen, deren Herkunft untersucht und kritisch hinterfragt werden sollte.
Die Ausstellung ist digital unter: https://themator.museum-digital.de/ausgabe/scrolltopic.php?&tid=1573 zu sehen.
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