
6000 Geflüchtete kamen zu Beginn des Ukrainekrieges in den polnischen Partnerkreis des Kreises Unna Nowy Sącz. Landrat Marek Kwiatkowski berichtet, wo sie aufgenommen wurden. © dpa/Heine
Ukrainekrieg: Wie Unnas Partner-Kreis in Polen den Flüchtlingsstrom bewältigt
25 Jahre Partnerschaft
Was Freundschaft heißt, haben der polnische Kreis Nowy Sącz und der Kreis Unna besonders in Zeiten des Ukrainekrieges gezeigt. Sichtbar wurde das beim Thema Flüchtlinge, aber auch beim Fußball.
Es wäre Anlass für ein rauschendes Fest gewesen: Die Partnerschaft zwischen dem polnischen Kreis Nowy Sącz südlich von Krakau und dem Kreis Unna feiert Jubiläum. Seit einem Vierteljahrhundert pflegen beide freundschaftliche Kontakte. Angesichts des Ukrainekrieges wurde die Feier bewusst klein gehalten. Wie wichtig Verbundenheit und Unterstützung sind, ist gerade in diesen Zeiten deutlich geworden.
Der Flüchtlingsstrom erreichte nach Ausbruch des Krieges vor allem Polen, und damit auch den ländlich geprägten Kreis Nowy Sącz nahe der ukrainischen Grenze. 6000 Ukrainer suchten dort plötzlich Zuflucht. Vorbereitet war der Partnerkreis darauf nicht. Dennoch wurden 4200 Geflüchtete in Hotels und Pensionen aufgenommen, 2000 kamen privat bei Familien unter, schildert Marek Kwiatkowski, Landrat von Nowy Sącz. Mit einer Delegation war er zum Jubiläum vom 10. bis 14. Oktober in den Kreis Unna gekommen.
Durch die Corona-Krise hatte es lange keine Begegnung zwischen den Kreisen geben können. In der besonderen Situation fuhr Mario Löhr, Landrat des Kreises Unna, im April nach Nowy Sącz. Er wollte aus erster Hand erfahren, was an Hilfe gebraucht wird. Der Kreis Unna unterstützte mit Hilfsgütern und Geld.
Es sei beeindruckend gewesen, wie schnell der Partnerkreis die Menschen aufgenommen habe, sagt Löhr. Inzwischen seien noch 3000 Geflüchtete dort. Einige sind wieder zurück, andere weiter gereist. Durch die Ähnlichkeit der Sprachen haben Ukrainer schnell Polnisch lernen können, ein Teil des Geldes aus dem Kreis Unna wurde für Sprachkurse genutzt.
Während in Nowy Sącz die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine zurückgeht, steigt sie im Kreis Unna an. Aktuell sind 3.193 Menschen bei der Ausländerbehörde des Kreises gemeldet. In Lünen sind es 925. Die Zahlen beziehen sich allerdings nicht auf die Erstaufnahmeeinrichtungen in Unna-Massen und in Selm.

Die Landräte Marek Kwiatkowski und Mario Löhr (links) ließen sich das Spiel der Delegationen anlässlich der 25-jährigen Partnerschaft nicht entgehen. Als Sieger ging das polnische Team vom Platz. © Alexander Heine
Festakt im Hansesaal Lünen
Im Hotel am Stadtpark in Lünen wohnte die Delegation aus Nowy Sącz. Zum Programm gehörte neben einer Stadtführung durch Lünen, einer Kreisrundfahrt sowie der Besichtigung von Schloss Cappenberg mit der Ausstellung 900 Jahre Barbarossa auch ein Abstecher in die Sportschule Kaiserau. Dort fand ein Fußballspiel zwischen Mitgliedern aus Politik und Verwaltung der beiden Kreise statt. Mit 7 zu 4 ging das Team von Nowy Sącz als Sieger vom Platz und konnte den neu gestifteten Wanderpokal mit nach Hause nehmen. Bei einem Gegenbesuch soll es eine Revanche geben.
Höhepunkt der Jubiläumstour, die am letzten Tag eine Stadionführung durch den Signal-Iduna-Park vorsah, war der Festakt im Hansesaal Lünen, musikalisch begleitet von der Neuen Philharmonie Westfalen. Man habe schon im Frühjahr verabredet, das Vierteljahrhundert der Partnerschaft zu feiern, berichtet Mario Löhr und ergänzt: „Allerdings wollten wir das im Bewusstsein tun, dass wir Krieg in Europa haben. Deshalb haben wir einen angemessenen Rahmen gewählt.“
Das hoben beim Festakt auch alle anderen Redner hervor, darunter Regierungspräsident Heinrich Böckelühr und der Vorsitzende des Kuratoriums der Auslandsgesellschaft, Wolfram Kuschke.
Kontakte weiter ausbauen
Für Landrat Marek Kwiatkowski standen vor allem die vielen Begegnungen in den 25 Jahren im Vordergrund. Sie seien der Beweis für eine lebendige Partnerschaft. Er verglich den Tag mit einer silbernen Hochzeit und ging davon aus, dass die Jahre bis zur Goldenen Hochzeit noch mehr Kontakte brächten.
Verabredet ist für das kommende Jahr ein Gegenbesuch in Polen. Es soll auch wieder einen Schul- und Kulturaustausch geben. „Ich will, dass die Menschen sich kennenlernen! Wenn sie sich kennenlernen, werden sie sich schätzen. Das ist die europäische Idee!“, so Löhr.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
