Schneeberge vor den Bushaltestellen und Gelenkbusse, die für den Schneematsch auf der Straße nicht gemacht sind: Die Eis-Spione der VKU empfehlen nach Sichtung: Stellt den Busverkehr ein!

Kreis Unna

, 08.02.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Esat Brahimi blickt in der VKU-Zentrale an der Lünener Straße auf die vielen Bildschirme, auf denen sonst alle Daten der 210 Busse, die im Kreis Unna unterwegs sind, übersichtlich abzulesen sind.

Jetzt gerade tut sich nichts. Gar nichts. Die VKU hat bis Dienstagmittag, 13 Uhr, alle Fahrten abgesagt. Zu viel Schnee auf der Straße. Aber vor allem: Zu viel Schnee in den Busbuchten, die nur schwer zugänglich sind. „Es war eine schwere Entscheidung, die wir immer wieder aufgeschoben haben“, sagt Brahimi und versichert: „Wir wollten niemanden im Schnee stehen lassen. Aber die Sicherheit der Fahrgäste und auch der Kollegen geht vor“, sagt er.

VKU-Fahrdienstleiter Esat Brahimi in der Leitstelle der VKU an der Lünener Straße in Kamen. "Es war eine schwere Entscheidung, den Verkehr einzustellen. Wir haben sie immer wieder aufgeschoben. Aber Sicherheit geht vor."

Fahrdienstleiter Esat Brahimi in der Leitstelle der VKU an der Lünener Straße in Kamen. „Es war eine schwere Entscheidung, den Verkehr einzustellen. Wir haben sie immer wieder aufgeschoben. Aber Sicherheit geht vor." © Carsten Janecke

Verkehrsmeister im Außendienst rücken um 4 Uhr aus

Esat Brahimi und die Betriebsleitung um Andreas Feld verlassen sich bei der Entscheidungsfindung auf die Einschätzung ihrer erfahrenen Verkehrsmeister im Außendienst, die bereits ab 4 Uhr die Straßen im Kreis Unna abfahren. Intern werden sie auch umgangssprachlich Eis-Spione genannt. Sie sind die Ersten am Morgen, die wissen, was auf den Straßen los ist.

Zu dem fünfköpfigen Trupp, der bis 22.20 Uhr abwechselnd im Einsatz ist, zählt Michael Magnus. Der 51-jährige Verkehrsmeister ist seit 1997 bei der VKU und kennt das Busgeschäft von der Pike auf. Er ist selbst Bus gefahren und springt immer noch ein, wenn Not am Mann oder der Frau ist. Er war 20 Jahre in der Leitstelle und auch bei der Fahrkartenkontrolle. Am Montag seine eindeutige Entscheidung. „Das Risiko ist zu groß. Es ist zu viel Schnee an den Haltestellen.“

Michael Magnus ist bei der VKU Verkehrsmeister im Außendienst und bei extremen Wetterlagen morgens ab 4 Uhr auf der Straße, um zu gucken, ob die Busse eingesetzt werden können.

Michael Magnus ist bei der VKU Verkehrsmeister im Außendienst und bei extremen Wetterlagen morgens ab 4 Uhr auf der Straße, um zu gucken, ob die Busse eingesetzt werden können. © Carsten Janecke

Zwei Zeitfenster, um den Fahrbetrieb zu aktivieren

Zwei Zeitfenster gab es am Montag, um den Fahrbetrieb doch noch zu aktivieren. Um 8 Uhr und um 11 Uhr. Bis dahin waren Magnus und seine Kollegen in Unna, Kamen, Bergkamen, Schwerte, Werne und Lünen unterwegs, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen.

1100 Haltestellen gibt es im Kreisgebiet. Die sind sie zwar nicht alle abgefahren, doch die Lage war klar. „Der geräumte Schnee lag hoch vor den Busbuchten, die damit nicht zu nutzen waren. Und hält der Bus auf der Straße, bleibt er im Schnee liegen und kommt nicht mehr weg“, so Magnus.

Sein Kollege Björn Ermer, der in Schwerte unterwegs war, ergänzt: „Die Bordsteine waren nicht mehr zu erkennen. Man sah ganze Haltestellen nicht mehr.“

Bevor die Busse morgens vom Betriebshof der VKU starten, werden sie per Standheizung vorgewärmt. Bis 11 Uhr standen sie am Montag in Bereitschaft, dann wurde ihr Einsatz abgesagt.

Bevor die Busse morgens vom Betriebshof der VKU starten, werden sie per Standheizung vorgewärmt. Bis 11 Uhr standen sie am Montag in Bereitschaft, dann wurde ihr Einsatz abgesagt. © Carsten Janecke

Fahrer harren bis 11 Uhr aus, um Entscheidung abzuwarten

Auf dem Betriebshof in Kamen standen am Montag 55 Busse im Wartestand – vom Taxibus bis zum Gelenkbus. Bis um 11 Uhr blieben die Fahrer in den Aufenthalts- und Besprechungsräumen coronagerecht, um die Entscheidung abzuwarten. Die ersten waren bereits um 4 Uhr morgens vor Ort: Dann sollten die ersten Fahrten losgehen. Die Busse waren bereits per Standheizung vorgewärmt worden.

Am Dienstag wird das zunächst nicht geschehen. Am Montagnachmittag fiel die Entscheidung, den Busverkehr auch am nächsten Tag mindestens bis 13 Uhr auszusetzen. Magnus hatte das am Morgen schon befürchtet. „Die Temperaturen gehen in den Keller, es könnte sehr glatt werden. Die Gelenkbusse schmieren bei diesen Straßenverhältnissen hinten weg.“ Zuletzt war der Busverkehr vor drei Jahren ausgesetzt worden, ebenso im Januar. Als das Sturmtief Friederike über den Kreis Unna fegte.

Michael Magnus vor der Dynamischen Fahrgastinformationstafel am Bahnhof Kamen. Den Text hat er an der Lünener Straße ins System eingegeben.

Michael Magnus vor der Dynamischen Fahrgastinformationstafel am Bahnhof Kamen. Den Text hat er an der Lünener Straße ins System eingegeben. © Carsten Janecke

Warum woanders noch Busse fahren

Dass in anderen Kommunen bei derlei Wetter die Busse teilweise noch fahren wie im Märkischen Kreis, habe unterschiedliche Gründe, wissen Magnus und seine Kollegen. Einerseits durch das Linienprofil mit vielen Hauptstraßen, wo man im eher ländlichen Bereich unterwegs ist und nicht im Stadtverkehr des Kreises Unna mit seinen vielen Nebenstraßen. Andererseits durch die Priorisierung der Stadtverwaltungen beim Schneeräumen. „Hier hatte heute eindeutig Priorität, dass die Straßen frei sind und erst einmal nicht die Busbuchten.“

Kräfte des Bauhofs an einer Bushaltestelle am Bahnhof, die gegen Mittag geräumt wird.

Kräfte des Bauhofs an einer Bushaltestelle am Bahnhof, die gegen Mittag geräumt wird. © Carsten Janecke

Kunden informiert an den Bushaltestellen

Die Verkehrsmeister, die am Morgen unterwegs waren, informierten jene Kunden, die an den Bushaltestellen warteten, dass der Bus nicht mehr kommen wird. Die Dynamische Fahrgastinformation, die elektronisch über den Ausfall informierte, funktionierte am Montag nicht überall.

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Magnus macht sich viele Gedanken um die Buskunden, die nun nicht transportiert werden können. „Ja, das beschäftigt mich. Egal, ob es die Mutter mit dem Kinderwagen ist oder die Senioren, die zum Arzt müssen oder Medikamente abholen wollen. So ein Aussetzen des Betriebs ist für uns eine hochsensible Sache.“

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