Umwelt-Verträglichkeit von Kraftwerken

Trianel: Europa-Gericht kritisiert deutsche Gesetze

Ortsumgehung, Brücke, Flussvertiefung: Wenn Großprojekte gebaut werden, hat das Folgen für Mensch und Natur. Gegen solche Vorhaben kann man sich zwar gerichtlich wehren - aber nicht genug, meint der Europäische Gerichtshof. Dafür hat er die deutschen Gesetze nun gerügt. Anlass ist ein Fall aus Lünen: das Kraftwerk Trianel.

LÜNEN

, 15.10.2015 / Lesedauer: 3 min

Trianel im März 2015

Seit Jahren streiten der Kraftwerksbetreiber und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) um das Trianel-Kraftwerk in Lünen. Um die Frage: Soll es eine Betriebsgenehmigung geben oder nicht?

Der BUND argumentiert: Am Trianel-Standort gibt es schützenswerte Tiere. Deshalb dürfe das Kraftwerk nicht ans Netz gehen. 

2011 hatte der Europäische Gerichtshof schon geurteilt: Verbände wie der BUND müssten die Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung gerichtlich überprüfen können. Doch das sei in Deutschland nicht möglich.

Richter: Umweltverbände können zu schwer klagen

Am Donnerstag folgte die weitere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus Luxemburg: Bürger und Umweltverbände haben in Deutschland zu wenig Möglichkeiten für Klagen im Umweltbereich.

Damit gaben die Richter der EU-Kommission weitgehend recht, die die deutsche Gesetzgebung in mehreren Punkten für unvereinbar mit dem europäischen Recht hält. Zu streng seien zum Beispiel die Regelungen zu Verfahrensfehlern, urteilten die Richter (Rechtssache C-137/14). 

Hintergrund: Wann wer Klagen kann - und wie

Der Hintergrund: Wenn eine Fabrik oder eine Straße gebaut werden soll, müssen die Behörden untersuchen, wie sich das Vorhaben auf Menschen, Tiere, Pflanzen oder Wasserqualität auswirken kann. 

Die Richter bemängelten nun, eine Entscheidung für oder gegen ein Projekt könne nach deutschem Recht nur in wenigen Fällen aufgehoben werden, etwa, wenn es gar keine Prüfung der Folgen für die Umwelt gegeben habe. Unzulässig sei auch, dass Kläger zum Teil nachweisen müssten, dass ein Verfahrensfehler die Entscheidung über das umstrittene Vorhaben mit beeinflusst habe. 

Auch die Einschränkungen des möglichen Zeitpunkts einer Klage gehen den Richtern zu weit. Wer sich juristisch gegen ein Projekt wehren wolle, müsse dies nach deutschem Recht tun, noch bevor die Behörden über die Genehmigung entschieden hätten. 

Alte Verfahren laufen nach alten Regelungen

Schließlich monierte der EuGH eine Übergangsfrist, die der deutsche Gesetzgeber vorgesehen hat. Denn im November 2012 wurden die deutschen Vorschriften geändert, um ein früheres Urteil des EuGH in diesem Bereich umzusetzen. Dabei ist allerdings vorgesehen, dass für bestimmte Altverfahren weiterhin inzwischen abgeschaffte Regelungen gelten. 

In einem Punkt wiesen die Richter die Klage der EU-Kommission jedoch ab. Wenn nämlich Einzelne - also Bürger oder Verbände - gegen Verwaltungsentscheidungen klagen, dann dürfen die Gerichte nur Faktoren bewerten, von denen die Kläger persönlich betroffen sind. Dies hält der EuGH für rechtens. Für Umweltverbände besteht diese Einschränkung nicht; sie können auch allgemeiner im Sinne des Umweltschutzes klagen. 

Mit Material von dpa.