Der jüngst von der nordrhein-westfälischen Landesregierung vorgelegte Entwurf für den Haushalt 2025 sieht deutliche Kürzungen im sozialen Bereich vor. Nach Berechnungen der Freien Wohlfahrtspflege NRW betragen die Kürzungen allein im Bereich der Wohlfahrts- und Sozialarbeit knapp 89 Millionen Euro. Das sorgt auch beim Netzwerk MBE/JMD Kreis Unna für Unruhe.
Dem Netzwerk gehören das Lüner Multikulturelle Forum (MKF), der Caritasverband für den Kreis Unna sowie die AWO Ruhr-Lippe-Ems an. MBE steht für die bundesgeförderten Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zugewanderte, JMD für die bundesgeförderten Jugendmigrationsdienste (JMD).
Anlässlich des bundesweiten Aktionstages der Beratungsstellen stellten die Institutionen Vertretern von Bund, Land und Kommunalverwaltung in den Räumlichkeiten des MKF an der Münsterstraße in Lünen ihre Arbeit vor und berichteten über die Herausforderungen, vor denen die Beratungsstellen aktuell stehen. Das teilte das MKF in einer Pressemitteilung mit.
930 Beratungsfälle
Danach unterhält das Multikulturelle Forum in Lünen die Migrationsberatungsstelle für erwachsene Zugewanderte: „Allein das MKF erreichte im vergangenen Jahr 930 Beratungsfälle – hinzu kamen noch Beratungen von Familienmitgliedern. Auch die anderen Beratungsdienste melden hohe und auch steigende Zahlen.“ Dazu erklärt MKF-Geschäftsführer Kenan Küçük: „Beratungen, die entscheidenden Einfluss darauf haben, welche Türen sich Menschen in unserem Land eröffnen und welchen Beitrag sie hier leisten können.“
Aktuell blicke er aber mit Sorge auf die Beratungsstellen in seinem Verein: „Es sind sehr schwierige Zeiten für soziale Träger. Bei den Migrationsberatungsstellen soll zwar nach aktuellem Stand nicht gekürzt werden, aber eine gleichbleibende Förderung führt bei steigenden Kosten de facto dennoch zu knapperen Mitteln.“ Auch führten die Kürzungen auf Landesebene – zum Beispiel bei den landesgeförderten Asylverfahrens- und Flüchtlingsberatungsstellen – dazu, dass der Beratungsdruck auf den anderen Beratungsstellen steige: Eine gute Arbeit sei da oft kaum mehr möglich.

Proteste vor NRW-Landtag
- Ralf Plogmann, Vorstand des Caritasverbandes Kreis Unna, wies den Angaben zufolge darauf hin, dass erste Sozialverbände sich bereits aus der Migrationsberatung zurückgezogen hätten: „Es steht zu befürchten, dass weitere aufgeben werden müssen – Leidtragende sind dann die auf Unterstützung angewiesenen Menschen. Diese Menschen sich selbst zu überlassen, ist eine Gefahr für den sozialen Frieden.“
- Auch Heiko Sachtleber, zuständiger Abteilungsleiter bei der AWO Ruhr-Lippe-Ems betonte laut Pressemitteilung, dass es mühsam sei, Jahr für Jahr um die Mittel für die gute Arbeit, die vor Ort geleistet werde, kämpfen zu müssen.
- Rainer Schmeltzer, SPD-Landtagsabgeordneter, kritisierte beim Aktionstag nach MKF-Angaben die drohenden drastischen Kürzungen seitens der NRW-Landesregierung, beispielsweise bis zu 60 Prozent bei den Flüchtlingsberatungsstellen oder bis zu 100 Prozent bei den integrationspolitischen Kleinprojekten, die beispielsweise für die Durchführung von Ehrenamtsprojekten genutzt würden, scharf. Wer in dieser Größenordnung spare, zerstöre Strukturen, die nicht so schnell wieder aufgebaut werden könnten. Gerade in der jetzigen Zeit dürfe so etwas nicht in Kauf genommen werden.
Um gegen die Sparpläne der Landesregierung Zeichen zu setzen, führten die Träger der Freien Wohlfahrtspflege NRW schon eine von vier geplanten Mahnwachen vor dem Landtag von Nordrhein-Westfalen durch. Bei der Veranstaltung Mitte August standen neben Kritik auch Dialog und Austausch mit Politikern sowie Bürgern im Mittelpunkt. Zahlreiche Mitarbeitende der Wohlfahrts- und Sozialarbeit sprachen auf den Landtagswiesen mit den Menschen über ihre Nöte, die häufig zulasten der Benachteiligten und Schwächsten der Gesellschaft gehen. Auch an den kommenden Plenarterminen am 10. Oktober, 14. November und 5. Dezember wird die Freie Wohlfahrtspflege NRW daher vor dem NRW-Landtag weiter gegen die Sparpläne protestieren.