Teure Spritze verspricht Hilfe gegen Migräne Was ein Lüner Neurologe vom „Wundermittel“ hält

Teure Spritze verspricht Hilfe gegen Migräne: Was ein Neurologe vom „Wundermittel“ hält
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„Es gibt 37 Arten von Kopfschmerzen, die Sie selbst behandeln können“, diesen Slogan eines Kopfschmerz-Medikamentes hat wohl jeder schonmal gehört. Und die Menschen, die sich mit schmerzverzerrtem Gesicht im Werbespot an den Kopf fassen, hat wohl auch jeder vor Augen. Während die meisten Menschen ihren Schmerz schnell wieder los sind, gibt es Menschen, deren Kopfschmerz immer wieder und enorm heftig auftritt. Sie leiden an Migräne.

Begünstigt werden kann die Migräne durch falsche Ernährung oder Stress, erklärt Neurologe Tobias Höhle. Auch er betreut in seiner Lüner Praxis Menschen mit Migräne, Frauen seien dabei besonders häufig betroffen. All diesen Menschen, die an etlichen Tagen an starken Schmerzen, Lichtempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen leiden, verspricht eine Spritze nun die langersehne Heilung oder zumindest eine deutliche Linderung der Symptome. Doch einfach ist die Behandlung nicht.

Voraussetzungen nötig

Weil die Anwendung pro Jahr gut 8.000 Euro kostet, wollen sich die Krankenkassen absichern, dass die CGRP-Spritze wirklich nötig ist. Denn es gibt auch andere, erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten der Migräne, wie der Lüner Neurologe sagt. Akut, also dann, wenn die Schmerzen da sind, helfen alle möglichen Schmerzmittel – von Paracetamol bis Ibuprofen und Aspirin. Wird die Migräne dauerhaft, dann geben die Neurologen verschiedene Medikamente. Das können Blutdrucksenker sein, Medikamente gegen Depressionen oder auch Epilepsie. Auch mit dieser Therapie hat Tobias Höhle bei seinen Patienten gute Erfahrungen gemacht.

Etwa zehn Patientinnen und Patienten hat der Neurologe in den vergangenen drei Jahren, in denen er seine Praxis unweit des Krankenhauses führt, mit den Spritzen behandelt. Dass die Patientenzahl so gering ist, liege unter anderem daran, dass es ausreichend andere Therapien gibt, aber auch, weil die Krankenkasse einen Nachweis darüber will, dass die Spritzen unbedingt nötig sind. „Die Voraussetzungen sind unter anderem mindestens vier Migräne-Tage im Monat, einen Nachweis darüber und dass alle anderen Therapiemöglichkeiten nicht erfolgreich waren“, erklärt der Neurologe.

Migräne kann jeden treffen unabhängig von Alter und Geschlecht. Doch Frauen seien deutlich häufiger betroffen als Männer.
Migräne kann jeden treffen unabhängig von Alter und Geschlecht. Doch Frauen seien deutlich häufiger betroffen als Männer. © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Gute Verträglichkeit

Bei der Migräne wird ein Calcitonon Gene-Relatet Peptid in erhöhter Konzentration im Körper gemessen. Die Antikörper in den vier verfügbaren Präparaten wirken dabei in drei Fällen direkt an den Peptiden und machen sie ineffektiv. Ein Mittel wirkt laut Tobias Höhle direkt am Peptid-Rezeptor und blockiert diesen. Die guten Erfolge kann er auch bei seinen Patienten sehen, wenngleich die Spritze keine Heilung, sondern eine Besserung der Symptome ermöglichen.

„Die Spritzen haben noch den Vorteil, dass sie kaum Nebenwirkungen haben, im Gegensatz zu anderen Medikamenten“, sagt der Neurologe. Es kommen fast nur Reaktionen der Haut rund um die Einstichstelle am Bauch oder Oberschenkel vor. Spritzen können sich die Patientinnen und Patienten selbst – in einem monatlichen oder vierteljährlichen Rhythmus. Hinzu kommt außerdem, dass der Wirkstoff mit den Spritzen nicht mit anderen Medikamenten reagiert.

Doch es gibt auch Menschen, die die Spritzen nicht bekommen sollten, wie Neurologe Tobias Höhle sagt. „Da das Präparat direkt auf die Gefäße wirkt, können Menschen mit Schlaganfällen oder Herzinfarkten das Medikament nicht bekommen“, sagt er. Dennoch ist er sich sicher, dass es in Zukunft noch häufiger Zum Einsatz kommen wird.