Josef D. ist in Dortmund geboren, aufgewachsen in Lünen, besuchte das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Doch dann schließt sich Josef 2009 der ausländischen terroristischen Vereinigung „Deutsche Taliban Mujahideen“ (DTM) an, die laut den damaligen Ermittlungen einen radikal-islamischen Gottesstaat in Afghanistan wieder herstellen wollten, der allein auf dem islamischen Recht der Scharia basiert. Nach dem Tod ihrer Anführer löste sich die Gruppe auf, Josef lebte dann in Jordanien. Weil sein Vater tödlich erkrankt, kommt er 2013 zurück nach Deutschland und besucht ihn im Krankenhaus – wo er festgenommen wird. Am Oberlandesgericht Düsseldorf wird er schuldig gesprochen.
Kampfausbildung in Afghanistan
Aufgewachsen ist Josef D. als zweiter von drei Söhnen in Lünen, sein Vater ist Arzt, stammt aus Palästina und hat eine Praxis im Dortmunder Norden. Das ergaben Recherchen der WAZ damals. Der damalige Schulrektor des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, Hans-Jürgen Czischke, beschreibt Josef in seiner Schulzeit als ein „sehr netten Jungen, auffallend höflich“.
Doch schon früh zeigt sich auch seine Neigung zum Gedankengut des extremistischen Islam – schon während des Zivildienstes sei dieses aufgefallen. Im Juni 2009 reiste Josef, der danach „Jussuf“ genannt werden will, von Deutschland aus mit einer zuvor erworbenen Schusswaffe – einem Kalaschnikow-Gewehr – ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet. Dort soll er dann eine Schusswaffen-Ausbildung erhalten haben.
Aus den späteren Gerichtsverhandlungen geht hervor, dass er nie in einem Kampfeinsatz war – wegen einer chronischen Durchfallerkrankung habe er nicht an Anschlägen und Angriffen der Gruppe auf afghanische und US-Einrichtungen teilnehmen können, sagte die Bundesanwaltschaft damals. Auch ein Vorstadium einer psychischen Erkrankung soll Einsätze verhindert haben. Demnach hat Josef sich als Logistiker und Haushälter der DTM verdient gemacht.

Deutsche Taliban Mujahideen
Diese Talibangruppe bestand aus rund acht bis zwölf islamistischen Kämpfern aus Deutschland, die für ihre Ziele Angehörige der internationalen Schutztruppe ISAF sowie afghanische und pakistanische Regierungstruppen bekämpft haben. Dabei schreckten sie auch vor Selbstmordattentaten nicht zurück.
Als bekanntestes Mitglied gilt der Saarländer Eric Breininger, der durch seine Video-Botschaften als „deutscher Taliban“ bekannt wurde. Dieser wurde außerdem dem Umfeld der Sauerland-Gruppe zugerechnet, deren Anschlagsplanungen verhindert werden konnten. In Videos drohte Breininger mit Anschlägen in Deutschland. Zwar plante er selbst keine Anschläge, da er in Afghanistan war, allerdings habe „Deutschland mit Anschlägen zu rechnen“, solange die Bundeswehr in Afghanistan und Usbekistan eingesetzt werde, wie die Taz berichtete. Medienberichten zufolge ist er 2010 bei Kämpfen in Pakistan ums Leben gekommen. Danach zerfiel die Gruppe.

Verurteilung in Düsseldorf
Nachdem sich die Gruppe aufgelöst hat, bekommt Josef ein Angebot, sich der Terrorgruppe Al-Qaida anzuschließen, was er ablehnte. Bis sein Vater erkrankt, lebt er in Jordanien. Um seinen Vater im Krankenhaus zu besuchen, reist Josef zurück nach Deutschland, wo er letztendlich festgenommen wird.
Während den Gerichtsverhandlungen Ende 2013 und Anfang 2014 musste zunächst geprüft werden, inwieweit Josef durch schuldfähig ist. Später plädiert die Verteidigung auf Freispruch: Es sei nicht bewiesen, dass es bei der DTM um eine Terrorgruppe handelt. Eine Ansicht, die die Staatsanwaltschaft nicht teilt. Sie fordert eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.
Auch das Gericht war anderer Ansicht als die Verteidigung. So würde die Schuld von Josef zwar vergleichsweise gering ausfallen und sein Tatbeitrag untergeordnet sein, allerdings sei das seiner dauerhaften Erkrankung zuzuschreiben. Seine Gesundheit habe zwar keine Einsätze zugelassen – seine Absichten seien aber anders gewesen. „Er war kein schlichter Mitläufer“, sagte der Vorsitzende Richter Frank Schreiber.
Während den Verhandlungen war der Angeklagte aufgrund seiner durch einen Gutachter festgestellten Schizophrenie zeitweise eingeschränkt verhandlungsfähig. Er hatte dem Gericht auf Nachfrage mitgeteilt, die „Stimme des Teufels“ zu hören. Die psychische Krankheit habe ihn allerdings nicht zu den Taliban geführt, sondern von dort weg, so das Gericht. Schlussendlich blieb das Urteil unterhalb des von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaßes – das Oberlandesgericht in Düsseldorf verurteilte den Lüner wegen der Mitgliedschaft bei den terroristischen „Deutschen Taliban Mudschahedin“ zu zweieinhalb Jahren Haft.
Historische Kriminal-Serie
In dieser Serie blicken wir in unregelmäßigen Abständen auf historische Kriminalfälle in Lünen.