Streit um Beitragsbescheid in Lünen Widerspruch eingelegt, aber fristgerecht?

Streit um Beitragsbescheid: Widerspruch eingelegt, aber fristgerecht?
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Die Baumaßnahmen in der Geist in Lünen laufen seit einiger Zeit. CDU-Ratsherr Arno Feller spricht davon, dass „die Geist das Muster für zukünftigen Straßenbau“ sein soll. Doch für Wolfgang Stork (71) ist bei den Beitragsbescheiden zu den Straßenbaukosten einiges falsch gelaufen. „Es ist richtig, dass die Bescheide erhoben wurden und ich würde die selbstverständlich bezahlen“, versichert er im Gespräch in der Redaktion. Es handelt sich dabei um rund 2.144 Euro.

Doch warum hat Stork dann Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt, wenn er doch bereit ist, den Betrag zu bezahlen? Er ist der Auffassung, dass es sich bei der Aufforderung der Stadt gar nicht wirklich um einen Beitragsbescheid handelt. „Vielmehr handelt es sich hier in meinen Augen um eine freundliche Zahlungsaufforderung und weiter nichts. An einen Beitragsbescheid werden recht hohe Voraussetzungen gestellt, die meines Erachtens in diesem Schreiben nicht erfüllt sind“, so der 71-Jährige.

Jahrelanger Streit um Zahlungen

Der Bescheid der Stadt wurde am 25. September 2020 an Stork geschickt. Auffällig dabei: Zwar stimmt die Adresse im Briefkopf, in dem Schreiben wird allerdings die Tochter von Wolfgang Stork als Adressatin angesprochen. Ein Fehler, der durchaus passieren kann, wie die Stadt zugibt. „Der Bescheid war eindeutig adressiert. Bei der falschen Anrede in dem Schreiben handelte es sich um einen redaktionellen Fehler, der jedoch nicht zur Nichtigkeit des Bescheides führt“, erklärt der Pressesprecher der Stadt Lünen, Daniel Claeßen, auf Nachfrage der Redaktion.

Da Stork die Richtigkeit des Beitragsbescheids nicht anerkannte, schrieb er einen Widerspruch. Dieser muss innerhalb eines Monats bei der Stadt Lünen eingereicht werden. Um das zu gewährleisten, habe Stork seinen Widerspruch in doppelter Ausführung, einen an das technische Rathaus und einen direkt an den Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns, persönlich am 23. Oktober, also fristgerecht, in den Briefkasten geworfen, sagt er.

Keine Rückmeldung, dann Mahnung

Nachdem Stork seinen Widerspruch bei der Stadt abgegeben hat, passierte monatelang nichts. 2021 lag dann ein Brief von der Stadt in seinem Briefkasten: mit der ersten Mahnung zur Zahlung samt Mahngebühren und Auslagen. „Ich habe daraufhin sofort bei der Stadtkasse angerufen. Diese hat mich an das Straßenbauamt verwiesen, weil es das ausführende Organ sei“, erinnert sich der 71-Jährige. Dort hat er sich mit Sachbearbeiterin Birgit Hermann in Verbindung gesetzt.

Begonnen habe das, so Stork, mit der Frage ihrerseits, ob er wegen des Widerspruchs anrufen würde. Im Laufe des Gespräches habe man sich dann auf eine Ratenzahlung zu 100 Euro im Monat geeinigt – mit dem Zusatz, dass Wolfgang Stork noch das Ergebnis seines Widerspruchs abwartet. „In dieser E-Mail zur Bestätigung meines Ratenzahlungsantrages habe ich ihr mitgeteilt, dass ich mit dem übersandten Tilgungsplan ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einverstanden bin, da für mich der Beitragsbescheid mehr als fragwürdig ist und das eingelegte Rechtsmittel noch nicht entschieden ist.“

Die katholische St. Joseph Kirche im Geistviertel
Im Wohngebiet rund um die katholische St. Joseph Kirche im Geistviertel wohnt Stork. © hans blossey

Mittlerweile ist der zu zahlende Beitrag abbezahlt – eine Rückmeldung seitens der Stadt zum Widerspruch gab es bis Anfang 2025 allerdings nicht. „Am 4. Januar habe ich höflichst an die Bescheidung meines Widerspruchs erinnert und die Sache noch weiter vorgetragen in Hinsicht auf Zustellung und Richtigkeit des Beitragsbescheides“, erklärt Stork. Wieder hat er dieses Schreiben in doppelter Ausführung persönlich zum Rathaus gebracht. Eines adressiert an das Straßenbauamt und eines an den Bürgermeister. Am 8. Januar ist sie am Technischen Rathaus eingegangen. In einem Antwortschreiben erklärt die Stadt: „Ein form- und fristgerechter Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 25.9.2020 liegt nicht vor.“ Außerdem habe Stork mit dem Akzeptieren der Ratenzahlung dem Beitragsbescheid zugestimmt.

Keine Einladung für Info-Veranstaltung

Was er so aber explizit in seiner Zustimmung zur Ratenzahlung verneinte. Hinzu kommt, dass Stork in dem Schreiben nicht erkennen könne, dass es sich um einen „hoheitlichen Akt“ handelt. „In diesem Schreiben ist nicht einmal die Rede davon, dass es sich um einen Beitragsbescheid handelt“, bemängelt er. Außerdem sei es eine Voraussetzung, dass es vor dem Bescheid eine Informationsveranstaltung geben muss, erklärt der 71-Jährige. Diese habe es zwar gegeben, eine Einladung habe er und ein paar Nachbarn nach eigenen Abgaben nicht bekommen.

Widerspruch nicht fristgerecht

Daniel Claeßen erklärt, dass die Veranstaltung stattgefunden hat, diese aber zu diesem Zeitpunkt nicht verpflichtend gewesen sei. „Diese Verpflichtung ist zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten, die hier zugrunde liegende Maßnahme war jedoch schon im Mai 2018 abgeschlossen“, sagt er.

Außerdem vertritt die Stadt weiterhin den Standpunkt, dass der Widerspruch nicht fristgerecht eingereicht wurde: „Ein Widerspruch gegen den Bescheid ist innerhalb der gesetzlichen Frist nicht bei der Verwaltung eingegangen. Folglich ist dieser Bescheid rechtskräftig.“ Denn, so Claeßen weiter, einen Nachweis, dass Stork den Widerspruch damals fristgerecht eingereicht hat, wurde nicht vorgelegt. Das sei Stork auf seine schriftlichen und telefonischen Nachrichten aus Januar 2025 mitgeteilt worden.

Alle weiteren Nachfragen bezüglich der Anforderungen zu diesen Bescheiden oder dass Stork mit der Anerkennung der Ratenzahlung, den Beitragsbescheid akzeptiert hätte – was er in seiner Antwortmail verneinte, mit dem Vermerk, das Ergebnis des Widerspruchs abzuwarten – wurden von der Stadt nicht beantwortet, da durch die abgelaufene Frist der Bescheid rechtskräftig ist.

Widerspruch nur mit Poststempel?

Eine Antwort, mit der sich Wolfgang Stork nicht zufrieden stellt. Denn er fragt sich, wie er das hätte beweisen sollen – mit einem Poststempel? „Dann hätte ich es entweder per Einschreiben schicken müssen, aber darauf bin ich nicht gekommen. Ich bin davon ausgegangen, dass die Post, die man persönlich einwirft, auch ihren Empfänger erreicht“, sagt er.

Dass die Stadt sich so lange nicht gemeldet hat und erst auf seinen Hinweis hin, Jahre später, die Begründung lieferte, dass der Widerspruch nicht fristgerecht gewesen sei, stößt dem 71-Jährigen sauer auf. Er selbst habe mit Absicht so lange darauf gewartet, sich bei der Stadt zu melden. „Ich hatte im Hinterkopf, das Ganze verjähren zu lassen, um eventuell eine Chance auf Rückerstattung zu haben“, sagt er. Er stellt außerdem die Vermutung auf, dass die Stadt genau das weiß. Stork beteuert, dass er das gerne im persönlichen Gespräch mit der Dienstaufsicht der Stadt geklärt hätte. „Mein nächster Schritt wird jetzt sein, dass ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen werde“, sagt er. Er begründet das mit dem E-Mailverkehr, in dem er explizit schrieb, das Ergebnis des Widerspruches abwarten zu wollen.

Eine Rückzahlung des Beitrages wird es laut Stadtsprecher Daniel Claeßen nicht geben. „Aufgrund eingetretener Bestandskraft kommt eine Rückzahlung nicht in Betracht.“