Eigentlich hatte sich Jonas Hadad am Mittwochvormittag (12. März) mit einem Arbeitskollegen in Lünen-Gahmen treffen wollen. Die Gründung einer Firma sollte besprochen werden. Doch gegen 11 Uhr steht er am Lüner Busbahnhof und kommt nicht weiter. „Das ist schon schlimm“, sagt er verzweifelt. „Vielleicht kommt diese Gründung jetzt nicht zustande oder verschiebt sich auf irgendwann. Ich versuche mich gerade umzuorientieren, vielleicht kann man sich in Dortmund treffen. Im Moment weiß ich gar nichts“, sagt er, tippt auf dem Handy, checkt die digitale Anzeige, auf der bei fünf von sechs Verbindungen „entfällt“ aufblinkt.
Jonas Hadad wurde von dem Warnstreik, zu dem die Gewerkschaft Verdi auch die Beschäftigten der Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU) aufgerufen hatte, komplett überrascht. „Gestern bin ich noch Bus gefahren und es gab keinen Hinweis darauf“, sagt er.
Die Warnstreiks im Öffentlichen Nahverkehr finden im Zusammenhang mit den derzeit laufenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst statt. Nachdem die erste Verhandlungsrunde am 24. Januar und die zweite Runde am 17. und 18. Februar ohne Ergebnis verlaufen war, hat Verdi bundesweit weitere Warnstreiks angekündigt; auch für den kommunalen Nahverkehr in NRW. Die dritte Verhandlungsrunde soll vom 14. bis 16. März in Potsdam durchgeführt werden. Angekündigt wurde der Streik am Montag.

Angela Blank wusste Bescheid. Am Dienstag (11.3.) regelte sie ihre Fahrt von Brambauer zu ihrem Frühdienst in einem Pflegeheim in Lünen-Süd: Hin ging es per Taxi, zurück brachte sie eine Kollegin bis zum Busbahnhof, wo, laut Plan, am späten Vormittag tatsächlich ein Bus nach Brambauer fahren soll.
„Circa 40 Prozent der Fahrten werden durchgeführt“, antwortet eine Sprecherin der VKU auf Anfrage. Und zwar solche, „die an private Auftragsunternehmer vergeben sind, die nicht unter den öffentlichen Tarifvertrag fallen. Da die vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nur die Beschäftigten der VKU zum Streik aufgerufen hat, erfüllen die privaten Auftragsunternehmer ihre vertraglichen Pflichten und erbringen die vertragliche Fahrleistung“, informiert sie.

Während Angela Blank einerseits Verständnis dafür hat, für einen besseren Lohn kämpfen zu wollen, macht sie der Streik andererseits auch wütend: „Es war aufwändig, das zu organisieren und die Taxifahrt war recht teuer. Der einzige Vorteil ist, dass ich heute Morgen eine Stunde länger schlafen konnte.“
Ein Taxi hätte auch gerne ein weiterer Gestrandeter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, genommen. Gegen 10 Uhr war er aus Alstedde mit dem Bus in die Innenstadt gefahren, um einkaufen zu gehen. Für die Rückfahrt, etwa eine Stunde später, ist jedoch kein Bus zu bekommen. „Fünf Taxiunternehmen habe ich schon angerufen. Keines hat Kapazitäten“, erzählt er. „Ich bin sehr sauer und will einfach nur nach Hause. So bin ich wirklich aufgeschmissen.“
Goldene Zeit für Taxiunternehmen
Wie hoch die Nachfrage für Taxis an diesem Tag ist, bestätigt Marvin Minger, der für „Taxi Eike“ das Telefon bedient. „Wir sind heute zu 99 Prozent ausgelastet“, sagt er. Gegen Mittag berichtet er: „Seit heute Morgen hatte ich 30 bis 50 Anrufe mehr, als an normalen Tagen. Bei allen hieß es ‚wir wussten nicht, dass gestreikt wird‘. 60 Prozent davon können wir mit unseren fünf Fahrzeugen bedienen.“
Neben den diversen Buslinien, wurden am Mittwoch auch die Straßenbahn U41 als Verbindung zwischen Brambauer und Dortmund, die Stadtwerke Lünen, inklusive Lippe Bad sowie die Verwaltung des Kreises Unna, deren Dienstgebäude, wie dem Straßenverkehrsamt und dem Gesundheitshaus eingeschlossen, bestreikt.