Wer auf der Moltkestraße in Lünen unterwegs ist, fährt unter einem Förderband her. Es verbindet das Steag-Gelände mit dem Strahlmittelhersteller EP Power Grit. Das Unternehmen nutzt Schmelzkammergranulat, das bei der Verfeuerung von Steinkohle in Kraftwerken anfällt, um daraus ein körniges Spezialprodukt herzustellen.
Damit können Oberflächen wieder zum Strahlen gebracht werden. Die Leverkusener Rheinbrücke, die Fassade des Kölner Doms, der Förderturm in Bochum oder das Blaue Wunder Dresden, eine der Elbbrücken, sind mit Strahlmitteln aus Lünen gereinigt oder entrostet worden. Täglich verlassen 500 bis 700 Tonnen das Werk an der Moltkestraße.
Die Schließung des Steag-Kraftwerks hat den Nachschub von der anderen Straßenseite gekappt. EP Power Grit muss sich das Schmelzkammergranulat anderweitig besorgen. Doch mit der Energiewende gehen zunehmend Kraftwerke vom Netz. Damit sind auch deren Nebenprodukte endlich.
Ein Grund für das seit 2008 in Lünen produzierende Unternehmen, sich neu zu orientieren: ein anderer Rohstoff soll verwandt werden. Der kommt aus der Tiefe des Vulkans in Island. Es ist Lavasand. Ein feines Material, das durch einen Mix mit Granulat zu Strahlmitteln werden kann. Dafür muss allerdings in Lünen umgebaut werden. Betroffen ist vor allem der Trockner. Der muss eine andere Leistung haben.

Größte Einzelinvestition
Noch bis zum 17. Februar läuft der Regelbetrieb in dem Werk. Dann startet der Umbau, der mit der größten Einzelinvestition seit der Inbetriebnahme am Standort verbunden ist. Einen mittleren, einstelligen Millionenbetrag nimmt nach Auskunft von Sprecherin Sarah Höfer das Unternehmen für die Umrüstung in die Hand. Bis April stehe die Produktion still. „Von außen wird man davon nicht viel mitbekommen“, sagt sie. Die 25 Beschäftigten hätten weiter zu tun. Sie seien in die Revision anderer Anlagenkomponenten eingebunden.
Mehr als 2100 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Island und Lünen. Lkw bringen den Lavasand vom Abbauort zum Exporthafen in die Nähe von Reykjavik. Dort wird der Rohstoff verladen und per Schiff nach Rotterdam gebracht. Er gelangt dann auf dem Wasserweg zum Stadthafen Lünen. Was aus dem Förderband wird, dazu machte das aus der Steag entstandene Unternehmen EP Power Grit, Teil der EP Power Minerals GmbH mit Sitz in Dinslaken, keine Angaben.
„Ein Teil unserer Anlagen steht aktuell südlich der Moltkestraße, unser Werk selbst steht nördlich dieser Straße. Wir sind mit allen Beteiligten weiterhin im guten Gespräch und in den öffentlichen Prozess rund um den Bebauungsplan eingebunden“, heißt es dazu von Sarah Höfer. Seit Mitte 2021 gehört EP Power Minerals zum Energiekonzern EPH. Der Hauptsitz ist in Tschechien.