Stolpersteine in Lünen verschmutzt Sohn von NS-Opfer traurig - Arbeitskreis reagiert

Stolpersteine verschmutzt: Angehöriger ist enttäuscht und traurig
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Die Reaktion von Allen Haberberg fiel eindeutig aus. „Ich war enttäuscht und traurig. Ich fühle ähnlich, wenn mir beschmutzte Steine in anderen Orten auffallen. Aber wenn ich sehe, dass die Steine meiner Familie so aussehen, berührt mich das sehr“, sagte er nach seinem Besuch in Lünen. Es geht um die Stolpersteine der Familie Haberberg in Lünen-Brambauer.

In Lünen befinden sich insgesamt 53 Stolpersteine. Sie wurden im Rahmen des gleichnamigen Kunstprojekts von Gunter Demnig in Lünen verlegt. Mit ihnen soll an Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden, die in Lünen lebten und wirkten. Die ersten Stolpersteine in Lünen wurden am 7. September 2009 verlegt. Organisiert wurde es von der evangelischen und der katholischen Kirche, einem Apotheker, einer Privatperson sowie der örtlichen SPD.

Im Ghetto ermordet

Die Stolpersteine sind wegen ihrer Form und Farbgebung gut an den jeweils angebrachten Stellen erkennbar. Die quadratischen Messingtafeln mit abgerundeten Ecken und Kanten sind mit von Hand mittels Hammer und Schlagbuchstaben eingeschlagenen Lettern beschriftet. Sie werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster beziehungsweise den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen.

In der Waltroper Straße auf Höhe der Hausnummer 32 befinden sich die vier Stolpersteine der Familie Haberberg. Alter Bernhard Haberberg wurde 1896 geboren. 1938 wurde er nach Polen deportiert und 1941 im Ghetto Debica ermordet – genauso wie seine Frau Felia. Ihre Söhne Herbert und Manfred wurden 1939 via Kindertransport nach England gebracht.

Kaugummireste und Plastikmüll

Allen Haberberg – Sohn von Manfred Haberberg – besuchte kürzlich Lünen. Dabei stellte er fest, dass die Erinnerungsstücke an die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner verschmutzt waren. Kaugummireste klebten drauf, Zigarettenstummel liegen daneben - genauso wie Plastikmüll.

Seine Vermutung: „Niemand scheint sich außerhalb von besonderen Ereignissen wie der Pogromnacht oder dem Holocaust-Erinnerungstag um die Stolpersteine zu kümmern. Sonst wären sie nicht so dreckig, wie sie sind.“

Er fügt jedoch bewusst an: Falls die Steine regelmäßig gereinigt werden würden, entschuldigt er sich für seine Aussagen.

Der Arbeitskreis Stolpersteine kümmerte sich umgehend um die Reinigung der Denkmäler der Familie Haberberg.
Der Arbeitskreis Stolpersteine kümmerte sich umgehend um die Reinigung der Denkmäler der Familie Haberberg. © Udo Kath

Natürlich ist Haberberg klar, dass Menschen über die Stolpersteine laufen. Genau das sei ihr Zweck. Aber er befürchtet, dass die Erinnerungsstücke nur um bedeutende Tage herum sauber gemacht werden.

Dem entgegnet Udo Kath vom Arbeitskreis Stolpersteine in Lünen. „Wir vom Arbeitskreis reinigen die Steine einmal im Jahr. Meist im Mai oder im November - je nachdem, wie dreckig sie sind.“ In diesem Jahr wurde der 8. Mai gewählt - der Tag der Befreiung. „Zudem gibt es Paten für jeden Stein, die sich drum kümmern.“

Kath wusste bisher nichts von den dreckigen Denkmälern. „Ich werde gleich mal ein Auge drauf werfen und sie reinigen“, kündigte er an. Noch am selben Tag fuhr der Lüner nach Brambauer und die Steine sahen wieder schön aus.

Zum Vergleich: Die Stolpersteine der Familie Portje, die auch auf Höhe der Waltroper Straße 62 angebracht sind, sind im gepflegten Zustand.
Zum Vergleich: Die Stolpersteine der Familie Portje, die auch auf Höhe der Waltroper Straße 62 angebracht sind, sind im gepflegten Zustand. © Allen Haberberg

Bilder von gereinigten Steinen

Der Sprecher des Arbeitskreises sagt auch zur Erklärung: „Es ist ganz normal, dass die Stolpersteine Patina - eine dünne Verwitterungsschicht - ansetzen.“ Eine natürliche Patina entsteht im Laufe von Jahren, je nachdem wie stark sie welchen Einflüssen ausgesetzt ist. Sprich: Die Steine werden etwas matter.

Darüber hinaus ist Allen Haberberg, der mit seiner Familie in Krakau lebt, noch eine Sache aufgefallen: „In den Sozialen Medien sehe ich immer nur Fotos von beschmutzten Steinen. Warum werden nicht mal Bilder gepostet, nachdem Stolpersteine gereinigt worden sind?“

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