Das Stellwerk in Lünen, direkt zwischen den zwei Bahnsteigen am Hauptbahnhof gelegen, wirkt unscheinbar. Um das hohe Gebäude ist teils ein Zaun aufgestellt worden, die Wände sind voll mit Graffitis. Doch hinter den Mauern werden wortwörtlich wichtige Weichen gestellt. Stellwerke gelten als „Kommandozentrale“ und sind dafür da, den reibungslosen Ablauf des Zugverkehrs zu gewährleisten.
Das heißt aber auch: Wenn es hier Störungen gibt, kommt es schnell zu Verspätungen, Ausfällen oder gar Teilsperrungen. So geschehen am vergangenen Sonntag (9. März) im Raum Lünen. Der Zugverkehr war wieder einmal lahmgelegt – wegen einer Stellwerksstörung, wie es auf dem Portal zuginfo.nrw hieß.

Schon zwei Tage zuvor war es zu einem ähnlichen Defekt in Dortmund-Derne gekommen. Nun war das Stellwerk direkt am Hauptbahnhof betroffen, teilt die DB mit. Und das sogar schon seit dem 7. März. Wie ein Sprecher auf Anfrage erklärt, bestand „eine technische Störung an der Fernsteuerung“. Diese ermöglicht es, die Systeme aus der Ferne zu überwachen und zu bedienen, oft von einem zentralen Kontrollzentrum aus. Das Gebäude in Lünen ist nämlich nicht mit einer Person besetzt, sondern wird von Derne aus gesteuert.
Probleme bis in die Morgenstunden
Aber von vorn: Freitag ging über mehrere Stunden nichts mehr auf den Gleisen rund um Lünen. Züge des RB51 aus Richtung Enschede endeten in Bork. Bahnen aus Münster fuhren nur bis Werne. Menschen, die auf die Linien angewiesen waren, mussten in den Bus umsteigen. Freitagabend und auch den Samstag über hatte sich die Lage scheinbar wieder entspannt.
Doch dann konnte am Sonntagmittag gegen 12.45 Uhr der Bahnhof in Lünen plötzlich nicht mehr angefahren werden. Wieder fuhren die Züge nur bis Bork sowie Werne. Zwischen Dortmund und Lünen gab es ebenfalls Einschränkungen, da die Bahnen lediglich bis zur Station Preußen verkehrten. Auch hier hatte die DB einen Schienenersatzverkehr organisiert.
Die Probleme mit dem Stellwerk dauerten augenscheinlich noch bis in die Morgenstunden am Montag an. Gegen 9 Uhr die erlösende Nachricht auf dem Portal zuginfo.nrw für alle Pendlerinnen und Pendler: Der technische Defekt war behoben und die Züge der RB50 und der RB51 konnten wieder auf der gesamten Strecke mit allen geplanten Halten fahren. Von der DB heißt es auf Anfrage: „Die Fachexperten waren seit dem Auftreten der Probleme vor Ort und arbeiteten unter Hochdruck daran, die Störung zu beheben. Die Techniker konnten die Arbeiten an dem Stellwerk am Montagnachmittag (10. März) abschließen.“ Also alles wieder gut. Oder doch nicht?

Am Montagabend traf Zugfahrenden nämlich der herbe Rückschlag: Ab 21 Uhr konnte der Hauptbahnhof Lünen wieder nicht angefahren werden. Als Grund wurde eine Reparatur an der Strecke angegeben. Die Folge: erneute Ausfälle bei der RB51, die wieder nur bis Bork fuhr, und der RB50, deren Bahnen in Capelle sowie in Lünen-Preußen endeten. Auf Nachfrage berichtet ein Sprecher der DB jedoch, dass auch hier wieder das Stellwerk der eigentliche Auslöser war. Das ist normalerweise nicht mit einer Person besetzt.
Da das Stellwerk aber nun nicht ferngesteuert werden konnte, musste ein DB-Mitarbeiter diese Aufgabe übernehmen. Und seine Schicht endete um 19 Uhr. Sprich: Danach war die Sicherheit auf den Gleisen nicht mehr gewährleistet, sodass die Strecke nicht von Zügen befahren werden durfte. Hier eine Nachtschicht einzuplanen, lasse die aktuelle Personallage nicht zu, heißt es von der Deutschen Bahn. „Entweder setzen wir jemanden tagsüber oder nachts ein. Beides ist nicht machbar. Dafür fehlt uns kurzfristig das Personal.“
Gegen 8 Uhr am Dienstag (11. März) teilt die Deutsche Bahn dann mit, dass das Stellwerk am Hauptbahnhof wieder besetzt sei. Kurze Zeit später konnten die Züge wieder mit allen Halten normal verkehren. Am Dienstag (11. März) wurde dann ein Ersatzteil für die Fernsteuerung eingebaut. „Wir können aber nicht fest sagen, ob das auch im Zugverkehr funktioniert“, erklärt der DB-Sprecher am Nachmittag. Wenn es nicht reibungslos läuft, gebe es dieselben Probleme wie schon am Tag zuvor. Sprich: Der Bahnhof in Lünen kann wieder nicht von Zügen angefahren werden. Die DB betont, dass dann auf jeden Fall wieder Busse als SEV fahren. „Wir wissen aber auch, dass das kein 1:1-Ersatz ist“, so der Sprecher.
200 veraltete Stellwerke ablösen
Die Lage der vergangenen Tage zeigt: Die Stellwerke als „Kommandozentralen“ müssen rund um Lünen funktionieren, sonst geht gar nichts auf den Gleisen. Damit es hier in Zukunft nicht mehr so häufig zu Problemen kommt, will die Deutsche Bahn bis 2027 im Rahmen des Konzernsanierungsprogramms „S3“ bundesweit unter anderem 200 veraltete Stellwerke ablösen. „Sie werden durch moderne, schnell zur Verfügung stehende Technik ersetzt. Es wird dadurch weniger Zugausfälle geben, gleichzeitig entstehen Arbeitsplätze. So wirkt die DB dem Fachkräftemangel und damit verbundenen Besetzungsproblemen entgegen“, erklärt ein DB-Sprecher.