
© Sylvia vom Hofe
Steag-Fläche in Lünen: Dietz AG verspricht 500 bis 1500 Arbeitsplätze
Steag-Fläche
Der südliche Teil der Steag-Fläche hat einen neuen Eigentümer, die Dietz AG. Sie hat Großes vor mit der Lüner Industriefläche. Das deckt sich aber nicht unbedingt mit den Plänen der Politik.
Von A wie Aldi über BMW, DHL und Siemens bis hin zu X wie XXXLutz, einer österreichischen Einrichtungshauskette, reicht die lange Liste der Partner, mit denen die Dietz AG zusammenarbeitet. Welcher der zig Namen es sein wird, für den die Dietz AG frühestens in zwei Jahren in Lünen bauen wird, ist noch offen. Aber so viel steht für Markus Engelmann, Vorstand der Dietz AG aus Bensheim, fest: „Wenn wir den Standort an den Markt bringen, können sie sicher sein, dass wir ziemlich überrannt werden.“ Ob allerdings solche Unternehmen unter den anstürmenden Interessenten sein werden, die sich die Stadt Lünen wünscht - insbesondere nachhaltige Industrie -, ist offen.
Auch wenn die Dietz AG die Fläche noch nicht offensiv anbietet, gibt es bereits Gespräche mit Interessenten, wie Engelmann sagt. Um möglichst flexibel zu sein, benötige er jetzt auch ein flexibles Konzept - flexibler als es den Ratsmitgliedern vor Augen stand, als sie das Entwicklungskonzept für den Wirtschaftsstandort Lippholthausen verabschiedet haben. Die Stichstraße zur Erschließung, der grüne Gürtel und die geplante Parzellierung würden zu diesem Zeitpunkt zu sehr einschränken - und damit die Chancen verschlechtern. Deshalb solle der nächste Planungsschritt - die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden - mit einem entsprechend weit gesteckten Entwurf erfolgen. Die Mehrheit des Stadtplanungsausschusses folgte dem Wunsch. Die GFL stimmte dagegen, und die Grünen enthielten sich.
Warum die Dietz AG jetzt Partner von Hagedorn ist
Ende 2018 hatte der Kraftwerksbetreiber Steag die Stromproduktion an der Moltkestraße in Lünen eingestellt. Das gesamte 37,2 Hektar große Areal inklusive sämtlicher Gebäude und Anlagen hatte die Steag 2019 an die Hagedorn Unternehmensgruppe verkauft, einen Spezialisten für die sogenannte Brownfield-Revitalisierung: die Aufarbeitung ausgedienter Bestandsflächen für eine neue gewerbliche Nutzung. Dass Hagedorn nicht selbst als Entwickler und Vermarkter der Fläche auftreten will, war schon lange bekannt. Allerdings hatte das Unternehmen im Sommer 2020 einen anderen Partner vorgestellt als die Dietz AG. Damals war noch von DFI als neuer Eigentümerin der 26,6 Hektar großen Südfläche, die Rede. Warum also jetzt die Dietz AG?

Die Moltkestraße durchzieht das Steag-Gelände. Links davon - also südlich - liegt der Großteil der Fläche (70 Prozent), für den die Dietz AG einen Interessenten sucht. © Günther Goldstein
Im Stadtentwicklungsausschuss war das gar kein Thema. Axel Köster, Prokurist von Hagedorn, verwies lediglich auf die vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Dietz AG. Eine anderes Joint Venture lief weniger gut. Dr. Wolfgang Dietz von der Dietz AG hatte Mitte 2019 mit dem Manager Andreas Fleischer die DFI gegründet: die Dietz Fleischer Industrial Partners AG (DFI) mit Sitz in Bensheim. Die DFI hatte seit Marktstart etwa 80 Hektar an Grundstücken, überwiegend Brownfields, erworben - darunter eben auch die Steag-Fläche in Lünen. Im März 2021 hatten sich die Partner wieder getrennt. Fleischer führt seitdem alleine die DFI, während die Dietz AG die in der Entwicklung befindlichen Projekte komplett übernommen hat und weiter führt - nicht nur in Lippholthausen, sondern auch in Bönen.
Dort hatte die DFI die alte Woolworth-Ruine übernommen. Jetzt ist es die Dietz AG, die der Fläche neues Leben einhauchen wird. „Wir bauen dort für Rhenus“, sagt Engelmann - also für einen international tätigen Logistikdienstleister.
Engelmann: „In kurzer Zeit 500 bis 1500 Mitarbeiter“
Dass sich Lünen solche Logistikunternehmen für die Steag-Fläche eher nicht wünscht, wie es im Entwicklungskonzept für die Fläche nachzulesen ist, schiebt der Vertreter der Dietz AG auf ein Vorurteil: „Da gibt es hartnäckig das Bild von riesengroßen Hallen, in denen nur zwei, drei Gabelstaplerfahrer hin und her pendeln.“ So etwas wolle auch die Dietz AG nicht. Engelmann verspricht: Am Lüner Standort würden „schon in kurzer Zeit 500 bis 1500 Mitarbeiter beschäftigt sein können“ - vorausgesetzt, der Suchradius bleibe groß. Wenn die Politik Restriktionen formuliere und sich im Vorfeld auf Branchen festlege, „wird das alles viel länger dauern“ - und ob es überhaupt gelinge, sei offen.
Der Erfolgsfall liegt nicht nur im Interesse der Stadt Lünen. Die Dietz AG baut nicht nur für Unternehmen und überlässt ihnen dann die Gewerbe-Immobilie. Sie vermietet sie und behält sie im Bestand. „Wir streben stets langfristige Mietverträge an“ - über zehn Jahre und mehr. Dafür will die Dietz AG die Option haben, für die Gesamtfläche einen Interessenten zu finden und dann gegebenenfalls aufzuteilen, wie Projektmanager André Verrieth sagt. „Wenn wir das jetzt klein machen, rauben wir uns die Möglichkeit, ein großes, namhaftes Unternehmen anzusiedeln“.
Noch keine Erlaubnis zur Rodung auf der Bischoffsdeponie
Der Platz dafür wird gerade geschaffen: 2021 haben Sprengungen die großen Aufbauten dem Erdboden gleichgemacht, „jetzt kümmern wir uns um die Fundamente und Keller“, sagt Axel Köster, Bereichsleiter Revital bei Hagedorn. Bodenanalysen hätten ergeben, dass in zwei Bereichen belasteter Boden ausgetauscht werden müsse. Über einem Bereich im Süden befinden sich Gehölze. Die würden jetzt gefällt, weil sie der Sanierung im Wege stünden. Den Wald auf der sogenannten Bischoffsdeponie im Norden der Fläche würde Hagedorn am liebsten auch fällen. Aber das hängt von der künftigen Nutzung ab und werde frühestens zum Oktober 2022 entschieden, sagt Verrieth.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
