Hinweis der Redaktion: Dieser Text ist zum ersten Mal im Mai 2023 erschienen. Wir haben ihn jetzt erneut veröffentlicht.
Am Arbeitsplatz von Jürgen Marx fahren ständig Züge. Und das sogar im selben Gebäude, fast jeden Tag und dann auch noch um die Wette. Das ist der Alltag des neuen Geschäftsführers des Starlight Express. Er atmet jeden Tag Bühnenluft, wovon viele Musical-Liebhaber wohl nur träumen. Angefangen hat für den nach eigenen Aussagen „eher unkreativen“ Mann alles in Lünen.

Erst mit neun Jahren ist er vom Sauerland nach Lünen gezogen, erzählt Jürgen Marx. Dieser Umzug habe sein Leben nachhaltig geprägt. „Dadurch bin ich erst so ein begeisterter Stadtmensch geworden.“ Bis heute sind die meisten seiner Freunde aus Lünen, und auch dem Schwimmverein SG Lünen stattet er regelmäßig Besuche ab, wenn der stressige Alltag als Musical-Chef es zulässt. Obwohl es ihn in viele Teile Deutschlands und der Welt verschlagen hat, hat er viele positive Erinnerungen an die Stadt. Vor allem an seine Schule: das Gymnasium Altlünen.
Er erinnere sich noch gut an die „Battle“, wie Marx es nennt, mit dem Freiherr-Vom-Stein-Gymnasium. Und immer, wenn er seine Eltern oder seinem Bruder besucht, die immer noch in Lünen leben, kommen direkt Heimatgefühle auf: „Ob abends beim Bier mit Freunden im Brauhaus, beim Spaziergang am Cappenberger See oder auch beim Anblick seiner alten Schule“, freut sich Marx.
Von den Balearen ins Theaterleben
Nach dem Abitur zog es Jürgen Marx bereits hinaus aus der Lippestadt. Zwar ging es noch nicht ans Theater, doch war schon sein erster Beruf eher ungewöhnlich: „Ich habe Betriebswirtschaft in Dortmund studiert und bin während des Studiums als Reiseleiter nach Ibiza gegangen.“ Bis heute finde er die Insel großartig und bezeichnet das Fleckchen im Mittelmeer als seine „zweite Heimat“.
Bis 2000 war er in der Tourismusbranche tätig, dann ergab sich der Wechsel. „Auf einer größeren Veranstaltung auf Mallorca bin ich darauf angesprochen worden, ob mich ein Job im Bereich Musical erfüllen würde.“ Er bejahte, fing bei der Stage Entertainment an – bekannt für Stücke wie „Mamma Mia!“, „Tanz der Vampire“ und „König der Löwen“. „Dann hat sich das einfach so entwickelt. Und heute darf ich hier beim Starlight Express sein. Wenn ich heute mein Berufsleben so an mir vorbeiziehen lasse, dann hat es mir bis jetzt sehr viel Spaß gemacht.“

Angefangen als Vertriebsmensch
Über 20 Jahre ist Marx damit nun in der Branche tätig. Gearbeitet hat er in all den Jahren weitab von der Bühne – zumindest auf den ersten Blick. „Angefangen habe ich im Vertrieb.“ Er habe in seinen Jahren bei Stage mehrere Theater geleitet. „Mein Schwerpunkt war aber immer die Vermarktung. Und damit die Wirtschaftlichkeit. Das gehört natürlich zusammen.“
Aber wie viel Theater steckt noch in der Tätigkeit als Geschäftsführer? „Viel!“, sagt Marx. „Theater ist wie eine Familie und das zieht sich ganz klar durch alle Abteilungen.“ Als Geschäftsführer sitze er dauerhaft mit im Starlight Theater – lediglich wenige Meter von der Bühne entfernt. „Auch als Geschäftsführer muss man diesen Spirit mitfühlen. Sonst kriegt man diese sehr eigene Welt nicht nach draußen transportiert“, betont er. Als Chef hat er jetzt allerdings noch weitere Aufgaben.
Musical-Magnet im Ruhrgebiet
Die ganzen Gewerke zusammenhalten, von Gastronomie über die Kunst bis zum Lizenzgeber, an dessen Spitze Andrew Lloyd Webber steht: Das sind seine neuen Aufgaben als Geschäftsführer. „Starlight Express läuft sehr gut und das darf gerne so bleiben“, sagt der 53-Jährige mit einem Lachen, „die Show hat in den letzten 35 Jahren Generationen von Zuschauern aus ganz Deutschland begeistert und wird weiterhin so ein Musical-Magnet mitten im Ruhrgebiet bleiben.“
Geschäftsführer ist Jürgen Marx offiziell seit April 2023. Viel Zeit zum Einleben blieb ihm da nicht. „Einleben in einen Theaterbetrieb, diese Zeit hat man einfach nicht“, erzählt er. Von der ersten Sekunde an sei sein Job gewesen, das perfekte Theatererlebnis zu gewährleisten und ein guter Gastgeber zu sein. „Leute, die hier hinkommen, wollen sich einfach fallen und alles da draußen kurz hinter sich lassen“, so der Starlight-Chef. Einen Vorteil habe er bei der Übernahme aber gehabt: „Wir haben erst vor fünf Jahren eine neue Show aufgestellt.“ Davon profitiere er natürlich.

Theater ist wie Dope
Trotz all der Jahre im Business sagt Jürgen Marx von sich, dass er eher unkreativ sei. Er könne weder Tanzen noch Rollschuhfahren. „Selbst Schlittschuhfahren fand ich nicht gerade klasse.“ Dennoch liebe er das Theater. „Besonders fasziniert mich die Opulenz, die wirklich große Musicalproduktionen ausmachen“, sagt er. An Starlight Express würden ihm als „Kind der 80er“ vor allem die Laser gefallen. Aber natürlich auch die Leistung, die die Darsteller abliefern: „Dass die Jungs und Mädels hier gleichzeitig singen, tanzen, schauspielern und dann noch irre schnell auf Rollschuhen durch die Halle fahren. Da ziehe ich den Hut vor, was die jeden Abend zustande bringen.“
Jeden Abend sei Marx zwar nicht in den Vorstellungen. Aber wenn, dann seien es selbst nach so vielen Jahren im Theater immer noch dieselben positiven Gefühle, die in ihm hochkommen. Vor allem in Momenten, in denen er großen Druck verspürt: „Dann guckt man sich einmal die Show an und weiß direkt wieder, wofür man das alles tut. Ich setze mich dann in den Saal, sehe unser Ensemble, das alles auf der Bühne gibt, und denke mir nur ‚Jo, alles klar, das ist genau richtig, was du machst.‘“
