Die Mehrheit der Städte im Kreis Unna haben bereits eine Entscheidung über das 29-Euro-Ticket für Schülerinnen und Schüler getroffen. In Lünen steht dies noch aus. Nun steht das Thema Mitte September auf der Tagesordnung des Rates. Wir klären die wichtigsten Fragen dazu.
Wann könnte das Deutschlandticket für Schüler in Lünen kommen?
Im Haupt- und Finanzausschuss am 14. September soll zunächst darüber beraten werden. Eine Woche (21. September) später müsste für eine Umsetzung des Schülertickets dann der Stadtrat sein Okay geben. Eine Einführung zum 1. Oktober, wie es beispielsweise in Selm und Werne der Fall ist, wird es aber aller Voraussicht nach nicht geben. Die Verwaltung strebt den 1. November als Startdatum an – unter anderem, weil die Verkehrsunternehmen für die Umstellung auf das Deutschlandticket „mindestens sechs Wochen Vorlauf benötigen“, heißt es in der Ausschussvorlage für die beiden Sitzungen.
Welche Kosten kommen bei einer Einführung auf die Stadt Lünen zu?
Die derzeitigen Kosten für die Beförderung von 2952 Schülerinnen und Schülern (Schuljahr 22/23) belasten den Haushalt mit monatlich 94.765,61 Euro (jährlich: 1.137.187,37 Euro). Für die Einführung des Deutschlandtickets gibt es von den DSW21 einen und von der VKU zwei Umsetzungsvorschläge, die unterschiedlich teuer sind.
- Das sogenannte „Vertragsmodell“ der VKU sieht vor, dass alle Anspruchsberechtigten das Ticket für 49 Euro vom Schulträger erhalten. Ein Eigenanteil wird in bekannter Höhe (12, 6 oder 0 Euro) erhoben und kann auf die Gesamtkosten des Schulträgers angerechnet werden. Alle Nichtanspruchsberechtigten erhalten auf Antrag das Deutschland-Ticket für 29 Euro. Die fehlenden 20 Euro zahlt der Schulträger für diese Selbstzahler an die VKU. Die Kosten für das Vertragsmodell liegen bei jährlich circa 990 Euro.
- Beim „Landesmodell“ zahlt der Schulträger mindestens 49 Euro im Monat pro anspruchsberechtigter Person. Sollte er bisher weniger zahlen, zahlt er nun den Mindestbetrag. Zahlt er derzeit mehr, verbleibt er bei den derzeitigen Beträgen. Diese „Mehreinnahmen“ werden in einen Fonds eingezahlt. Zur weiteren Unterstützung des Fonds werden die Eigenanteile der Antragsberechtigten zusätzlich dem Fonds zugeführt. Aus diesem Fonds wird der Fehlbetrag von 20 Euro für die selbst zahlenden Schüler entnommen, die das Deutschland-Ticket für 29 Euro erhalten sollen. Sollten die Mittel des Fonds nicht ausreichen, übernimmt das Land NRW den Restbetrag. Die Kosten des Landesmodells liegen bei etwa 1.025 Euro.
- Die DSW21 bietet in Abhängigkeit vom Verkehrsverbund Rhein Ruhr nur zwei Möglichkeiten. Entweder es wird weiterhin das Schokoticket ausgestellt oder auf das Landesmodell für das Deutschlandticket umgestellt. Die Kosten liegen bei circa 190 Euro.
Für welches Modell plädiert die Verwaltung?
„Obgleich das Vertragsmodell bei der VKU für die Stadt Lünen günstiger erscheint, empfiehlt die Verwaltung auch bei diesem Verkehrsunternehmen das Landesmodell“, heißt es in der Ausschussvorlage. Nach Berechnung der VKU wäre das Landesmodell für Lünen ab dem 136. zusätzlichen nicht anspruchsberechtigten Schüler günstiger, da dann das Land NRW die Mehrkosten übernimmt.
Laut der Stadt bilden derzeit 6.439 Schülerinnen und Schüler die Potentialgruppe, welche zusätzlich ein Deutschland-Ticket als Selbstzahler erwerben können. Die Verwaltung erwartet, dass deutlich mehr als 136 weitere Personen das Ticket erwerben. Durch das Landesmodell der VKU werde so eine weitere Kostensteigerung verhindert.
Wie geht es nach der Entscheidung im Rat weiter?
Falls der Rat für das Schülerticket stimmt, werden die Verkehrsunternehmen mit der Umsetzung beauftragt. Danach müsse man die Schulen und die Schüler über einen Änderungsablauf der Ticketstruktur informieren, heißt es in der Ausschussvorlage. Alle, die bereits ein Schüler-Ticket Westfalen, ein Schoko-Ticket oder ein Schulwegmonatsticket haben, erhalten automatisch ein Deutschland-Ticket. Die Eigenanteile der Anspruchsberechtigten werden wie zuvor eingezogen. Die Selbstzahler bekommen Infos über die neue Kostenstruktur.
Da die Finanzierung von Bund und Ländern über das Jahr 2024 noch nicht abgesichert ist, kann das Deutschland-Ticket für Schüler in Lünen zunächst nur für das Schuljahr 2023/24 ausgegeben werden. Danach sei eine Rückkehr zum derzeitigen System möglich, so die Verwaltung.

Wie äußern sich die Parteien zu dem Schülerticket?
Die GFL-Fraktion hatte sich bereits Ende Juli mit einem Antrag an die Stadt Lünen gewandt, in dem eine „Sondersitzung des Rates zur Fassung eines Dringlichkeitsbeschlusses“ gefordert wurde. Vergangene Woche äußerte sich dann Johannes Hofnagel, Vorsitzender der Kreistagsfraktion der GFL und WfU, in einer Pressemitteilung wie folgt zu dem Thema: „Viele Schülerinnen und Schüler aus Lünen hätten das Deutschland-Ticket in den Herbstferien nutzen können, um günstig ein paar Tage wegzufahren. Das wäre gerade für finanzschwache Familien toll gewesen.“
Weiter heißt es: „Während sieben Kommunen im Kreisgebiet Mehrarbeit und Terminstress in Kauf nahmen, um ihren Schülerinnen und Schülern das verbilligte Schülerticket bereits zum 1. Oktober zu ermöglichen, unterstützte Lünens Verwaltungschef Jürgen Kleine-Frauns einen entsprechenden GFL-Antrag auf eilige Ratssitzung nicht.“ Für Hofnagel sei diese „bürgerunfreundliche Haltung (...) äußerst ärgerlich und zudem peinlich für die größte Stadt im Kreisgebiet Unna“. Weitere öffentliche Bekundungen seitens der Parteien gibt es nicht. Der Verwaltung liegen jedoch mündliche Sachstandserkundungen anderer Fraktionen vor, heißt es in der Ausschussvorlage.
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