Der interkommunale Wettbewerb um potenzielle Bauherren wird immer härter. Das bekommt Lünen sowohl im kreisweiten als auch im direkten Vergleich zu Selm und Werne hautnah zu spüren - mit zuletzt negativen Folgen für die gesamte örtliche Wirtschaft.
Das erklärte Heiko Rautert, seit Januar 2021 Vorstandsvorsitzender der Sparkasse an der Lippe, auf Einladung des Ausschusses für Arbeitsmarkt, Wirtschaftsförderung und Innovation in dessen jüngster Sitzung im Rathaus.
Der 52-Jährige, in der Öffentlichkeit auch als Mann der ruhigen Töne bekannt, blieb sich diesbezüglich auch in der Ausschusssitzung treu.
Vergleich der Kaufkraft
Höflich bedankte sich Rautert bei seinem Publikum für die Gelegenheit, „hier sprechen zu dürfen“, bevor er eine 15-minütige Einschätzung zum wirtschaftlichen Umfeld der Sparkasse an der Lippe mit Sitz in Lünen abgab. Wobei Heiko Rautert seine Ausführungen unter das von ihm ausgegebene Sparkassen-Motto „Das Glas im immer halbvoll“ stellte. Nicht umsonst, wie sich im Folgenden herausstellen sollte.
So zeigen die sparkasseninternen Daten, dass Lünen bei der Kaufkraft im Vergleich zu den beiden anderen Trägergemeinden der Sparkasse in Selm und Werne deutlich hinterherhinkt: „Und zwar um 7,1 Prozent.“ Als Kaufkraft wird das in privaten Haushalten für Konsumzwecke verfügbare Einkommen bezeichnet, also derjenige Betrag, der pro Haushalt vom Einkommen verbleibt, nachdem alle regelmäßig wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen bedient wurden.
Wie der Vorsitzende des Sparkassenvorstands weiter sagte, hätten von 69.000 Haushalten in Lünen 27.000 (36,9 Prozent) ein Haushalts-Netto-Einkommen von mehr als 50.000 Euro, in Selm sind es 40,1 Prozent und in Werne sogar 42,2 Prozent. Umgekehrt liegt Lünen bei den Haushalten mit einem Nettoeinkommen von unter 25.000 Euro mit 31,3 Prozent auf Platz eins vor Selm (28,5 Prozent) und Werne (26,3 Prozent).
Wohneigentum
Was die Entwicklung der Kaufkraft angehe, habe Selm in den vergangenen fünf Jahren deutliche Fortschritte erzielt: „Vor fünf Jahren stand Selm nicht besser da als Lünen heute.“ Ernüchternd aus Lüner Sicht fällt auch der Blick auf die Wohneigentumsquote aus. Rautert zufolge beträgt die Quote in Lünen nur 30,9 Prozent, in Werne sind es 47,5 Prozent. Spitzenreiter unter den Trägergemeinden der Sparkasse an der Lippe ist Selm mit einer Wohneigentumsquote von 51,7 Prozent.
Der Bauverwaltung, im Ausschuss vertreten durch Lünens Technischem Beigeordneten Arnold Reeker, gab er mit auf den Weg, die Attraktivität des Wohnumfelds zu steigern und mehr Wohngebiete auszuweisen. Dies gelte im Übrigen auch für die Ausweisung von weiteren nachhaltigen Gewerbegebieten.
Aus Gesprächen mit Kunden würden Rautert und seine Mitarbeiter immer wieder hören, wie eng die Bauvorschriften in Lünen teilweise angelegt seien: „Das muss sich unbedingt ändern. Die Menschen wollen und brauchen mehr Spielraum beim Hausbau. Sonst sind sie weg.“ Im Zweifelsfall in Selm und Werne.
Zur Sparkasse an der Lippe und Heiko Rautert:
- Die Sparkasse an der Lippe entstand aus dem Zusammenschluss der Sparkasse Lünen/Selm mit der Stadtsparkasse Werne zum 1. Januar 2016.
- Vorstandsmitglied der Sparkasse Lünen/Selm war Heiko Rauert von 2011 bis Ende 2015.
- Mit der Fusion 2016 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Sparkasse an der Lippe neben Vorstandschef Thomas Lohmann, der zuvor die Geschäfte der Stadtsparkasse Werne führte und sich Ende 2020 mit Auslaufen seines Vertrages in den Ruhestand verabschiedete.
- Seitdem ist Heiko Rautert Vorstandsvorsitzender.
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