Der Cappenberger See ist nicht nur bei den Lünerinnen und Lünern beliebt – auch verschiedene Tierarten fühlen sich hier wohl. So fällt beim Spaziergang am Wasser schnell eine Gruppe Kanadagänse ins Auge. Beim genaueren Betrachten der Tiere fällt aber auf: Bei einem der Jungvögel stimmt etwas nicht.
Das hat auch Sabine Schmidt gemerkt. „Ich gehe jeden Morgen und Abend mit dem Hund dort spazieren“, sagt die 60-Jährige. Sie beobachtet regelmäßig die am See niedergelassene Gänsefamilie und erlebte so auch mit, wie die Junggänse heranwuchsen. Nun sorgt sie sich jedoch um eines der von ihr insgesamt acht gesichteten Kleinen.
Das Tier ist wegen eines abgespreizten linken Flügels offensichtlich flugunfähig. „Das Elternpaar übt schon mit den anderen Kindern das Fliegen“, so Schmidt. „Irgendwann fliegen sie in den Süden“, weiß die besorgte Lünerin, die unweit des Cappenberger Sees wohnt. Ihre Befürchtung zum Schicksal der kleinen Gans am Boden: „Ich denke, das Tier wird es nicht überleben.“ Sie hofft deshalb auf Hilfe.
Warum der Jungvogel ein Problem mit dem Flügel hat, weiß Ornithologe Uwe Norra. „Das ist durch menschliche Dummheit passiert. Das kommt, wenn die Menschen zu viel Brot füttern.“ Normalerweise weiden die Gänse die vorhandenen Gräser, Sumpf- und Wasserpflanzen ab. Durch das nicht artgerechte Füttern am Wegesrand gerät das Wachstum der Jungtiere durcheinander. „Die Knochen verfestigen nicht richtig und dann wachsen die Federn verdreht“, erklärt Norra den sogenannten „Kippflügel“ der jungen Gans.
Chancen bei 50 Prozent
Dass das Problem menschengemacht ist, war Sabine Schmidt nicht bewusst. Sie hat die Tiere bei ihren täglichen Spaziergängen bisher nicht gefüttert. „Es stehen ja überall große Schilder, dass das nicht erlaubt ist.“ Auch ohne Fütterung durch den Menschen finden die Vögel am Cappenberger See genügend Nahrung.
Uwe Norra ist überzeugt, dass sich die Lünerinnen und Lüner derweil keine Sorgen um die gehandicapte Gans machen müssen – zumindest nicht mehr, als um die anderen. „Das Tier wird damit sicher gut leben“, ist der Vogelexperte überzeugt. Er stellt allerdings klar: „Die Jungtiersterblichkeit liegt im ersten Winter bei 50 Prozent. Die, die fliegen können, haben aber die gleichen Überlebenschancen wie die, die nicht fliegen können.“

Norra plädiert dafür, der Natur ihren Lauf zu lassen und das Tier nicht zu stören: „Der Schaden ist da und nicht mehr zu reparieren.“ In ihrer Heimat in Nordamerika seien die Gänse zwar darauf angewiesen, im Winter in wärmere Gefilde zu ziehen, bei uns können sie aber auch hier überwintern, so der 67-Jährige.
Schutz auf dem Wasser
So habe die flugunfähige Gans keine Nachteile zu befürchten, sollte ihre Familie sie auf dem Weg in den Süden in Lünen zurücklassen. Fressfeinde haben die Kanadagänse in Lünen nicht viele – und sollte sich ein Fuchs nähern, könne sich das Jungtier auch ohne einen Flug auf das Wasser retten, merkt Ornithologe Uwe Norra an.
So sei es aus seiner Sicht die beste Lösung, das Tier in Ruhe zu lassen. Außer: „Wenn jemand in der Lage ist, das Tier artgerecht zu versorgen und unterzubringen. Ansonsten ist das purer Stress für das Tier.“ Denn so verbunden sich viele Lünerinnen und Lüner auch mit den Kanadagänsen am Cappenberger See aktuell in den sozialen Netzwerken zeigen: Bei den Vögeln handelt es sich immer noch um Wildtiere in freier Natur.
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