Mit Fotostrecke und Video
So gehen Lüner Schüler mit Cyber-Mobbing um
Etwa jeder dritte Jugendliche in Deutschland hat bereits Erfahrungen mit Cyber-Mobbing gemacht. Erfahrungen, die sich nicht immer nur im Familien- oder Freundeskreis verarbeiten lassen. Wir blicken auf die Situation in Lünen und zeigen, wie die Geschwister-Scholl-Gesamtschule mit der Problematik umgeht.
Im Theaterstück "rausgemobbt.de" schikaniert Lissy den elfjährigen Nick und filmt die Aktion mit dem Smartphone. Das Video setzt sie später als Druckmittel ein.
Nik ist neu an der Schule. Der Elfjährige tut sich schwer damit, Freunde zu finden. Nur auf seinen Avatar „Salokin“, eine fiktive Figur, die Nik selbst im Internet erschaffen hat, kann er sich verlassen. Salokin verkörpert all das, was Nik in der Realität nicht ist: mutig, stark und unglaublich cool. Doch als Nik von einer Mitschülerin schikaniert und unter Druck gesetzt wird, kann ihm auch sein Avatar nicht mehr helfen. Weil er erpresst wird, stellt der Elfjährige ein peinliches Video einer Klassenkameradin ins Netz – und bringt damit eine regelrechte Cyber-Mobbing-Lawine ins Rollen.
Niks Geschichte ist eine Fiktion. Weit weg von der Realität ist sie allerdings nicht. Das ist auch den Schülern der Geschwister-Scholl-Gesamtschule bewusst, während sie das Theaterstück „rausgemobbt.de“ der Comic On Theaterproduktion in der Schulaula an der Holtgrevenstraße verfolgen. An einigen Stellen gibt es Gelächter, an anderen wird es ganz still im Raum – und die Gesichtsausdrücke wirken nachdenklich.
Viele Lüner Schüler haben mit Cyber-Mobbing bereits Erfahrungen gemacht – direkt oder indirekt. Das ist das Ergebnis einer im Rahmen der Jugendfilmtage im Lüner Kultur- und Aktionszentrum (Lükaz) durchgeführten Umfrage unter 270 Achtklässlern. Bei der Frage „Hast du in deinem persönlichen Umfeld schon einmal etwas von Cyber-Mobbing mitbekommen?“ gaben 35,2 Prozent der Schüler an, bereits von Cyber-Mobbing „betroffen“ gewesen zu sein. Einen Schluss auf die Opferzahlen könne man hieraus jedoch nicht ableiten, wie Ellen Pilzecker vom Präventiven Jugendschutz der Stadt Lünen betont. Der Wert stehe vielmehr für den Anteil der Schüler, die beispielsweise einen Mobbing-Fall beobachtet oder von Freundin davon erfahren haben.
An der Geschwister-Scholl-Gesamtschule werden Cyber-Mobbing-Fälle nicht nur durch den Schüler-Lehrer-Dialog im Klassenzimmer aufgearbeitet. Jakob Grabowski (16) und Melanie Montag (17) gehören zu den speziell ausgebildeten „Medienscouts“ an der Lüner Gesamtschule. Sie fungieren als Ansprechpartner für jüngere Mitschüler, stehen ihnen bei, wenn sie Opfer von Mobbing-Attacken werden, leiten konkrete Probleme an Lehrkräfte weiter und leisten Aufklärungsarbeit – zum Beispiel im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre und dem Veröffentlichen von Bildern und Videos im Netz.
Perspektive des Mobbers interessiert viele Schüler
„Die Medienscouts sind einfach näher am Geschehen als die Lehrkräfte. Sie sind auf dem aktuellen Stand, was Social-Media-Plattformen, Apps und Co. betrifft. Außerdem ist die Hemmschwelle für Schüler, die Probleme haben, viel niedriger, wenn sie mit anderen Schülern anstatt mit Lehrern darüber sprechen können“, sagt Christian Gröne, Leiter der Geschwister-Scholl-Gesamtschule.
Dass die jüngeren Schüler durchaus Gesprächsbedarf und Interesse an dem Thema haben, zeigt ebenfalls die Umfrage im Lükaz. Auf die Frage „Welche Themen zu Cyber-Mobbing sind dir wichtig?“ machten fast 80 Prozent der Schüler spezifische Angaben. Ganz oben auf der Interessenliste stehen rechtliche Aspekte sowie Hintergrundinformationen zur Perspektive des Mobbers.