
© Voß
Seit 39 Jahren bietet das „Adriatik“ Balkanküche in der Innenstadt von Lünen
Restaurant-Check
Schon vor 39 Jahren ging man in Lünen „zum Jugoslawen“ in den Keller. Die Verhältnisse haben sich geändert, der Keller auch: Heute serviert Tatjana Vukcevic Balkanküche im „Adriatik“.
Gibt es das immer noch? - Das war die erste Reaktion, als ich angekündigt habe, dass ich zum Restaurant-Check ins „Adriatik“ gehen werde. Das „Adriatik“ an der Dortmunder Straße hat eine lange Geschichte. In Kurzform: Zunächst bestand das Restaurant 26 Jahre lang, wechselte dann für acht Jahre den Betreiber. Seit fünf Jahren ist Tatjana Vukcevic (49) die Chefin.
Unverwechelbar: Ort und Name
Den Namen „Adriatik“ hat das Restaurant nie abgelegt. Auch der unverwechselbare Ort ist geblieben: Das Restaurant befindet sich im Keller des Retro-Art-Hotels an der Dortmunder Straße. Wer die Tür zum Gastraum öffnet, vergisst sofort, dass es sich um ein Untergeschoss handelt.
Tatjana Vukcevic hat bei der Übernahme renoviert, die Inneneinrichtung von Balkan-Folklore befreit. Durch die Kombination von hellem Stein und dunklem Holz hat sie Wohlfühl-Atmosphäre geschaffen. „Es kann draußen stürmen, regnen oder unterträglich heiß sein: Das lassen Sie beim Betreten des Restaurants alles hinter sich. Davon bekommen Sie hier nichts mit“, gewinnt sie der ungewöhnlichen Lage gute Seiten ab.
Deko-Ideen werden gern kopiert
Den Gastraum hat sie mit großformatigen Fotos aus dem Familien-Garten in Dubrovnik dekoriert, die Tischdeko werde regelmäßig von Gästen fotografiert: Ein Teelicht wird auf einem auf dem Kopf stehenden Weinglas entzündet, im Glas liegt eine frische Blüte.

Ungewöhnliche Tischdekoration mit frischen Blumen. © Voß
Mit Appetit in den Feierabend
Aber schließlich sind wir ja nicht zum Gucken, sondern zum Essen gekommen. Nach einem langen Arbeitstag kam der Termin genau richtig. Wir sind an einem Mittwoch zu Gast im „Adriatik“ und bekommen ohne Reservierung einen Platz für zwei.
Chefin Tatjana Vukcevic bedient uns freundlich und aufmerksam. Bestellung, Getränke, die Nachfrage nach weiteren Wünschen: Die Chefin hat ein Gespür für ihre Gäste, ist immer zum richtigen Zeitpunkt für uns da.
Mein Mann und ich bringen Appetit mit und sind damit bei der Balkanküche genau richtig.
Die Speisekarte
Die Karte bietet wie erwartet eine fleischbetonte Küche mit Steaks, Schnitzeln und „internationalen Spezialitäten“, bei denen sich mit dem Lustigen Bosniak, Cevapcici und Raznjici alles findet, was wir auf einer Balkan-Karte erwartet haben.
Steaks von argentinischen Rindern gibt es in einer breiten Palette, etwas Fisch, Fleisch-Gemüse-Töpfe und Salate runden das umfangreiche Angebot ab.
Etwas verloren wirkt der „Gemüsekartoffelauflauf“ in diesem Angebot: Es ist das einzige vegetarische Gericht auf der Karte. „Da wir alles frisch machen, können wir auch auf Wünsche von Vegetariern eingehen“, betont Vukcevic später.
Wir bleiben beim Fleisch und ahnen schon, dass die Herausforderung eines Restaurant-Checks mit Vorspeise, Hauptgericht und Nachtisch hier nicht zu meistern sein wird. Wir versuchen es trotzdem:
Die Vorspeise
Als Vorspeise wählt mein Mann eine Tomatensuppe (3,50 Euro), verspricht die Speisekarte doch „Wir kochen unsere Suppen selbst“. Das Süppchen ist eine ausgewachsene Suppe, die mit einem dicken Klecks Sahne und geröstetem Toastbrot sehr heiß serviert wird.

Die Tomatensuppe mit einem dicken Klecks Sahne. © Voß
Hitze, die meinem Schafskäse im Bierteig (7,40 Euro) sehr gut getan hätte. Die Vorspeise wird mit lecker geröstetem Brot und eingelegten Zwiebeln serviert. Der Teig ist lecker, der Schafskäse hätte für meinen Geschmack etwas mehr gebacken sein können.

Schafskäse im Bierteig wird mit geröstetem Brot und eingelegten Zwiebeln serviert. © Voß
Ein leckerer, aber schon mächtiger Beginn. Uns schwant, dass Vorspeisen hier nicht zu den meistverkauften Gerichten gehören - erfahrene Gäste wissen warum.
Das Hauptgericht
Das „Balkan Potpourri“ (14 Euro) bietet ein Stück Putenfleisch, ein Hacksteak, ein kleines Rumpsteak und eine Scheibe gegrillten Speck, garniert mit einem Obstspieß mit frischer Ananas, Kiwi und Orange. Als Beilage gibt es Djuvec-Reis und Pommes Frites. Durch den ungewöhnlichen Fruchtspieß erhält das Gericht eine tolle Optik. Die Portion ist reichlich, das Fleisch auf den Punkt gebraten und lecker gewürzt.

Das Balkan-Potpourri mit dreierlei Fleisch, gebratenem Speck, Zwiebeln, Reis und Pommes Frites. © Voß
Mein Mann hat sich für das Adriatik-Schnitzel entschieden hat. Dem Gast bietet sich beim Servieren ein ungewöhnlicher Anblick. Das dünne Schweineschnitzel, das mit Schafskäse gefüllt ist, wird der Länge nach aufgerollt und mit Sauce Hollandaise und Pommes Frites serviert: Der Anblick irgendwo zwischen Frikandel und Curry-Wurst, der Geschmack eindeutig lecker.

Ungewöhnlicher Anblick: Beim Schnitzel Adriatik wird das Schweinefleisch mit der Füllung aufgerollt. © Voß
Das Fleisch ist zart, die Füllung gut abgeschmeckt, zusammen mit der Sauce ein gelungener Hauptgang.

Ein leckerer Salat, im Hintergrund Ajvar und Zaziki nach Familienrezept. © Voß
Zu beiden Gerichten gehört ein leckerer Salat, der überaus dekorativ angerichtet ist. Das Dressing ist frisch und gut abgeschmeckt.
Dessert-Test fällt aus
Nach dem Hauptgericht ist klar: Palatschinken und Eis werden wir nicht mehr schaffen. Es gibt noch einen Espresso zum Nachtisch. Mehr geht nicht.
Restaurant mit Charakter
Tatjana Vukcevic kommt aus einer Gastronomen-Familie. Sie hat lange nach einem eigenen Restaurant „mit Charakter“ gesucht und ist im März 2014 in Lünen fündig geworden. 55 bis 60 Plätze hat das „Adriatik“, dazu im Sommer einige Plätze im Außenbereich und zwei Kegelbahnen. Sie betreibt das Restaurant gemeinsam mit Sohn und Tochter und weiteren Mitarbeitern. „Ich habe meine Mutter nach den Rezepten meiner Kindheit gefragt“ erzählt sie. So sind unter anderem das Familienrezept für die Paprika-Creme Ajvar nach Lünen gekommen, die eingelegten Zwiebeln und das Hausrezept für Zaziki.
Fazit
Die Atmosphäre im „Adriatik“ ist sehr angenehm. Die Chefin hat viele Ideen in die Gestaltung gesteckt. „Das Lokal hat eine Seele,“ sagt sie. Bei unserem Besuch werden an den Nebentischen Stammgäste auf ihre besonderen Vorlieben angesprochen: Man kennt sich und man schätzt sich. Beim Essen werde ich mich beim nächsten Mal auf ein Hauptgericht konzentrieren. Dann bietet das „Adriatik“ ein tolles Angebot zu einem sehr fairen Preis.
Die Preise
Bei den Internationalen Spezialiäten werden die Gäste mit Gerichten zwischen 10,50 und 17,90 Euro garantiert lecker satt. Die Steaks fangen bei 18,90 Euro für ein 200-Gramm-Rumpsteak an, ein großes Filetsteak (300 Gramm) kostet 27,50 Euro. Dazu gehören immer Kräuterbutter, Brot und Salat.
Zu unserem Essen kamen noch Getränke (2 Radler, eine Cola, ein alkoholfreies Hefeweizen und zwei Espresso) für 16,20 Euro.
Wir haben für zwei Personen insgesamt 53,20 Euro ausgegeben. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr fair und macht das „Adriatik“ zu einem reizvollen Anlaufpunkt für ein nettes Abendessen.
Das sagt das Netz
Bei Google gibt es 68 Bewertungen. Es wird die Note 4,4 von fünf Sternen vergeben. Gelobt werden das leckere Fleisch, die tollen Steaks und die „romantische Atmosphäre“.
Barrierefreiheit
Dazu ist nicht viel zu sagen: Es geht zehn Stufen in den Keller hinab, im Restaurant ist alles barrierefrei zu erreichen.
Kinderfreundlichkeit
Für Kinder gibt es Cevapcici, Schnitzel und Fischstäbchen. Hier gilt, was auch für vegetarische Gericht gilt: Das Personal ansprechen und nachfragen.
Info
Adriatik, Dortmunder Straße 10 , Tel. (02306) 9799677, www.adriatik-restaurant.de
Öffnungszeiten Montag bis Samstag von 17 bis 23 Uhr, Sonn- und Feiertags von 11.30 bis 14.30 Uhr und von 17 bis 23 Uhr. Am Dienstag ist Ruhetag.
1962 im Kreis Lippe geboren und 1994 an die Lippe gewechselt. Inzwischen habe ich Wurzeln geschlagen am Rande des Ruhrgebietes, wo Menschen mich auch heute freundlich fragen: „Ach, Sie sind nicht von hier?“ Das Schöne im Lokalen: Im Vertrauten das Besondere entdecken.
