Vor sieben Monaten schockierte ein Säure-Attentat vor einem Bochumer Café das gesamte Ruhrgebiet. Am dramatischsten verletzt wurde ein Verwechslungsopfer – ein Student. Ab dem 26. Februar startet am Bochumer Schwurgericht der Strafprozess. Den Termin bestätigte Gerichtssprecher Michael Rehaag jetzt auf Anfrage. Angeklagt ist ein vielfach vorbestrafter Mann aus Lünen.
Die Bochumer Staatsanwaltschaft wirft dem 37-Jährigen Beihilfe zu einem versuchten Mord sowie zu einer schweren und gefährlichen Körperverletzung vor, außerdem Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Der führerscheinlose Lüner soll den mutmaßlichen Säure-Attentäter am 30. Juni 2024 um kurz vor 13 Uhr mit einem VW Polo zu Hause in Bergkamen abgeholt und in Bochum abgesetzt haben. Dass der 43-Jährige an dem Bochumer Café einen Säureanschlag auf den Betreiber geplant hatte, soll der Lüner gewusst, befürwortet und im Vorfeld unterstützt haben.
Schon Monate vor dem Anschlag soll der massiv vorbestrafte Lüner (26 Einträge im Strafregister) im Internet unter anderem nach dem Begriff Schwefelsäure gesucht haben.
Auch soll er laut Staatsanwaltschaft gegoogelt haben, wie und wo man Schwefelsäure kaufen kann. Ob er die bei dem Attentat vom 30. Juni 2024 verwendete Säure letztlich tatsächlich besorgt hat, ist aber offenbar unklar geblieben.
Bei dem verheerenden Anschlag war wohl aus einer Getränkedose hoch konzentrierte Schwefelsäure in Richtung des Kopfes eines Studenten verspritzt worden, der damals mit seiner Frau im Außenbereich des Cafés an einem Tisch saß.
Dabei soll dem mutmaßlichen Täter ein fataler Fehler unterlaufen sein. Er soll den Studenten laut Anklage wegen äußerlicher Ähnlichkeiten versehentlich mit dem eigentlich als Opfer auserkorenen Betreiber des Cafés verwechselt haben.
Nicht nur der Student, sondern auch seine Frau und weitere mindestens neun Personen, darunter Polizisten und eine Café-Bedienstete, wurden durch Kontakt mit der Schwefelsäure verätzt und verletzt.
Der Student musste auf der Intensivstation für Schwerstbrandverletzte behandelt werden, mehrere Operationen über sich ergehen lassen und leidet bis heute massiv unter den Folgen des Säureanschlags.

Der mutmaßliche Attentäter aus Bergkamen war seinerzeit in Tatortnähe festgenommen worden, saß danach monatelang in U-Haft. Dass er der Attentäter gewesen ist, hatte der polizeibekannte und hafterfahrene Mann gegenüber der Polizei abgestritten.
Mitte Oktober 2024 hatte sich der dringend Tatverdächtige in seiner Gefängniszelle das Leben genommen. Das Ermittlungsverfahren war nach seinem Tod eingestellt worden.
Der Lüner soll nach der Festnahme des mutmaßlichen Attentäters den VW Polo in Bochum stehen gelassen und untergetaucht sein.
Am 30. Juli wurde der Lüner von Spezialkräften der Polizei in seiner Wohnung festgenommen, sitzt bis heute in U-Haft.
Die Staatsanwaltschaft bewertet den Säureanschlag als Auftragstat. Das Motiv soll Vergeltung für einen vorherigen Verrat gewesen sein.
Der Bochumer Café-Betreiber soll angeblich vor Jahren in Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein, im Zuge dessen den Namen eines Motorradrockers genannt haben und dieser schließlich verurteilt worden sein.
Der mutmaßliche Haupttäter soll den Säureanschlag als Auftrag angenommen haben, um sich dadurch seinen Traum von einer Aufnahme in einen bekannten Motorradrocker-Club zu erfüllen.
Angeblich wollte der verstorbene Bergkamener unbedingt zu den „1%ern“ (Biker, die ohne Rücksicht und Kompromisse leben wollen) des Clubs gehören. Schon zuvor soll er Auftragstaten für die Rocker angenommen haben.
Prozesstage bis zum 28. März
Für den Prozess sind bislang noch fünf weitere Verhandlungstage bis zum 28. März anberaumt.
Im Fall einer Verurteilung im Sinne der Anklage drohen dem Lüner mindestens drei und höchstens 15 Jahre Haft.