Quereinsteiger am Lippe-Berufskolleg Lünen „Man merkt schnell, was man nicht kann“

Quereinsteiger am Berufskolleg: „Man merkt schnell, was man nicht kann“
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Als Dirk Paluch der Anruf von Rita Vonnahme erreichte, weilte er gerade auf einer Fähre auf der Nordsee. „Wir waren gerade im Urlaub“, erzählt der 39-Jährige. Die Schulleiterin des Lippe-Berufskollegs fragte den damaligen Universitäts-Mitarbeiter, ob er nicht als Lehrer an ihre Schule kommen möchte. „Sicher habe ich ein wenig darüber nachgedacht, aber lange überlegt habe ich eigentlich nicht. Ich habe mich ja nicht ohne Grund im Lehrerportal registriert.“

Dirk Paluch arbeitet als Quereinsteiger am Lippe-Berufskolleg. Der 39-Jährige unterrichtet seit 1. November des vergangenen Jahres Mathematik und Informatik. Für Schulleiterin Rita Vonnahme ist der gebürtige Dortmunder ein Wunschkandidat. „Ich konnte nur ein Fach ausschreiben und das war Mathe. Glücklicherweise beherrscht Herr Paluch auch Informatik“, sagt sie mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.

Dirk Paluch arbeitete zuvor als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in Mühlheim. Nun ist er Lehrer am Lippe-Berufskolleg.
Dirk Paluch arbeitete zuvor als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in Mühlheim. Nun ist er Lehrer am Lippe-Berufskolleg. © Maximilian Konrad

Dass Paluch nun als Lehrer arbeitet, kommt eigentlich gar nicht so überraschend. Zeitgleich zum Fachabitur absolvierte er eine Ausbildung zum informationstechnischen Assistenten – dort bekam er die Grundlage für sein Informatik-Wissen. Anschließend studierte der Neu-Lehrer im Bachelor Mathematik und Wirtschaftswissenschaften auf Lehramt und parallel dazu Wirtschaftsmathematik. Und genau in diesem Fach entschied er sich dann auch für einen Master, „weil ich am fachlichen das größere Interesse hatte“, wie er erklärt.

Es folgten fünf Jahre an der Hochschule Ruhr West in Mülheim, in denen er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitete. Vorlesungen und Übungen standen in seinem Fokus. Danach kam der Anruf aus der Lippestadt.

Großer Redeanteil an der Uni

Zum Vergleich von Universität und Schule sagt er: „Die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern ist eine ganz andere im Vergleich zu der mit Studierenden. Dafür muss ich erst mal ein Gefühl bekommen. Man denkt, man könnte was. Aber in der Schule merkt man recht schnell, was man nicht kann.“

Ein bedeutender Unterschied sei auch, dass die Schüler sich den Lernstoff selbst erarbeiten und der Unterricht sei weniger frontal. „In der Universität hatte ich 85 bis 90 Prozent Redeanteil. Das ist jetzt ganz anders“, so Paluch. Schulleiterin Vonnahme ergänzt: „In der Schule spielt natürlich die Methodik und Didaktik eine viel größere Rolle.“

„Hohe Frustration“

In Zeiten von Lehrermangel werden Quereinsteiger häufig als „die Lösung“ gesehen. Immer mehr Lehrkräfte gehen in Rente, der Bedarf an Pädagogen ist groß. Einige entscheiden sich wegen der vermeintlich rosigen Aussichten wie Ferien, kurzen Arbeitszeiten und gutem Gehalt kurzfristig für den Lehrerberuf – doch genau das stellt sich als Irrtum heraus.

„In unserem Quereinsteiger-Seminar haben wir eine hohe Anzahl an Abbrechern oder Menschen, die durch die Prüfung fallen. Zudem entsteht bei vielen eine hohe Frustration, weil sie von den Schulen zu wenig unterstützt werden“, sagt Dirk Paluch.

Vonnahme stellt das aktuelle Verfahren der Ausbildung in Frage: „Die Seiteneinsteiger und auch die Referendare werden zu früh in den Unterricht geschickt. Früher gab es noch zwei Jahre Referendariat, mittlerweile sind es nur noch anderthalb Jahre. Die Fachkompetenz der Lehrkräfte will ich dabei nicht in Abrede stellen, es geht vielmehr um die Didaktik und Methodik. Nicht jeder kann unterrichten. Deshalb sollten die Anwärter künftig einen höheren Praxisteil in ihrer Ausbildung genießen.“

Schulleiterin Rita Vonnahme ist froh, dass die Fächerkombination Mathe und Informatik nun durch Dirk Paluch besetzt ist.
Schulleiterin Rita Vonnahme ist froh, dass die Fächerkombination Mathe und Informatik nun durch Dirk Paluch besetzt ist. © Maximilian Konrad

Dirk Paluch hat es am Lippe-Berufskolleg gut. Ihm wurden von Beginn an zwei Anleitungslehrer an die Seite gestellt, die regelmäßig in seinem Unterricht mit drin sitzen und ihm Feedback geben. „Das finde ich enorm wichtig. Gerade am Anfang sind Neulinge auf Rückmeldungen angewiesen.“

Die ersten Monate gefielen ihm sehr gut. „Ich fühle mich wohl. Der Lehrerberuf ist eine schöne Arbeit, die mich zufriedenstellt.“

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