Über 25 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr müssen die zehn Städte und Gemeinden im nächsten Jahr an den Kreis Unna zahlen. Die Summe, die der Kreis zur Finanzierung seiner Aufgaben von den Kommunen einsammelt, wächst damit um über 10 Prozent auf insgesamt 268 Millionen Euro. Das ist keine gute Nachricht für die klammen Kommunen, aber zumindest eine weniger schlechte.
Im August hatte Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke, zuständig für die Finanzen der Kreisverwaltung, nämlich noch eine Mehrbelastung von über 41 Millionen Euro verkündet.
Kostentreiber: Die Folgen des Krieges in der Ukraine
Woher aber kommen die enormen Kostensteigerungen nach Jahren relativer Stabilität? Hauptgrund sind die Folgen des Krieges in der Ukraine, genauer gesagt die jegliches bekanntes Maß sprengenden Energiepreise. Die Warmmieten für Leistungsbezieher des Jobcenters verteuern sich dadurch von 81,8 auf 124,21 Millionen Euro, wenngleich der Bund davon inzwischen immerhin gut 60 Prozent trägt.
Größter einzelner Haushaltsposten des Kreises sind aber nicht diese verpflichtend zu zahlenden Sozialleistungen, sondern die Umlage für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Der LWL, der sich unter anderem um die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen kümmert, zieht nächstes Jahr satte 131 Millionen Euro vom Kreis Unna ein – 16 Millionen mehr als in diesem Jahr.
Personalkosten könnten deutlicher steigen als geplant
Kämmerer Janke und die Kreisverwaltung haben auf diese Bereiche keinen Einfluss, müssen zahlen, wozu sie gesetzlich verpflichtet sind. Druck auf den Haushalt üben überdies die Personalkosten aus, für die 2023 bereits 6,1 Millionen Euro mehr eingeplant sind.
Janke hat vergleichsweise moderate Gehaltssteigerungen eingeplant, bei den Tarifbeschäftigten exakt 2 Prozent mehr ab dem 1. Januar 2023. Die Gewerkschaft Verdi fordert gerade freilich mit Verweis auf die Rekordinflation ein Plus von 10,5 Prozent – gut möglich also, dass es für den Kreis künftig aus finanzieller Sicht auch an dieser Stelle noch teurer wird.
Bilanztrick wie bei Corona dürfte den Haushalt schönen
Um die Städte und Gemeinden ebenso wie die Landkreise handlungsfähig zu halten, plant die Landesregierung freilich gerade ein Gesetz, das die Isolierung von kriegsbedingten Schäden – in diesem Fall finanziellen Schäden für die kommunalen Haushalte – vorsieht.
Obwohl das Gesetz noch nicht beschlossen ist, hat der Kreisdirektor es in seinem Haushalt bereits berücksichtigt – und so alleine 17 Millionen „Belastungen durch Energiepreissteigerungen sowie durch schutzsuchende Menschen aus der Ukraine bei der Kosten der Unterkunft“ isoliert. Insgesamt wurden 19 Millionen Euro isoliert. Unterm Strich führt die Bilanztrickserei damit sogar zu der absurden Situation, dass im Kreishaushalt 2023 mit einer leichten Verbesserung von rund einer halben Million Euro im Budget Arbeit und Soziales gerechnet wird.
Kreisdirektor: „Das ist der einzige Rettungsring“
Mike-Sebastian Janke machte am Dienstag (8. November) freilich keinen Hehl daraus, dass er von diesen Methoden, die bereits bei den Schäden durch die Corona-Pandemie Anwendung fanden, eigentlich nichts hält. „Das sind letztlich Schulden, die wir in Zeiten steigender Zinsen in den nächsten Jahren zurückzahlen müssen“, erklärte Janke in einem Pressegespräch. Wie das funktionieren solle, wisse er nicht. „Aber es ist der einzige Rettungsring, den uns das Land NRW zuwirft“, so Janke weiter. „Wir nehmen ihn, um nicht zu ertrinken.“ Er wolle nicht die Verantwortung dafür tragen, dass zehn Städte und Gemeinden keinen genehmigungsfähigen Haushalt mehr aufstellen könnten.
Dank eigener Sparbemühungen in Folge einer Haushaltssperre und die Entnahme von 9 Millionen Euro aus Rücklagen fällt die Mehrbelastung für die Kommunen im Kreis Unna in Summe also mit gut 25 Millionen Euro etwas gedämpfter aus als ursprünglich befürchtet.
Diese Mehrkosten aufzubringen, dürfte in den Städten und Gemeinden trotzdem für einiges Kopfzerbrechen sorgen. So wird etwa Lünen 6,4 Millionen Euro mehr an den Kreis zahlen müssen, Unna fast 4 Millionen Euro mehr und das kleine Holzwickede 2,5 Millionen mehr. „Als ich das den Kämmerern der Städte und Gemeinden vorgestellt habe, war ich froh, dass sie mich nicht aus dem Konferenzsaal gejagt haben“, sagte Janke am Dienstagnachmittag in seiner Haushaltsrede im Kreistag. Stattdessen habe man die Bemühungen des Kreises anerkannt. Gleichwohl sei er der Erste, der in den Chor derjenigen einstimme, die sagen: „Das ist zu viel, das ist nicht mehr aufzubringen.“
Beschlossen ist der Haushalt des Kreises Unna mit der Einbringung noch nicht. Dies obliegt der Politik im Kreistag und ist geplant für die letzte Sitzung in diesem Jahr am 13. Dezember.
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