Schlaganfall auf dem Heimweg Sprechen geht nicht mehr: Unbekannter rettet Andreas Gerlach (65)

Schlaganfall auf dem Heimweg: Unbekannter rettet Andreas Gerlach (65)
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Der Schock kommt am späten Nachmittag im Juni dieses Jahres, gegen 17.30 Uhr. Es ist sonnig, sodass Andreas Gerlach den Rückweg von seinem Arbeitsort - dem St.-Marien-Hospital in Lünen - nach Hause mit dem Rad zurücklegen will. Auf einmal geht nichts mehr. Radfahren nicht. Und sprechen auch nicht. Gerlach, zu dem Zeitpunkt noch Chefarzt der Geriatrie, weiß schnell, was ihn da getroffen hat: Ein Schlaganfall, ein Pfropfen blockiert ein Blutgefäß in seinem Hirn.

Und er weiß auch, jetzt muss es schnell gehen. Mit jeder Minute steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Areale in seinem Gehirn unwiederbringlich absterben. Dass ein Autofahrer auf sein Winken tatsächlich anhält, seine Gesten - sprechen geht ja nicht mehr - richtig interpretiert und ihn zurück ins St.-Marien-Hospital bringt, dafür ist Gerlach immer noch dankbar. „Unser Alltags-Held“ nennt Gerlach den immer noch Unbekannten in einer E-Mail an diese Redaktion. Wer es ist, weiß er nicht. Ein Mann, an mehr erinnert er sich nicht, nicht an dessen Alter, auch nicht an Farbe oder Fabrikat des Autos. Der Mann habe ihm noch angeboten, ihn den Fußweg ins Krankenhaus zu begleiten, erinnert sich Gerlach. Er nahm das Angebot nicht an, Laufen ging ja noch.

„Er hat sich gekümmert“

Der Unbekannte jedenfalls hat ihn vor Schlimmerem bewahrt. „Time is brain!“, also „Zeit ist Gehirn“, lerne man auf jedem Vortrag zum Thema Schlaganfall. Dass der Mann ihn so schnell ins Krankenhaus gebracht hat, er dort schnell und gut behandelt wurde, hat ihn vor Schlimmerem bewahrt, er ist wieder vollständig gesund. „Ein Kollege hat gesagt, ich hätte wohl eine ganze Horde von Schutzengeln verbraucht“, berichtet Gerlach im Gespräch. Dass der Mann ihn hat einsteigen lassen, findet er nicht selbstverständlich, „aber er hat es gemacht. Er hat angehalten und sich um seinen Mitmenschen gekümmert“.

Gerlach ist mittlerweile im Ruhestand und erinnert sich nicht, in dem Moment selbst Angst gehabt zu haben. Zu fokussiert war er darauf, schnell zur Behandlung ins Krankenhaus zu kommen. „Im Nachhinein ist das richtig furchteinflößend, die Vorstellung, ohne Sprache leben zu müssen.“

Je nachdem, welcher Teil des Gehirns betroffen ist, äußert sich ein Schlaganfall in unterschiedlichen Formen: Das Sprechen fällt schwer oder aus, in anderen Fällen wird eine Körperseite gelähmt, ein Mundwinkel hängt herab. Viele wüssten das auch in der Theorie, glaubt Gerlach, auch, dass man damit schnell ins Krankenhaus müsse. Es sei aber eben wichtig, dass man das in der Praxis auch wirklich mache. Im St.-Marien-Hospital gibt es eine Spezialeinheit zur Behandlung von Schlaganfall-Patienten, die sogenannte Stroke Unit mit sechs Betten zur Diagnostik und Behandlung. Gerlach ist wichtig: „Bei Verdacht nicht mehr auf den Morgen warten, bis der Arzt wieder geöffnet ist, sondern direkt ins Krankenhaus!“

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