Einhundert Seiten umfasst der Bericht des Verfassungsschutzes NRW zum „Lagebild Rechtsextremismus“, den Innenminister Herbert Reul (CDU) jüngst in Düsseldorf vorstellte. Demnach ist die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Kriminalität im vergangenen Jahr weiter stark gestiegen – um rund 60 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Lünen macht da keine Ausnahme.
Wichtige Erkenntnis für den Verfassungsschutz: Die rechtsextremistische Szene wird immer jünger – und damit auch digitaler. Organisationen nutzen vermehrt und professionell die sozialen Medien, um andere junge Menschen mit knackigen, jugendkonformen Formaten zu erreichen.
Statt wie früher mit „Glatze und Springerstiefeln“ kämen Rechtsextreme heute mit „Kurzvideos, Gaming und Active Clubs“ daher. „Auch rechtsextremistische Radikalisierung findet heute immer öfter online statt“, sagte Innenminister Herbert Reul weiter.

Im vergangenen Jahr wurden 5641 politisch rechts motivierte Straftaten (PMK rechts) in NRW erfasst. Damit ist die Zahl im Vergleich zu 2023 mit 3549 Straftaten um 59 Prozent gestiegen.
- In Köln war der Anstieg von 154 auf 369 Straftaten besonders hoch. Das geht aus Zahlen hervor, die die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen beim NRW-Innenministerium abgefragt hat.
- Weitere Städte mit einer hohen Zahl an Straftaten waren demnach Dortmund (295), Düsseldorf (252), Essen (238) oder auch Bochum (162).
- Gemessen an der Gesamtzahl der bekannt gewordenen rechten Straftaten in den einzelnen Städten und Gemeinden im Land liegt Lünen im Mittelfeld der 396 erfassten NRW-Kommunen.
- 2024 registrierten die Behörden hier 16 Fälle, nach sieben im Jahr 2023. Damit hat sich die Zahl der Fälle in Lünen innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt.
- Von den 16 Fällen handelte es sich in elf Fällen um Delikte im Sinne des Paragrafen 86a Strafgesetzbuch – das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.
- Hierunter kann unter anderem das Zeigen des Hitlergrußes fallen oder das Beschmieren von Gegenständen mit einem Hakenkreuz. Das kann im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe belegt werden.
- In vier Fällen ging es um Straftaten im Zusammenhang mit Volksverhetzung.
- Hierbei handelt es sich um Äußerungen, die zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstacheln oder zu Gewaltmaßnahmen auffordern – auch wenn Inhalte dieser Art lediglich verbreitet werden.
- Wer den Holocaust leugnet oder verharmlost, kann ebenfalls wegen Volksverhetzung angeklagt werden. Dann drohen mehrjährige Freiheitsstrafen.
- In einem Fall ging es um Bedrohung/Nötigung.
Unterdessen sucht die für Lünen zuständige Polizei Dortmund nach Zeugen, die etwas zu dem beschmierten Holocaust-Mahnmal in Lünen sagen können. Am Mittwoch (26. März) wurde unsere Redaktion darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Mahnmal an der Lippe mit einem Graffito beschmiert worden ist. Es trug den Wortlaut „No Israel“. Daneben wurde ein durchgestrichener Davidstern gemalt.
Die Polizei hat die Schmierereien nach eigenen Angaben noch am selben Tag gegen 15.10 Uhr in Augenschein genommen. Für die Reinigung des Mahnmals an der Lange Straße wurden laut Polizei die Wirtschaftsbetriebe Lünen verständigt.
Die Polizei fertigte derweil eine Strafanzeige an. Außerdem wurde der Dortmunder Staatsschutz eingeschaltet, der dann auch die Ermittlungen übernommen hat. Wer etwas gesehen hat oder andere Angaben zu dem Vorfall machen kann, wird gebeten, sich telefonisch bei der Kriminalwache der Polizei Dortmund unter (0231) 132 74 41 zu melden.