Zugausfälle und Zugverspätungen stehen immer wieder auf der Tagesordnung im Nah- sowie Fernverkehr. Sehr zum Leidwesen der Pendlerinnen und Pendler. Zuletzt war auch die Strecke zwischen Lünen und Dortmund mit den zwei Linien RB50 und RB51 stark gebeutelt. Teilweise musste über Stunden ein Schienenersatzverkehr wegen einer kaputten Weiche eingerichtet werden. Wird es immer schlimmer mit der Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit bei der Deutschen Bahn? Der Qualitätsmonitor für den Nahverkehr Westfalen Lippe gibt unter anderem für die Region rund um Lünen, Werne und Selm Aufschluss darüber.

In der Statistik, die vom Schienenpersonennahverkehr (SPNV) seit 2021 herausgegeben wird, gibt es mehrere Kennzahlen, an denen die Qualität der einzelnen Bahnlinien gemessen wird. Zunächst einmal die Pünktlichkeit (Verspätung ab 3:59 Minuten, mehrere Messpunkte im Linienverlauf), die Zuverlässigkeit (nicht vorhersehbare Ausfälle etwa durch extreme Witterungsverhältnisse, Schäden an der Strecke oder am Fahrzeug, fehlendes Betriebspersonal, polizeiliche Ermittlungen, Notarzteinsätze) und die Zugbildung (fehlende Waggons/Zugteile wegen technischen Defekten, Einsatz von Ersatzzügen mit verringertem Platzangebot).
Das Fahrgast-Kontingent sowie die Komplexität der Strecke spielen ebenfalls mit rein, um schlussendlich einen Gesamtwert zu ermitteln und alle Linien in eine Rangfolge zu bringen. Der Gesamtwert wird ausschließlich landesweit ermittelt und berücksichtigt die Pünktlichkeit zu 40 Prozent, die Zuverlässigkeit zu 40 Prozent und Zugbildung zu 20 Prozent. Die RB50 und die RB51 stehen hierbei teilweise nicht gut dar.
Hintere Ränge für RB50
Die Bahnlinie zwischen Dortmund und Münster (RB50) landete in den vergangenen drei Jahren immer in der schlechteren Hälfte. 2021 erreichte sie Platz 59, ein Jahr später Rang 53 und im ersten Quartal von 2023 lediglich Platz 64. Am schlechtesten schneidet die RB50 beim Faktor Pünktlichkeit ab. Wie viele Züge genau ohne Verspätung (ab 3:59 Minuten) an den einzelnen Stationen angekommen sind, ist nicht in der Statistik vermerkt, lediglich ein Prozentsatz.
Dieser bewegte sich zwischen Januar 2021 und März 2023 bei 76,3 bis 85,9 Prozent. Farblich wird das mit rot und gelb markiert, erst ab einer Pünktlichkeit von 90 Prozent leuchtet es in der Tabelle des NWL grün. Ein wenig besser sieht es bei der Zuverlässigkeit aus. Hier erreicht die Bahnlinie Werte zwischen 95,2 und 96,3 Prozent. Für die Zugbildung gibt es zwischen 95 und 98,1 Prozent. Schlussendlich bekommt die RB50 eine Gesamtwertung von 92 (2021), 89,2 (2022) und 88,5 Prozent (2023).
Auf der Strecke zwischen Dortmund und Enschede sieht es bei der Platzierung deutlich besser aus. Bislang erreichte die RB51 den 24., 33. und 22. Rang. Vor allem die Zugbildung sticht mit besonders hohen Wert zwischen 98,8 und 99,3 heraus. Das beschert der Bahnlinie farblich gesehen sowohl 2021 als auch im ersten Quartal von 2023 die Farbe grün (>99,2 Prozent).
Auch bei der Zuverlässigkeit punktet die Linie mit bis zu 96,6 Prozent. Bei der Pünktlichkeit gibt es die schlechteste Bewertung. 2022 kommt die RB51 nur auf 84 Prozent, in 2021 auf 90,9 und in diesem Jahr bislang auf 86,2 Prozent. Schlussendlich erreicht die Zuglinie eine Gesamtwertung von 94,5 (2021), 91,7 (2022) und 93 Prozent (2023).
Einher geht in die Gesamtwertung auch die Komplexität der Strecke. Dieser Wert verbessert laut dem Qualitätsmonitor die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Insgesamt werden zur Ermittlung neun Kriterien aus vier Themenfeldern für jede Linie herangezogen (Betriebsprogramm, Infrastrukturvoraussetzungen, Verkehrsabhängigkeiten, Nachfrage). Wer hier einen hohen Wert erreicht, bekommt einen Bonus. Die RB50 und die RB51 werden mit zwei von drei Punkten eingestuft.
Beste Zuglinien in NRW
Pro Jahr wurden beim Qualitätsmonitor bis zu 101 Zuglinien in ganz Nordrhein-Westfalen miteinander verglichen. Dazu zählen die Regionen go-Rheinland, NWL und VRR. Im Folgenden sind die Spitzenreiter in den jeweiligen Kategorien sowie in der Gesamtwertung aufgeführt.
2021
- Gesamtwertung: RB96 (Betzdorf - Dillenburg)
- Pünktlichkeit: RB96 (Betzdorf - Dillenburg)
- Zuverlässigkeit: RE29 (Aachen - Géronstère)
2022
- Gesamtwertung: RB85 (Ottbergen - Göttingen)
- Pünktlichkeit: S4 (Dortmund - Unna)
- Zuverlässigkeit: RB21 (Linnich - Heimbach)
2023
- Gesamtwertung RB52 (Dortmund - Lüdenscheid)
- Pünktlichkeit: RB54 (Unna - Neuenrade)
- Zuverlässigkeit: RB28 (Düren - Euskirchen)
Viele Probleme im Zugverkehr
Warum aber schneidet die RB50 in den Statistiken deutlich schlechter als die RB51? Eines der Hauptprobleme dieser Linie sei die Eingleisigkeit zwischen Lünen und Münster, erklärt NWL-Pressesprecher Uli Beele. „Der seit langem deshalb geforderte zweigleisige Ausbau (bzw. dessen Finanzierung aus Bundes- und Landesmitteln) soll die Stabilität des Betriebs entscheidend verbessern.“
Darüber hinaus gab es in den vergangenen Monaten viele Bauarbeiten auf der Strecke zwischen Dortmund und Münster, unter anderem den noch laufenden Ausbau am Lüner Hauptbahnhof. Wobei lange im Vorfeld bekannte Ausfälle durch geplante Bauarbeiten für den Zuverlässigkeitswert nicht berücksichtigt werden, „da Ersatzkonzepte, wie ein Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen, die Weiterreise der Fahrgäste sicherstellen“, heißt es im Qualitätsmonitor.

Uli Beele betont, dass alle Verkehrsunternehmen momentan von einer „erhöhten Anzahl von Zugausfällen“ betroffen sind. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in Nordrhein-Westfalen hätten beispielsweise erhebliche Personalprobleme (Leitstellen, Werkstatt, Stellwerke, Triebfahrzeugführer etc.). Hinzu kommt die „teilweise nicht ausreichende Fahrzeugverfügbarkeit“ und die „zu modernisierende Infrastruktur“.
Aufgrund von Lieferengpässen bei der Materialbeschaffung würden auch Reparaturen „nicht zeitnah durchgeführt werden“ können. Hohe Krankenstände des Personals und Urlaubszeiten sind ebenfalls Faktoren, sodass „Leistungen nicht wie gewünscht und geplant erbracht werden“, so der NWL-Sprecher.
Abseits dieser Situation seien Baumaßnahmen und Langsamfahrstellen sowie damit einhergehend die Überlastung der Infrastruktur die Ursache für Zugausfälle und Verspätungen, die laut Uli Beele „nur durch einen Ausbau bzw. die Instandsetzung behoben werden kann“. Jahrelanger Sanierungs- und Finanzierungsstau müsste dafür „dringend aufgearbeitet“ werden.
DB strebt klare Ziele an
Vergleicht man die Pünktlichkeit der RB50 und RB51 mit allen Zügen der Deutschen Bahn, kommen die beiden Linien ziemlich gut weg. Laut dem Konzern kamen im Fernverkehr 2022 nur 65,2 Prozent der Züge ohne Verspätung an. Als pünktlich gilt hier übrigens jede Bahn, die weniger als sechs Minuten Verspätung hat. 2021 lag der Wert für ICE, IC und EC bei 75,2 Prozent. Die Regionalbahnen sind in Deutschland deutlich pünktlicher am Ziel: 2022 kamen 91,8 Prozent der Züge ohne Verspätung an, ein Jahr zuvor waren es 94,3 Prozent. 2027 strebt die DB durch die Dachstrategie „Starke Schiene“ an, dass im Fernverkehr gut 79 Prozent und im Regionalverkehr 95 Prozent aller Züge pünktlich sind. Letztere Quote haben die RB51 und RB50 in den vergangenen drei Jahren bereits erreicht.
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