Seit dem 1. April 2024 dürfen Menschen in Deutschland ganz legal im öffentlichen Raum einen Joint rauchen – wenn sie denn über 18 Jahre sind und die Cannabis-Grenze von 25 Gramm nicht überschreiten. Die neue Gesetzeslage wirkt sich auch auf die Straftaten in diesem Zusammenhang aus, wie die neue polizeiliche Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr zeigt. In Lünen hatte es 2024 insgesamt 51 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gegeben, in 16 Fällen waren es Delikte mit Cannabis, die auch die Zubereitung mit einschließen.
Das ist deutlich weniger als noch in den Jahren zuvor. So wurden 2023 in der Lippestadt 92 solcher Fälle registriert – also 82,6 Prozent mehr als 2024. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Jahren zuvor: Hier verzeichnete die Polizei 84 Verstöße in 2022, 78 Delikte in 2021 und sogar 94 Eintragungen in 2020. Vergleicht man nun die Zahlen aus 2020 und 2024, ergibt sich ein Rückgang der Fälle um 83 Prozent.

Insgesamt verzeichnete die Polizei in Lünen im vergangenen Jahr 86 Rauschgiftdelikte – also 47,8 Prozent weniger als in 2023 und 50,86 Prozent weniger als in 2020. Damit ist die Lippestadt im Kreis Unna aber kein Einzelfall. Selm etwa kommt auf 18 Fälle in 2024, im Vergleich zu 40 Delikten in 2023 (-55 Prozent). Und für Werne verzeichneten die Beamten vergangenes Jahr „nur“ 32 Straftaten und damit 64 Prozent weniger als noch in 2023. Dortmund als größte Stadt in der Umgebung hat ebenfalls einen starken Rückgang vorzuweisen – von 4073 auf 2399 Verstöße (-41,10 Prozent).
Die Aufklärungsquote bei Rauschgiftkriminalität ist in Lünen gleichbleibend hoch. So konnte die Polizei in 89,53 Prozent der Fälle auch die Täterinnen oder Täter in 2024 ermitteln. In 2023 und 2022 wurden 90,91 Prozent der Taten aufgeklärt. Dabei hat womöglich auch die Ermittlungskommission „Fli“ geholfen, die seit September 2022 im Einsatz ist.
Die Beamten wollen so in Dortmund und Umgebung den internationalen Handel mit Kokain und Marihuana bekämpfen. Dieser soll, so heißt es in der aktuellen Kriminalstatistik, „hauptsächlich von albanisch-stämmigen Tätergruppierungen“ betrieben werden. Die Ermittlungen führten bisher zu Lieferketten von Kokain aus Rotterdam und Marihuana aus Spanien, die alle zwei Wochen mit 40-Tonner-LKW zu Lagerhallen im Umkreis von Dortmund transportiert wurden, so die Polizei.
Zur Einfuhr des Kokains wurden unter anderem Kurierfahrzeuge mit fest eingebauten Verstecken genutzt. Im Zuge der Ermittlungen kam es im Februar 2023 und März 2024 zu Großeinsätzen mit einer Vielzahl an Festnahmen und vorläufigen Festnahmen, die teilweise durch Spezialeinheiten durchgeführt wurden. Insgesamt resultierten aus den Ermittlungen bislang zehn Verurteilungen mit einem Gesamtstrafmaß von 43 Jahren und 11 Monaten Freiheitsstrafe. Insgesamt beschlagnahmte die Polizei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vier Kilogramm Kokain, 435 Kilogramm Marihuana sowie 2,5 Kilogramm Haschisch, 480.000 Euro Bargeld und eine scharfe Schusswaffe.
Geringer Anteil an allen Straftaten
Was Kokain betrifft, gibt es – nur auf Lünen bezogen – nur wenige Fälle. 2024 verzeichnete die Polizei fünf Verstöße. Alle Täterinnen oder Täter wurden hierbei ermittelt. In den vergangenen Jahren hatte es jeweils vier Straftaten in 2023 und 2022, einen Verstoß in 2021 sowie sechs Delikte in 2021 gegeben. Mehr als fünfmal so viele Verstöße gab es bei Amphetaminen wie Speed oder Ecstasy. 23 Taten wurden registriert im vergangenen Jahr, rund 32,3 Prozent weniger als noch in 2020. Beim unerlaubten Handel mit und dem Schmuggel von Rauschgiften kommt die Lippestadt 2024 auf 19 Straftaten – rund 17,4 Prozent weniger als noch im Vorjahr (23 Fälle). Insgesamt machen die Rauschgiftdelikte nur einen kleinen Anteil an der Gesamtzahl der Straftaten in Lünen aus – nämlich 1,5 Prozent (86 von 5667 Taten).
Aussagekraft der Kriminalitätsstatistik
Ob es 2024 wirklich „nur“ 86 Rauschgiftdelikte in Lünen gegeben hat, ist fraglich. Denn „die Aussagekraft der polizeilichen Kriminalstatistik wird besonders dadurch eingeschränkt, dass der Polizei ein Teil der begangenen Straftaten nicht bekannt wird“, heißt es in der aktuellen Fassung. Der Umfang dieses Dunkelfeldes hänge von der Art des Delikts ab und ändere sich unter dem Einfluss variabler Faktoren – zum Beispiel der Anzeigebereitschaft der Bevölkerung sowie der Intensität der Verbrechensbekämpfung. „Es kann daher nicht von einer feststehenden Relation zwischen begangenen und statistisch erfassten Straftaten ausgegangen werden“, so die Polizei. Die Kriminalstatistik biete „kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit, sondern eine mehr oder weniger starke Annäherung an die Realität“.